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6. Clusterkopfschmerz

**** Bahra A, Goadsby PJ. Diagnostic delays and mismanagement in cluster headache. Acta Neurol Scand 2004;109:175-179

Zusammenfassung: In dieser epidemiologischen Studie haben die englischen Kollegen Patienten mit Cluster-Kopfschmerz neben den diagnostischen Kriterien vor allem bezüglich des Verlaufes ihrer Erkrankung in einem persönlichen Interview befragt. Von 230 Patienten kamen 76% aus Selbsthilfegruppen und 24% aus der Ambulanz des National Hospital in London. 72% der Patienten waren männlich, 28 % der Betroffenen Frauen was einer Verteilung von 2.5:1 entspricht. 79% der Patienten litten an der episodischen Form, 21% an einem chronischen Clusterkopfschmerz. Die Zeit vom ersten Auftreten der Symptome bis zur korrekten Diagnosestellung fiel von 22 Jahren (1960) bis auf 2,6 Jahre in den Jahren 1990-2000. Interessanter Weise ist die Anzahl der Allgemeinmediziner, die wegen der Symptome aufgesucht wurden, trotz dieses 10-fachen Unterschiedes nicht verändert und betrug damals wie heute im
Durchschnitt drei. Die Autoren schliessen daraus, dass eine bessere Aufklärung und Fortbildung für Ärzte dringend erforderlich ist.

Kommentar: Um 1900 ging man davon aus, dass der Clusterkopfschmerz ausschliesslich Männer betrifft. 1979 wurde das Verhältnis von Männern zu Frauen noch mit 7.5:1 angegeben. Moderne und große epidemiologischen Studien gehen davon aus, dass rund 30% der Betroffenen weiblich sind. In dieses Bild passt wunderbar, dass die korrekten Diagnosestellung um 1960 noch im Mittel über 20 Jahre betrug und heute um das 10-fache gefallen ist. Tatsächlich ist die vorliegende Studie eine Erweiterung der kürzlich von dieser Gruppe veröffentlichten großen epidemiologischen Studie zu diesem Thema. Das Hauptaugenmerk liegt diesmal auf dem Teilaspekt der Diagnostik und des Leidensweges, den die Patienten durchstehen, bevor die korrekte Diagnose (und damit Einleitung einer wirksamen Therapie) überhaupt gestellt wird. Es muss dazu gesagt werden, dass erst 1988 eine valide und allgemeingültige Klassifikation publiziert wurde. Wenn man aber bedenkt, dass auch heute noch im Schnitt 2,5 Jahre vergehen, bevor die richtige Diagnose gestellt wird, kann man den Autoren nur beipflichten, dass der Schlüssel zum Erfolg in mehr Ausbildung und Aufklärung zu finden ist. Als Fachgruppen wurden neben den Neurologen am ehesten HNO-und Zahnärzte konsultiert. 52% der Patienten, die diesen Weg gingen, wurden fälschlicherweise operiert. Immerhin 50% der endgültigen Diagnosen wurde von Neurologen gestellt, 13% der Patienten diagnostizierten das Syndrom aufgrund der Literatur selbst. Ich sage voraus, dass auf Grund der exzellenten Arbeit der Selbsthilfegruppen und vor allem auch auf Grund der Möglichkeiten des Internets, diese Gruppe der Patienten eher noch steigen wird. (MAY)

*** Zebenholzer K, Wober C, Vigl M, Wessely P. Eletriptan for the shortterm prophylaxis of cluster headache. Headache 2004;44:361364

Zusammenfassung: In einer offenen Studie welche die prophylaktische Wirksamkeit des Serotonin-Agonisten Eletriptan bei Clusterkopfschmerzen untersuchte, wurden 16 Patienten mit episodischem und 2 mit sekundär chronischem Clusterkopfschmerz eingeschlossen. Bei 8 Patienten bestand bereits eine über 10 Wochen in Dosierung und Medikament stabile medikamentöse Prophylaxe. Retrospektiv wurde für einen sechstägigen Zeitraum die Attackenfrequenz dokumentiert. Es schloss sich eine ebenfalls sechstägige Behandlungsphase mit 2 x 40 mg Eletriptan an, für diesen Zeitraum wurde die Attackenfrequenz in einem Tagebuch prospektiv festgehalten. Es folgte eine Nachbeobachtungsphase von nochmals 6 Tagen, in der die Responder weiterhin die Häufigkeit ihrer Attacken dokumentieren mussten. Responder waren Patienten, bei denen die Attackenfrequenz in der Behandlungsphase um 50% zurückging. Als primäres Zielkriterium wurde die Reduktion der Attackenhäufigkeit während der Behandlungsphase gewählt, ein sekundäres Zielkriterium war die Zunahme der Attacken bei den Respondern nach Absetzen der Medikation. Als Akutmedikation zur Attackenkupierung war die subkutane Anwendung von 6 mg Sumatriptan oder eines alternativen Triptans einmal täglich erlaubt. Insgesamt wurden 39 Attacken so zusätzlich mit einem Triptan behandelt. Zur Auswertung kamen nur 16 der initial 18 Patienten. Die durchschnittliche Attackenfrequenz konnte bei diesen von 10,9 Attacken während der Baselinephase auf 6,3 Attacken während der Behandlungsphase gesenkt werden. Dieser Effekt war statistisch signifikant (p=0,01). Responder mit einer Attackenreduktion um 50% waren jedoch nur 6 der 16 verbliebenen Patienten. Einer dieser Patienten blieb auch nach Absetzen von Eletriptan attackenfrei, bei den anderen erhöhte sich die Attackenfrequenz wieder, der Anstieg war insgesamt jedoch nicht statistisch signifikant. Relevante unerwünschte Ereignisse seien nicht aufgetreten, auch nicht bei zusätzlicher Anwendung eines Triptans zur Akuttherapie.

Kommentar: In dieser offenen Studie sollte gezeigt werden, dass sich die Attackenanzahl durch 2 x 40 mg Eletriptan pro Tag signifikant reduzieren lässt. Wirkliche Responder, d. h. 50% Attackenreduktion, waren aber nur 6 der 16 ausgewerteten Patienten. Als nachteilig muss angesehen werden, dass zur Akuttherapie ebenfalls ein Triptan zugelassen war und dieses in 39 Fällen zusätzlich zum Einsatz kam. Ob hierdurch möglicherweise der erwartete Effekt verstärkt wurde und sich dadurch erst eine Signifikanz ergab, kann aufgrund der vorliegenden Daten nicht gesagt werden. Kritisch beurteilt werden muss auch, dass keine Placebokontrolle erfolgt. Die stattdessen durchgeführte Verlaufskontrolle bei den Respondern ergab jedoch keine signifikante Attackenzunahme, was sicherlich auch auf die kleine Fallzahl zurückzuführen sein kann. Trotz der methodischen Mängel der Studie ergibt sich ein erneuter Hinweis dafür, dass der Einsatz von 5 HT1B/D-Agonisten in der prophylaktischen Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen wirksam sein könnte. Für das Naratriptan ergaben frühere Untersuchungen ähnliche Hinweise, während eine placebokontrollierte Studie mit 3 x 100 mg Sumatriptan nicht positiv war. Die Durchführung von Studien auf Suche nach neuen, prophylaktisch wirksamen Medikamenten ist insbesondere für Deutschland wichtig, seitdem bislang gut bewährte prophylaktische Medikamente, wie z. B. Methysergid und die meisten anderen Ergotaminpräparate aufgrund fehlender Nachzulassungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Ob der Einsatz von Triptanen künftig eine wirkliche alternative in der Prophylaxe von Cluster-Kopfschmerzen darstellt, muss sicherlich in größeren, placebokontrollierten Studien untersucht werden. (LP)


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