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Kopfschmerz-News

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8. Verschiedenes

**** Peres M; Silberstein S, Nahmias S, Shechter A, Youssef I, Rizen T, MD, Young W. Hemicrania continua is not that rare. Neurology 2001; 57:948-951

Zusammenfassung: 34 neue Fälle von Hemicrania continua (HC) werden in ihrer Symptompalette mit aus der Literatur bekannten Fallbeobachtungen verglichen. Die HC stellt eine besondere Verlaufsform dar, da ein anhaltender einseitiger bestehender Kopfschmerz in wechselnder Intensität vorliegt, wobei einerseits ein eher dumpf und druckartig empfundener Basiskopfschmerz, von plötzlichen kurzen Exazerbationen, mit ausgeprägten autonomen Symptomen wie Tränenfluss, Schwitzen, Ptose etc. überlagert. Die klinische Symptomatik und die demographischen Daten der nunmehrigen neuen 34 Fälle wurden mit 41 aus der Literatur verwertbaren Fällen verglichen. Im Vergleich des klinischen Bildes der neuen Fälle und der vergleichbaren Literatur finden sich bei 74% gegenüber 63% autonome Begleiterscheinungen, bei 41 ggü. 26% die kurzen bohrenden Kopfschmerzattacken und auch das Nasenrinnen bzw. der Tränenfluss sind in der aktuellen Gruppe in etwas höherem Prozentsatz als in der Literatur zu finden. Bei 70% finden sich Symptome, wie sie laut IHS einer Migräneexazerbation entsprechen, diese Zahl ist aus den Literaturangaben nicht eindeutig prozentuell belegbar und dürfte bei über 50% liegen. Die HC spricht auf Indomethacin an, zumindest trifft dies 63 der 93 Fälle aus der Literatur zu. Die Autoren stellen fest, dass alle chronischen unilateralen täglichen Kopfschmerzen frühzeitig, wenn nicht schon primär, mit Indomethacin behandelt werden sollen.

Kommentar: Die Autoren aus dem Bereich des Jefferson Headache-Centers in Philadelphia vergleichen eigene epidemiologische und symptomatologische Daten (34 neue Fälle) mit verwertbaren 41 aus der in der Gesamtliteratur bisher publizierten Zahl von 93 seit der Erstbeschreibung durch Sjaastad und Spierings 1984. Über Details der klassifikatorischen Zuordnung dieses Kopfschmerzbildes ist man sich in der Literatur nicht einig, wohl aber besteht Übereinstimmung darin, dass es sich um einen anhaltenden (manchmal auch remittierenden) halbseitigen Dauerkopfschmerz handelt, der keine bestimmten Auslöser hat, mit kurzen Schmerzexazerbationen und autonomen Begleitsymptomen einhergeht und weitgehend auf Indomethacin anspricht. Dieses Ansprechen auf Indomethacin (in den früher publizierten Fällen für über 2/3 der Fälle gültig, einige sprechen auch auf andere nicht steroidale Antirheumatika unvollständig an), wird in der vorliegenden Serie zum Diagnosekriterium. Die HC wird einerseits zur Gruppe des Chronic Daily Headache (CDH) gezählt und andererseits von Goadsby und Lipton als trigeminale autonome Kopfschmerzform charakteristiert, wobei nach dem Klassifikationsvorschlag dieser Autoren für die diagnostische Zuordnung bei entsprechender Basissymptomatik entweder das Ansprechen auf Indomethacin oder das Vorliegen eines autonomen Begleitsymptoms gefordert wird. Peres und Ma. bezweifeln aufgrund ihrer Studien die ordnungsgemässe Klassifizierbarkeit einer HC, wenn sie nicht Indomethacinsensibel ist.

Die hier vorgestellten 34 Fälle wurden in 3 Jahren Beobachtungszeit gefunden und entsprachen der geforderten klinischen Symptomatik und waren Indomethacin-sensibel. Sie wurden herausgefunden, indem systematisch allen Patienten, die eine einseitige CDH hatten, Indomethacin verabreicht wurde, da dies aber nicht prospektiv geschah und auch die Gesamtzahl jener Patienten, die mit einem unilateralen CDH auf Indomethacin angesprochen haben, nicht bekannt ist, lassen sich die Daten epidemiologisch nicht verwerten. Die Autoren sagen nun – mit einer gewissen Logik – dass ihre Zahl von 34 Fällen in 3 Jahre bei einer relativ systematischen Suche höher sei als die zu erwartenden Anzahl anhand der in rund 15 Jahren bisher publizierten Fälle als Gesamtzahl. Sie ziehen daraus den Schluss, dass die HC gar nicht so selten sei, jedenfalls häufiger als man bisher glaubte. Allerdings muss einschränkend festgehalten werden, dass diese Daten eines Kopfschmerz-Centers, noch dazu sensibilisiert durch die Fragestellung, zu einer gewissen Überrepräsentanz geführt haben könnten.

Jedenfalls ist es lohnend, bei einseitigen Kopfschmerzen und Exazerbationen mit oder ohne autonome Begleitsymptomatik Indomethacin oder allenfalls ein anderes nicht steroidales Antirheumatikum in einer Durchschnittsdosierung um 150 mg pro Tag (25-225 mg) zu versuchen. Epidemiologische Studien wären von Interesse (WES).

***** Pareja JA, Caminero AB, Fanco E, Bassado JL, Pascual J, Sánchez del Río M. Dose, efficacy and tolerability of long-term indomethacin treatment of chronic paroxysmal hemicrania and hemicrania continua. Cephalalgia 2001;21:906-910

Zusammenfassung: Die spanischen Autoren analysierten retrospektiv 26 Patienten mit chronisch paroxysmaler Hemikranie oder Hemicrania contiua, die über einen Zeitraum von 1-11 Jahren mit Indomethacin behandelt worden waren. Die mittlere Behandlungsdauer lag bei 3,8 Jahren. Bei fast allen Patienten kam es innerhalb von 3 Tagen zu einer signifikanten Besserung der Kopfschmerzen. Die mittlere Dosis von Indomethacin betrug 84 plus/minus 32 mg/Tag. Im Laufe der Zeit besserten sich bei 42% der Patienten die Kopfschmerzen, so dass die Tagesdosis von Indomethacin langsam reduzuiert werden konnte. Sechs der Patienten, d.h. 23%, hatten gastrointestinale Nebenwirkungen, die aber in der Regel gut mit Ranitidin bekämpft werden konnten. Ansonsten wurden keine schwerwiegenden Nebenwirkungen, insbesondere keine gastrointestinale Blutungen beobachtet.

Kommentar: Die spanischen Autoren haben 26 Fälle der sehr seltenen chronisch paroxysmalen Hemikranie und Hemicrania continua gesammelt. Eindrucksvoll ist der lang anhaltende Therapieeffekt von Indomethacin und entgegen langläufigen Befürchtungen die gute Verträglichkeit der Substanz über viele Jahre hinweg. (HCD)

**** Wheeler AH, Goolkasian P, Gretz SS. Botulinum toxin A for the treatment of chronic neck pain. Pain 2001;94:255-260

Zusammenfassung: Botulinumtoxin ist eine etablierte Substanz zur Behandlung fokaler und generalisierter Dystonien sowie zur Therapie der schweren Spastik. In letzter Zeit wird es auch zunehmend zur Behandlung von Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen propagiert. Die amerikanischen Autoren schlossen in ihre prospektive randomisierte placebo-kontrollierte Studie 50 Patienten mit chronischen Nackenschmerzen ein. Die Nackenschmerzen bestanden im Mittel seit 8,6 Jahren. Bei der Hälfte der Patienten erfolgte eine Injektion von Botulinumtoxin A in die Nackenmuskeln, bei der anderen Hälfte wurde physiologische Kochsalzlösung injiziert. Die Patienten wurden über 4 Monate im Abstand von 4 Wochen nachkontrolliert und führten Schmerztagebücher. Für keinen der Zielparameter ergab sich ein Unterschied zwischen Botulinumtoxin A und Placebo. In der Botulinumtoxingruppe kam es relativ häufig über einen Zeitraum von 8 Wochen zu einer deutlichen Schwäche der Nackenmuskulatur.

Kommentar: Die hier durchgeführte Studie mit einer relativ kleinen Patientenzahl belegt, dass die lokale Injektion von Botulinumtoxin bei chronischen Nackenschmerzen nicht besser wirksam ist als die Injektion von physiologischer Kochsalzlösung. Angesichts der Tatsache, dass fast alle Patienten, die mit Botulinumtoxin lokal injiziert worden waren, unter einer Parese der Nackenmuskeln litten, spricht dafür, dass die Kompetenz der Kollegen, die die Studie durchgeführt haben, nicht sehr hoch gewesen sein kann. (HCD)


DMKG