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6. Clusterkopfschmerz

**** Jarrar RG, Black DF, Dodick DW, Davis DH. Outcome of trigeminal nerve section in the treatment of chronic cluster headache. Neurology 2003;60:1360-1362

Zusammenfassung: Bei therapierefraktären Fällen eines Clusterkopfschmerzes werden bevorzugt in den Vereinigten Staaten invasive Maßnahmen wie eine Thermo-oder Kryokoagulation des Ganglion Gasseri vorgenommen oder eine Durchtrennung des N. trigeminus. Die amerikanischen Autoren berichten hier über 17 Patienten mit therapierefraktärem chronischem Clusterkopfschmerz, bei denen über einen suboccipitalen Eingriff der N. trigeminus komplett durchtrennt wurde. Die Patienten waren Männer im Alter zwischen 27 und 67 Jahren. Die Krankheitsdauer betrug im Schnitt 8,8 Jahre. Jeder der Patienten hatte mindestens 8 verschiedene prophylaktische Maßnahmen, auch in Kombination erfolglos durchgeführt. Bei der Hälfte der Patienten war zuvor erfolglos eine Thermokoagulation des Ganglion Gasseri erfolgt. Die Nachbeobachtungszeit betrug im Mittel 6,7 Jahre. 15 der 17 Patienten hatten eine völlige oder fast völlige Besserung ihrer Symptome. Bei einem Patienten kam es postoperativ zu einer Meningitis, bei einem anderen zu einer Liquorfistel. Bei 2 Patienten trat der Clusterkopfschmerz anschließend auf der Gegenseite auf. Bei einem Patienten wurde eine zweite Operation vorgenommen, an deren Folgen er verstarb.

Kommentar: Offenbar ist bei verzweifelten Fällen des therapierefraktären Clusterkopfschmerzes die Durchtrennung des N. trigeminus tatsächlich eine Methode, die bei der überwiegenden Zahl der Patienten zu einer Besserung des Clusterkopfschmerzes führt. Dies wird allerdings durch eine nicht unerhebliche Komplikationsrate der Operation und bei den meisten Patienten durch eine Irritation der Cornea durch Wegfall der Schutzfunktion des 1. Trigeminusastes erkauft. Entsprechende Zahlen und Informationen zu diesem Eingriff aus dem europäischen Sprachraum liegen nicht vor. (HCD)

*****Franzini A, Ferroli, P., Leone M, Broggi G. Stimulation of the posterior hypothalamus for treatment of chronic intractable cluster headaches: first reported series. Neurosugery 2003; 52: 1095-101.

Zusammenfassung: Die Autoren berichten im Langzeitverlauf von 5 chronischen Clusterpatienten (m:3/w:2), die erfolgreich mittels (z.T. bilateraler) Tiefenhirnstimulation therapiert wurden. Der beobachtete Zeitraum umfasste 2-22 Monate. Alle Patienten waren präoperativ, auch unter Höchstdosen medikamentöser Therapie therapieresistent. Im Rahmen der Tiefenhirnstimulation des Hypothalamus (die stereotaktischen Koordinaten waren funktionellen und morphometrischen Studien bei Clusterpatienten entnommen worden) sind alle Patienten, größtenteils ohne begleitende Medikation, schmerzfrei. Nebenwirkungen traten nicht auf. Bei einigen Patienten wurde der Stimulator versuchsweise abgestellt, diese Patienten erlebten daraufhin wieder Clusterattacken. Bei einem Patienten kam es, für Ärzte und den Patienten unbewusst, zu einer Diskonnektion des Stimulators und damit zur Unterbrechung der Stimulation. Auch bei diesem Patienten traten wieder (primär unerklärlich) spontane Clusterattacken auf. Bei allen Patienten sistierten die Clusterattacken nach Wiederanschalten (respektive Konnektieren) des Stimulators. Die Autoren schließen daraus, dass die hypothalamische Tiefenhirnstimulation bei Patienten mit streng einseitigen therapieresistenten Clusterattacken eine mögliche Therapieoption darstellt.

Kommentar: Diese Veröffentlichung ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Zum einen berichtet sie erstmalig im Langzeitverlauf von einer erfolgreichen Tiefenhirnstimulation bei Cluster Patienten. Bislang war nur eine Einzelfallbeschreibung mit sehr kurzem Zeitverlauf publiziert worden. Es sieht so Es sieht so aus, als ob auch eine langjährige Stimulation gut vertragen wird und die Wirkung nicht habituiert. Insofern ist ein Placeboeffekt auszuschließen, vor allem vor dem Hintergrund einer unfreiwilligen „doppelblinden“ Unterbrechung der Therapie. Da trotz aller Therapiebemühungen mit z.T. Hochdosen nebenwirkungsträchtiger Substanzen, schätzungsweise 20% aller Clusterpatienten nicht ausreichend therapierbar sind, ist diese neue Möglichkeit eine wichtige Entdeckung. Dies umso mehr, als hier eventuell erstmalig der „Motor“ der Attacken selbst beeinflußt wird. Einschränkend ist zu sagen, dass fünf Patienten nicht viel erscheinen, vor allem mit Hinsicht auf die (mögliche) Nebenwirkungsrate. Der Erstautor hat allerdings in der Tiefenhirnstimulation der Parkinsonerkrankung einen Namen und eine exzellente Operationserfahrung.

Der zweite Punkt warum diese Arbeit bemerkenswert ist, liegt darin, das hier erstmalig der Befund einer funktionellen Bildgebungsstudie mittels PET direkt in ein therapeutisches Konzept übersetzt wurde. Noch versteht man nicht, wie die Tiefenhirnstimulation ihren Effekt entfaltet. Der Erfolg ist vielversprechend und lässt sich hoffentlich replizieren. Es ist selbstverständlich, dass bei der Invasivität des Eingriffes, die Indikation zur Schrittmacherimplantation ansonsten therpierefraktären Patienten vorbehalten bleiben muss. (MAY)

*** Mulder LJMM, Spierings ELH. Naratriptan in the preventative treatment of cluster headache. Cephalalgia 2002; 22: 815-817

Zusammenfassung: Die Autoren veröffentlichen hier eine Fallserie vom 9 Cluster Patienten (5 chronisch, 4 episodisch), die durch die Therapie von 2.5 mg oder 5 mg Naratriptan täglich, einen prophylaktischen Effekt auf die Clusterattacken erlebten. Naratriptan wurde in allen Fällen additiv zur Hochdosistherapie Verapamil eingesetzt. Der Nachbeobachtungszeitraum beinhaltete bis zu 2 Jahren. Interessanter Weise zeigte sich weder eine Tachyphylaxie noch ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz. Die Autoren schlossen daraus, dass Naratriptan eine sichere und wirksame Alternative zu den, in Amerika häufig in der Prophylaxe eingesetzten, Ergotaminen sei.

Kommentar: Cluster Kopfschmerzen sind oft schwer zu behandeln, dies gilt im Besonderen für die so wichtige prophylaktische Therapie. Mittel der Wahl ist Verapamil, das früher so häufig verwandte Lithium ist u.a. auf Grund der Nebenwirkungsrate nur noch Mittel der zweiten, wenn nicht der dritten Wahl. In letzter Zeit mehren sich Berichte, wonach Lamotrigin, Gabapentin und Topiramat eine gewisse prophylaktische Wirkung haben sollen. Wenn aber auch diese Ansätze versagen, dann stehen Arzt und Patient vor einem echten Problem. Dies umso mehr, als Methysergid vom dt. Markt genommen wurde. Insofern ist die Fallserie von Mulder und Spierings interessant, da sie berichten, dass immerhin 7 von 9 Patienten von der Kombination aus Verapamil und Naratriptan profitierten. Alle Patienten waren schwer therapierbar und erhielten eine zum Teil sehr hohe Dosis Verapamil (bis zu 960 mg/die). Da es sich um eine offene Studie handelt, wird der Wert der Beobachtung durch die Tatsache, dass 4 der Patienten an episodischem Cluster litten, gemindert. Man würde sich eine gutgemachte, placebokontrollierte Studie wünschen, allerdings nur mit halbem Herzen. Zum einen ist nicht klar, was eine langfristige ständige Einnahme von Triptanen bewirkt, zum anderen ist die Therapie eventuell trotzdem auftretender akuter Attacken zusätzlich limitiert. Die Autoren haben natürlich Recht in der Aussage, dass, vor die Wahl gestellt ob Naratriptan oder ein Ergotamin als Prophylaxe verträglicher ist, auf das Ergotamin verzichtet werden kann. In Deutschland jedoch werden Ergotamine nur kurz dauernd und nur in ausgesuchten Patienten als Prophylaktikum eingesetzt. (MAY)


DMKG