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3. Migräne, Prophylaxe

**** Pradalier A, Bakouche P, Baudesson G, Delage A, Cornaille-Lafage G, Launay JM, Biason P. Failure of omega-3 polyunsaturated fatty acids in prevention of migraine: a double-blind study versus placebo. Cephalalgia 2001;21:818-822

Zusammenfassung: Bei Patienten mit häufigen Migräneattacken besteht die Indikation für eine Migräneprophylaxe. Es gibt eine Reihe von pharmakologischen Substanzen wie Betablocker, Serotoninantagonisten, Calciumantagonisten und Antiepileptika, die in der Migräneprophylaxe wirksam sind. Allerdings leiden viele der Patienten unter Nebenwirkungen und brechen deshalb die Therapie wieder vorzeitig ab. Wünschenswert wäre es daher, Substanzen zur Verfügung zu haben, die wenig Nebenwirkungen haben und wirksam sind. Omega-3 ungesättigte Fettsäuren spielen eine wichtige Rolle bei der Hemmung unspezifischer entzündlicher Reaktionen und der Freisetzung von Zytokinen, die möglicherweise bei der Migränepathophysiologie eine Rolle spielen. Darüber hinaus haben sie Wirkungen auf die Freisetzung von Serotonin aus Thrombozyten. Diese pharmakologischen Eigenschaften liessen es angeraten sein, diese gut verträglichen Substanzen in der Migräneprophylaxe zu erproben.

In die französische Studie wurden initial 250 Patienten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren aufgenommen, die wegen ihrer Migräne einen niedergelassenen praktischen Arzt aufsuchten. Zunächst erfolgte über 28 Tage eine Placobo-run-in-Phase und dann wurden die Patienten randomisiert und erhielten entweder 6 g (6 Kapseln) Omega-3 ungesättigte Fettsäuren oder Placebo. Der Behandlungszeitraum betrug 4 Monate. Erfasst wurden die Häufigkeit der Migräneattacken und die Intensität der Kopfschmerzen auf einer Skala zwischen 0 und 3. Als Responder wurden die Patienten definiert, bei denen es in 4 Monaten der Behandlung zu einer mindestens 50%igen Abnahme der Migränefrequenz kam. Die primäre Zielkriterium war aber die mittlere Zahl der Migräneattacken in den letzten 4 Wochen der Behandlung im Vergleich zur Placebo-run-in-Phase. Um in die Studie eingeschlossen zu werden, mussten die Patienten zwischen 2 und 6 Migräneattacken/Monat haben. Am Ende der Placebo-run-in-Phase erfüllten 22 Patienten nicht die Einschlusskriterien und wurden dann nicht randomisiert. Bei 32 Patienten waren die Tagebücher schlecht ausgefüllt und diese Patienten konnten ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Für die Analyse verblieben dann 196 Patienten, und zwar 100 in der Verumgruppe und 96 in der Placebogruppe.

183 Patienten schlossen die Studie insgesamt ab, davon 96 in der Verumgruppe und 87 in der Placebogruppe. Initital betrug die Zahl der Attacken/Monat in der Placebo-run-in-Phase 2,79 in der Verumgruppe und 2,7 in der Placebogruppe. In den letzten 4 Wochen der Behandlung ging die Zahl der Attacken zurück auf 1,24 in der Verumgruppe und 1,32 in der Placebogruppe. Der Unterschied zwischen Verum und Placebo war statistisch nicht signifikant. Auch die mittlere Dauer und Intensität der Kopfschmerzattacken unterschied sich in den beiden Gruppen nicht. Auch die Zahl der Responder unterschied sich nicht. Eindrucksvoll war allerdings die ausgeprägte Wirkung von Placebo. Unter Placebo kam es zu einer 45%igen Reduktion der Migränehäufigkeit in dem viermonatigen Beobachtungszeitraum. Die Verträglichkeit war gut und es gab für die meisten Nebenwirkungen keinen Unterschied zwischen Verum und Placebo.

Kommentar: Die hier vorgelegte Studie entspricht unter methodischer Betrachtung weitgehend den Vorgaben der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft zur Durchführung von Studien zur Migräneprophylaxe. Problematisch ist allerdings, dass keine vierwöchige Baseline Beobachtung ohne Placebogabe erfolgte. Dies ist relevant, weil die klinische Erfahrung zeigt, dass bereits in der Placebo-run-in-Phase bei vielen Patienten die Migränehäufigkeit zurückgeht und diese Patienten dann nicht mehr randomisiert werden können. Die Studie leidet allerdings wie viele andere Studien zur Migräneprophylaxe unter einem ausgeprägten Placeboeffekt. So ging die Häufigkeit der Migräneattacken unter Placebo in dem viermonatigen Beobachtungszeitraum um 45% zurück. Dies ist allerdings nicht nur der Gabe der Studienmedikation zu verdanken. Die Erfahrung zeigt, dass viele Patienten, wenn sie in Studien zur Prophylaxe aufgenommen werden, ihre Akuttherapie optimieren und andere Massnahmen ergreifen, die zu einer Reduktion der Migränefrequenz führen, wie beispielsweise die Vermeidung von Triggerfaktoren. Trotz des grossen Placeboeffektes kann aber unterstellt werden, dass die gut verträglichen Omega-3 ungesättigten Fettsäuren in der Migräneprophylaxe nicht wirksam sind. (HCD)

* Storey JR, Calder CS, Hart DE, Potter DL. Topiramte in migraine prevention: a double-blind, placebo-controlled study. Headache 2001;41:968-975

Zusammenfassung: Ursprünglich wurden Betarezeptorenblocker und der Calciumantagonist Flunarizin in der Prophylaxe der Migräne untersucht und als wirksam bestätigt. Vor etwa 10 Jahren begannen die ersten Studien zur Migräneprophylaxe mit Valproinsäure, dessen Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo in der Zwischenzeit eindeutig belegt ist. Vergleichsstudien von Valproinsäure zu den anderen Migräneprophylaktika liegen bisher nicht vor. Die positive Wirkung von Valproinsäure stimulierte Wissenschaftler auch andere Antiepileptika wie Lamotrigin, Gabapentin und Topiramat in der Migräneprophylaxe zu untersuchen. Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine kleine Phase II-Studie mit einer relativ geringen Patientenzahl. In die Studie wurden 40 Patientinnen im Alter zwischen 19 und 62 Jahren aufgenommen. 19 der Betroffenen erhielten Topiramat und 21 Placebo. Die Migränehäufigkeit wurde zunächst in einer vierwöchigen Baselinephase erfasst. Dann wurde Topiramat in einer Dosis von 25 mg eingesetzt und über einen Zeitraum von 8 Wochen langsam bis zu einer Maximaldosis von 200 mg am Tag aufdosiert bzw. bei einer Dosis gehalten, die bzgl. der Nebenwirkungen toleriert wurde. Anschliessend wurden die Patienten über 8 Wochen weiterbehandelt. Primärer Zielparameter war die Reduktion der mittleren 28 Tage Migränehäufigkeit. Die Patienten durften andere Migräneprophylaktika einnehmen solange deren Dosis während der Studien nicht verändert wurde.

Die Häufigkeit der Migräneattacken lag in der Verumgruppe bei 5,14 in der Baselinephase und wurde reduziert auf 3,31 in der Behandlungsphase. In der Placebogruppe betrug die initiale Häufigkeit der Migräneattacken 4,37 und wurde auf 3,83 reduziert. Dieser Unterschied war statistisch signifikant. Responder waren 26% der Patienten unter Topiramat und 9,5% unter Placebo. Responder ist hier definiert als ein Patient, der eine mindestens 50%ige Reduktion seiner Migränehäufigkeit aufweist. Die mittlere Dosis von Topiramat innerhalb der Studie betrug 125 mg/Tag. Zwei der 19 Patienten, die Topiramat erhielten, brachen die Studie wegen Nebenwirkungen ab. Die häufigsten Nebenwirkungen waren in abnehmender Reihenfolge Parästhesien, Gewichtsverlust, Geschmacksstörungen, Appetitlosigkeit, Gedächtnisstörungen und emotionale Labilität.

Kommentar: Die hier vorgelegte Studie erfüllt viele Kriterien eines guten Studiendesigns nicht. Es handelt sich um eine monozentrische Studie an einer gemessen an der Fragestellung viel zu kleinen Patientenzahl. Für Migräneprophylaxestudien werden üblicherweise Gruppengrössen von mindestens 100 verlangt. Problematisch ist auch, dass die Patienten, die in die Studie eingeschlossen wurden, eine Vielzahl anderer Migräneprophylaktika einnahmen. Leider haben die Autoren auch nicht bzgl. der Einnahme von Medikamenten zur Behandlung akuter Migräneattacken korrigiert. Der Unterschied in der Migränehäufigkeit ist zwar statistisch signifikant, numerisch aber nicht sehr bedeutsam. Auch eine Responder-Rate von 26% in der Verumgruppe ist nicht sehr eindrucksvoll. Die Studie gibt aber immerhin einen Hinweis darauf, dass Topiramat möglicherweise in der Migräneprophylaxe wirksam ist. Im klinischen Alltag sind allerdings die Nebenwirkungen, insbesondere die kognitiven Einschränkungen, die manche Patienten erleben, ein Problem. Bevor Topiramat routinemässig zur Migräneprophylaxe eingesetzt wird, müssen die Ergebnisse der derzeit laufenden sehr grossen multizentrischen placebo-kontrollierten Dosisfindungs- und Vergleichsstudien abgewartet werden, deren Ergebnisse Ende des Jahres 2002 vorliegen. (HCD)


DMKG