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Migräne, Akuttherapie

***Diener H-C, on behalf of the RPR100893 Study Group: RPR100893, a substance-P antagonist, is not effective in the treatment of migraine attacks. Cephalalgia 2003; 23, 183-185

Zusammenfassung: In dieser kurzen Veröffentlichung werden die begrenzt und erst einige Jahre nach Beendigung der Studie von der initiierenden Pharma-Firmen zur Verfügung gestellten Daten über eine doppelblinde, randomisierte placebo-kontrollierte Dosisfindungsstudie zur Wirksamkeit eines selektiven Substanz-P-Antagonisten (RPR100893) in der Therapie akuter Migräneattacken vorgestellt. Neben Placebo wurden Dosierungen von 1, 5 und 20 mg des Substanz-P-Antagonisten verabreicht. Insgesamt wurden 139 Patienten eingeschlossen. Es wurden die gebräuchlichen Kriterien für die Wirksamkeit, basierend auf die Selbsteinschätzung durch die Probanden, zur Evaluation benützt. Das Ergebnis war, dass sich kein signifikanter Unterschied zwischen der Placebo-Gruppe sowie den verschiedenen Verum-Gruppen fand. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Asthenie und Müdigkeit mit einer Häufigkeit zwischen 3-10%, schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.

Kommentar: Das Ergebnis dieser Studie reiht sich in eine Reihe anderer erfolgloser Studien mit ähnlichen Substanz-P-Antagonisten ein. Die Gründe dafür können mannigfaltig sein. Ein Grund kann, wie schon von den Autoren vermutet, ein nicht ausreichender Serum-Wirkspiegel nach oraler Medikation sein. Darüber hinaus erscheint die Bedeutung von Substanz-P für die Migräneattacke und damit auch der Substanz-P-Antagonisten für die Behandlung einer akuten Migräneattacke Spezies-unterschiedlich zu sein. So finden sich im Kaninchen und auch im Meerschweinchen für Substanz-P-Antagonisten ein signifikanter Einfluss auf die experimentell ausgelöste neurogene Entzündung als auch die damit einhergehende Vasodilatation. Darüber hinaus konnten für das Meerschweinchen auch Hinweise für eine verminderte Aktivierung trigeminaler Neurone unter Substanz-P-Antagonisten gefunden werden (Regul Pept. 1997 Jan 15;68(1):23-9 und Neuroscience. 1995 Feb;64(3):741-750). Diese Ergebnisse konnten aber in einem Katzenmodell mit Stimulation des Sagittalis superior nicht bestätigt werden (Neuroscience. 1998 Sep;86(1);337-343). Worin diese Unterschiede zwischen den Modellen nun begründet sind, ist bis heute nicht klar. Als Quintessenz ergibt sich, dass Substanz-P-Antagonisten alleine in der Therapie der Migräneattacken keine Rolle spielen. (AS)

****Mathew NT, Schoenen J, Winner P, Muirhead N, Sikes CR. Comparative efficacy of eletriptan 40 mg versus sumatriptan 100 mg. Headache 2003;43:214-222

Zusammenfassung: Vor 10 Jahren war die Einführung von Sumatriptan als dem ersten Vertreter der Triptane in die Behandlung akuter Migräneattacken eine kleine therapeutische Revolution . In der Folgezeit wurde eine Vielzahl anderer Triptane entwickelt und zugelassen. Eletriptan hat eine verbesserte Pharmakodynamik und -kinetik im Vergleich zu Sumatriptan. In einer Reihe von direkten Vergleichsstudien waren 80 mg Eletriptan wirksamer als 50 und 100 mg Sumatriptan. Die zugelassene Dosis von Eletriptan in Deutschland ist allerdings 40 mg, so dass ein Vergleich dieser Dosis mit Sumatriptan die Verschreibungsrealität widerspiegelt. In die Studie wurden 2.113 Patienten aufgenommen, die in eine von 3 Behandlungsgruppen randomisiert wurden. Von 2.072 Patienten lagen verwertbare Ergebnisse vor. Die Randomisierung erfolgte im Verhältnis 2:2:1 zwischen 40 mg Eletriptan, 100 mg Sumatriptan und Plazebo.

Der primäre Endpunkt der Studie war der Prozentsatz der Patienten, der nach 2 Std. eine Besserung der Kopfschmerzintensität von schwer oder mittelschwer auf leicht oder keine Kopfschmerzen beschrieb. Bezogen auf den primären Endpunkt, nämlich Besserung der Kopfschmerzen nach 2 Std., waren 40 mg Eletriptan signifikant wirksamer als 100 mg Sumatriptan. Die Erfolgsquote betrug 67% für Eletriptan, 59% für Sumatriptan und 26% für Plazebo. Auch bereits nach einer Stunde war Eletriptan wirksamer als Sumatriptan und Plazebo. Hier betrugen die Erfolgsquoten 34% für Eletriptan, 27% für Sumatriptan und 11% für Plazebo. Schmerzfrei nach 2 Std. waren 36% der Patienten mit Eletriptan, 27% mit Sumatriptan und 5% mit Plazebo. Eletriptan war auch für fast alle anderen sekundären Zielparameter besser wirksam als Sumatriptan. So beispielsweise für dieBesserung von Übelkeit, Lichtscheu und Lärmempfindlichkeit, die Einnahme von zusätzlicher Medikation und die Häufigkeit wiederkehrender Kopfschmerzen. Im Bereich von Nebenwirkungen wurden überwiegend über Symptome der Migräneattacke selbst geklagt, wie Übelkeit, Erbrechen und Lichtscheu. Nimmt man Nebenwirkungen, die typisch sind für Triptane, so betrugen diese für ein allgemeines Schwächegefühl 1,6% mit Eletriptan und 2,4% für Sumatriptan, ein Engegefühl im Bereich der Brust 2,0% für Sumatriptan und 1,6% für Eletriptan und Parästhesien 2,4% für Sumatriptan und 1,1% für Eletriptan.

Kommentar: Diese große Studie belegt für fast alle Zielkriterien eine Überlegenheit von 40 mg Eletriptan gegenüber 100 mg Sumatriptan. Alle Unterschiede sind statistisch signifikant, numerisch allerdings für manche der Zielkriterien nicht dramatisch unterschiedlich. Diese Studie zeigt aber auch, dass sehr hohe Patientenzahlen notwendig sind, um die Überlegenheit eines Triptans gegenüber einem anderen zu belegen. Ein mögliches Problem war, das Sumatriptan in dieser Studie aus Gründen der Verblindung verkapselt war. Die Fa. Pfizer hat in der Zwischenzeit aber Studien vorgelegt, die zeigen, dass die Verkapselung von Sumatriptan keine Auswirkungen auf die Resorbtion hat. Ob dies allerdings auch während einer Migräneattacke gilt, ist bisher nicht ausreichend unter-sucht. (HCD)

**** Sheftell F, Ryan R, Pitman V; for the Eletriptan Steering Committee. Efficacy, safety, and tolerability of oral eletriptan for treatment of acute migraine: a multicenter, double-blind, placebocontrolled Study conducted in the United States. Headache 2003; 43:202-213

Zusammenfassung: Eletriptan ist ein neues Triptan mit einer hohen Affinität für 5-HT1B/1D Rezeptoren. In den Vereinigten Staaten wurde eine große randomisierte plazebokontrollierte Studie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Eletriptan durchgeführt. In die Studie wurden 1.334 Patienten aufgenommen, die entweder 20, 40 oder 80 mg Eletriptan einnahmen bzw. Plazebo und bis zu 3 konsekutiven Migräneattacken behandeln konnten. Der primäre Endpunkt war die Besserung der Kopfschmerzen von mittelschwer oder schwer auf leicht oder keine Kopfschmerzen nach 2 Std. Sekundäre Zielkriterien waren die Besserung assoziierter Symptome der Migräne, der Prozentsatz der Patienten, der schmerzfrei war und die Konsistenz der Wirksamkeit.

Eletriptan war signifikant besser wirksam als Plazebo, wobei die Besserung der Kopfschmerzen nach 2 Std. dosisabhängig bei 47%, 62% und 59% der Attacken im Vergleich zu 22% für 20, 40, 80 mg Eletriptan im Vergleich zu Plazebo beobachtet wurde. Erstmalig konnte eine Wirksamkeit nach 1/2 Std. und 1 Std. nachgewiesen werden. Die Schmerzfreiraten nach 2 Std. betrugen 14%, 27% und 27% für 20, 40 und 80 mg Eletriptan und 4% für Plazebo. Anhaltend schmerzfrei, d.h. schmerzfrei nach 2 Std. ohne Rückkehr der Kopfschmerzen und ohne zusätzliche Medikation, waren 10%, 20% und 18% für 20, 40 und 80 mg Eletriptan sowie 3% für Plazebo. Die Konsistenz der Wirkung bei 3 von 3 Attacken lag zwischen 32 und 60% für Eletriptan und zwischen und 8 und 16% für Plazebo. Eletriptan war auch bei der Besserung der Begleitsymptome wie Übelkeit, Lichtscheu und Lärmempfindlichkeit signifikant besser wirksam als Plazebo. Die Nebenwirkungen waren ebenfalls dosisabhängig und umfassten Benommenheit, Schwäche und unsystematischer Schwindel. Zusammengefaßt zeigte Eletriptan eine dosisabhängige Wirksamkeit, die für alle Dosierungen Plazebo deutlich überlegen war.

Kommentar: In dieser von der Patientenzahl sehr großen Studie zeigte Eletriptan eine dosisabhängige Wirkung bei der Behandlung akuter Migräneattacken, wobei 80 mg die höchste Wirksamkeit und gleichzeitig die niedrigste Wiederauftretensrate von Kopfschmerzen hatten. Auch die in Deutschland zugelassene Dosis von 40 mg war signifikant besser wirksam als Plazebo. Während bei den anderen Triptanen meist die bessere Wirksamkeit mit einer etwas höheren Wiederauftretenshäufigkeit der Migräne bezahlt wird, ist dies für Eletriptan nicht der Fall. Hier liegt die Wiederauftretensrate mit 21% sehr niedrig. Bemerkenswert ist auch die hohe Konsistenz der Wirkung. Dieses sehr gute Wirksamkeitsprofil wird allerdings mit etwas mehr Nebenwirkungen bezahlt, wobei dies aber nicht die Bereitschaft von Patienten beeinflußt, das Medikament wieder einzunehmen. (HCD)

*** Neuhauser H, Radtke A, von Brevern M, Lempert T. Zolmitriptan for treatment of migrainous vertigo: a pilot randomized placebocontrolled trial. Neurology 2003; 60: 882-883

Zusammenfassung: Die Diagnose einer „migrainous vertigo“ wird in der gegenwärtigen IHS-Klassifikation nicht definiert. Dennoch findet sich diese Diagnose in vielen klinischen und pathophysiologischen Beschreibungen, sodass von einer Entität ausgegangen werden kann. Insbesondere ist aber noch unklar, welche Beziehung zur Migräne besteht. Die Autoren haben entsprechend der Literatur den migränösen Schwindel als einen vestibulären Schwindel definiert, der wenigstens zwei Stunden anhält und mit Migränesymptomen einhergeht (die aber nicht vollständig die Kriterien für einen Migräne erfüllen müssen). Sie haben insgesamt 73 dieser Patienten definiert und 19 davon in eine placebokontrollierte, doppelblinde, cross-over Studie eingeschlossen. Von diesen haben 10 Patienten in dieser Studie entweder Zolmitriptan 2,5 mg oral oder Placebo eingenommen. Insgesamt 19 Attacken konnten ausgewertet werden. Dabei zeigte sich ein Einfluss auf den Schwindel nach 2 Stunden bei 38% der mit Zolmitriptan behandelten Attacken und bei 22% der mit Placebo behandelten Attacken. Dieser Unterschied war aufgrund der geringen Fallzahl nicht signifikant. Die Autoren ziehen keine Schlüsse in Bezug auf die Therapie des migränösen Schwindels, können aber Empfehlungen für zukünftige Studien zur Behandlung dieser Krankheit geben. So müssen noch mehr Patienten gescreent werden, um eine ausreichende Fallzahl in der endgültigen Analyse zu gewährleisten. Dies ist häufig nur in Schwindelambulanzen und nicht in Kopfschmerzambulanzen möglich. Außerdem war bei vielen Patienten der Schwindel zu kurz, um ein Ansprechen nach zwei Stunden beurteilen zu können; daher sollten Applikationsformen für Triptane gewählt werden, die schneller wirken als eine Tablette.

Kommentar: Diese Studie lässt leider keine Aussagen über die Wirksamkeit von Zolmitriptan beim migränösen Schwindel zu, zeigt aber, dass auch diese Erkrankung in einer klinischen Studie prinzipiell untersucht werden kann. Die Frage, ob Triptane beim migränösen Schwindel wirken oder nicht, ist nicht nur aus therapeutischer, sondern auch aus pathophysiologischer Sicht interessant. Ein gutes Ansprechen des Schwindels auf Triptane würde die Hypothese stützen, dass es sich beim migränösen Schwindel um eine Sonderform der Migräne handelt. Insofern sollte eine multizentrische Studie mit einem schnell wirksamen Triptan durchgeführt werden, um diese Frage zu klären. (SE)

***** Silberstein SD, McCrory DC. Ergotamine and dihydroergotamine: history, pharmacology and efficacy. Headache 2003;43:144-

Zusammenfassung: In einer umfangreichen Literaturanalyse haben die Autoren alle bisher publizierten Studien zum Einsatz von Ergotamin in oraler Form und als Zäpfchen sowie von Dihydroergotamin als Nasenspray zur intramuskulären Injektion und zur intravenösen Gabe aufgearbeitet. Dabei zeigt sich, dass fast alle in der Vergangenheit durchgeführten Studien zu diesen Substanzen modernen Gesichtspunkten von Studiendesign und statistischer Power nicht genügen. Nur einige in neuerer Zeit durchgeführte Vergleichsstudien mit Triptanen lassen den Schluss zu, dass Ergotamintratrat in Kombination von Koffein wahrscheinlich besser wirksam ist als Plazebo, aber deutlich weniger wirksam ist als das Vergleichstriptan (Sumatriptan, Eletriptan). Relativ gute Studien gibt es zu dem in Deutschland nicht verfügbaren DHE-Nasenspray, das sicher wirksamer ist als Plazebo. Sowohl die intramuskuläre Gabe wie die intravenöse Gabe von Dihydroergotamin sind bei akuten Migräneattacken wirksam, wenn auch weniger wirksam als die subkutane Gabe von Sumatriptan. Bemerkenswert ist allerdings, dass nach parenteraler Gabe von Dihydroergotamin die Wiederauftretensrate von Kopfschmerzen signifikant geringer ist als nach Sumatriptan.

Kommentar: Leider hat die hier publizierte hervorragende Übersicht für deutsche Verhältnisse nur noch historischen Wert. Aufgrund der Nachzulassung von Medikamenten sind mit einer Ausnahme (Ergo Kranit mono) alle oralen Medikamente, die Mutterkornalkaloide enthalten, vom Deutschen Markt verschwunden ebenso wie die parenterale Applikationsform von Dihydroergotamin. Damit ist dem ärztlichen Notdienst eine wichtige und preiswerte Therapieoption genommen. Dies ist aber nicht Schuld der Zulassungsbehörde, sondern Versäumnis der Firmen, die Mutterkornalkaloide herstellen, da sie nicht in der Lage waren, in einem vertretbaren Zeitraum vernünftige plazebo-kontrollierte Studien durch-zuführen. (HCD)

**** Rahimtoola H, Buurma H, Tijssen CC, Leufkens HG, Egberts AC. Single use of sumatriptan: a patient interview study. Headache. 2003;43:109-16.

Zusammenfassung: Populationsbasierte Studien zeigen, dass ein beträchtlicher Teil aller Migränepatienten (ca. 40%) Sumatriptan nur ein einziges Mal verschrieben bekommt. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, durch Patientenbefragungen die Gründe für den Sumatriptanbehandlungsabbruch zu ermitteln. In 11 vernetzten kommunalen niederländischen Apotheken, die zusammen ca. 120.000 registrierte Einwohner betreuen, konnten anhand von kompletten Datensätzen zur Einlösung von Rezepten 495 Patienten identifiziert werden, die zwischen dem 1.5.1998 und dem 30.4.2000 erstmals Sumatriptan rezeptiert bekommen hatten. Während 307 (62%) dieser Patienten auch in der Folgezeit Sumatriptanrezepte einreichten, blieb es bei 188 (38%) der Patienten bei dem einen Sumatriptanrezept. Von diesen 188 Patienten wurden 141 zufällig ausgewählt und gebeten, mittels Telefoninterview einen standardisierten Fragebogen auszufüllen. 125 Patienten waren hierzu bereit. Von diesen wiederum erklärten 23, zukünftig weiter Sumatriptan benutzen zu wollen, so dass insgesamt Informationen von 102 Patienten vorliegen, die Sumatriptan nicht wieder einsetzen wollen. Diesen wurde eine Kontrollgruppe von 102 regelmäßigen Sumatriptanbenutzern gegenübergestellt.

Im Gruppenvergleich zeigte sich, dass die Sumatriptaneinmalbenutzer sowohl vor als auch nach der Sumatriptaneinnahme seltener verschreibungspflichtige Migränetherapeutika (Ergotamine, Triptane, Prophylaktika) eingesetzt hatten, interessanterweise aber relativ gesehen mehr Benzodiazepine. Bei den Sumatriptaneinmalbenutzern kam Sumatriptan bei 73% als Tablette (davon 66% in der 50 mg Dosis), bei 5% als 6 mg s.c.-Injektion und bei 23% als 20 mg Nasalspray zu Einsatz. Als Grund für den Behandlungsabbruch mit Sumatriptan wurden in 35% Unwirksamkeit, in 16% Nebenwirkungen und in 27% Unwirksamkeit und Nebenwirkungen genannt. Fast die Hälfte der Patienten beendete die Einnahme ohne Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt. 39% der Patienten gaben an, Sumatriptan aus diagnostischer Ungewißheit, ob überhaupt eine Migräne vorliege, nicht mehr einzusetzen, bei 60% von diesen Patienten habe der behandelnde Arzt im weiteren Verlauf auch die Diagnose einer Migräne widerrufen. 33% der Patienten gaben schließlich an, die Migräne hätte sich hinsichtlich Häufigkeit und Intensität so verbessert, dass eine Behandlung mit Sumatriptan nicht mehr erforderlich sei. Die Mehrzahl der Patienten (57%) behandelte sich im Anschluß an den Sumatriptanbehandlungsversuch mit freiverkäuflichen Schmerzmitteln.

Beurteilung: Die Zahl von nur ca. 62% mit Sumatriptan auch langfristig zufriedenen Patienten erinnert spontan an die Headache-response-Raten (bei Verwendung des sog. Glaxo-Kriteriums) in den Sumatriptanzulassungsstudien. Hier wurde die relative niedrige Erfolgsrate immer wieder auf die Patientenselektion in spezialisierten Kopfschmerzzentren mit ihren schwerstbetroffenen Migränepatienten zurückgeführt – mit der resultierenden Annahme, die Wirksamkeit im praktischen Alltag des Hausarztes müsse deutlich höher sein. Und nun zeigt diese hochinteressante Untersuchung von Rahimtoola und Mitarbeitern, dass im alltäglichen Gebrauch die Ergebnisse keinesfalls besser sind! Doch anscheinend sind hier andere Ursachen für das Therapieversagen des Sumatriptan verantwortlich. Ein ganz offensichtliches Problem ist der versuchsweise Einsatz von Sumatriptan als diagnostischen Test bei unklarer Kopfschmerzdiagnose. Von Ärzteseite wird hier dem Triptan eine viel zu hohe Spezifität und Sensitivität zugeschrieben. Man denke nur an die Placeboresponse von 20 bis 40% und die 15-40 % Nonresponder in den Migräneakutstudien. Als nächstes ist in der vorliegenden Arbeit auffällig, dass die Hälfte der Patienten die Medikation ohne Rücksprache mit dem Arzt beendete. Bedenkt man die hohe Rate von Patienten, die primär Sumatriptan 50 mg oral rezeptiert bekommen hatte, stellt sich berechtigterweise die Frage, ob nicht eine einfache Dosiserhöhung auf 100 mg im Rahmen eines ärztlichen Kontrolltermins die Wirksamkeitsrate signifikant verbessert hätte -ein Kontrollbesuch, der aber nie stattgefunden hat.

Aus diesem Punkt leitet sich die Empfehlung einer festen ärztlichen Anbindung eines Migränepatienten zumindest bis zum Realisieren eines funktionsfähigen Behandlungsplanes ab. Und schließlich ergeben sich aus dieser Studie Überlegungen zum optimalen Zeitpunkt des erstmaligen Einsatzes von Sumatriptan und anderen Triptanen in der Migränetherapie. Solange Analgetika bei einem Patienten wirksam sind, sind spezifische Migränetherapeutika anscheinend aus Patienten Sicht die schlechtere Alternative. In dieser Studie beklagte ein hoher Prozentsatz der Sumatriptaneinmaluser Triptannebenwirkungen, um sich deshalb anschließend wieder mit rezeptfreien Analgetika zu behandeln. Hinsichtlich der Verträglichkeit sind Analgetika den Triptanen überlegen und ihre Wirksamkeit ist bei leichten Migräneattacken zuverlässig. Triptane sollten nur bei schweren Migräneattacken zum Einsatz kommen. Erst hier zeigen sie gegenüber den Analgetika ihre überlegene Wirksamkeit, während Verträglichkeitsaspekte erfahrungsgemäß in den Hintergrund treten, solange die Patienten hier gut aufgeklärt sind. (AHK)


DMKG