Categories
Articles

Kopfschmerz-News

.

< – Inhaltsverzeichnis


10. Medikamenten-induzierter Kopfschmerz

*** Fritsche G, Nitsch C, Pietrowsky R, Diener HC.

Psychologische Deskriptoren des Schmerzmittelabusus und des medikamteninduzierten Kopfschmerzes. Schmerz 2000;14:217-225

Zusammenfassung:

Das Phänomen des medikamenteninduzierten Kopfschmerzes wird sowohl auf somatischer wie auch auf psychischer Ebene bislang nur unzureichend verstanden. In der hier referierten Pilotstudie sind daher verschiedene psychologische und demographische Variablen daraufhin untersucht worden, ob sie zwischen Migränepatienten mit und ohne medikamenteninduzierten Kopfschmerz (MKS) Unterschiede zeigen. Dazu wurden 21 Migränepatienten mit MKS eingeschlossen und mit 21 nach Alter und Zeitverlauf der Migräne parallelisierten Migränepatienten verglichen. Als Instrumentarien wurden der Pain-disability-index (PDI), die allgemeine Depressivitätsskala, die Selbstwirksamkeitsskala und der Fragebogen zur Erfassung der Schmerzverarbeitung (FESV) verwendet. Weiterhin wurden neben der Schmerzmittelanamnese biographische und soziale Faktoren erhoben, die einen Einfluß auf das Medikationsverhalten haben können. Die Migränepatienten mit MKS zeigten in fast allen Subskalen des PDI signifikant schlechtere Werte als diejenigen ohne MKS. Außerdem zeigten Migränepatienten mit MKS eine signifikant stärkere hilflos-depressive und ängstliche Verarbeitung im FESV. In der Diskriminanzanalyse der psychometrischen und der soziobiographischen Daten zeigten die Faktoren einer hilflos-depressiven Schmerzverarbeitung, Verabreichung von Schmerzmitteln durch mehrere Ärzte und genereller Anspruch auf Beschwerdefreiheit durch Medikamente die größte Wahrscheinlichkeit einer Trennung beider Patientengruppen.

Kommentar:

Die Studie zeigt, daß sich Migränepatienten mit MKS in manchen psychometrischen und biographischen Faktoren von den Migränepatienten ohne MKS unterscheiden. Dabei ist das grundlegende Problem, welches auch in der Diskussion angesprochen wird, nämlich ob es sich hierbei um die Ursache oder die Folge eines Medikamentenabusus handelt, mit dem Design dieser Studie nicht zu lösen. Die eher geringe Anzahl von signifikanten Unterschieden zwischen den beiden Patientengruppen bei der Vielzahl der erhobenen Variablen ist wahrscheinlich auf die geringe Größe der Stichprobe zurückzuführen. Hier hätte eine deutliche Fallzahlerhöhung möglicherweise zu einer besseren Trennung der beiden Gruppen geführt. (SE)

**** Krymchantowski AV, Barbosa JS.

Prednisone as initial treatment of analgesic-induced daily headache. Cephalalgia 2000;20:107-113

Zusammenfassung:

Es ist seit langem bekannt, daß die häufige und regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln, Mutterkornalkaloiden und Triptanen zu einem medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz führen kann. Während des Entzugs kommt es üblicherweise zu einer deutlichen Verstärkung der Kopfschmerzen mit den typischen Symptomen von Migräneattacken wie Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu und Lärmempfindlichkeit. Bei Patienten, die Opioide oder Barbiturate eingenommen haben, kommt ein Opioidentzug mit Tremor, Tachykardie, Angstzuständen und Schlafstörungen hinzu. Die brasilianischen Autoren untersuchten jetzt in einer offenen Studie, ob die Entzugserscheinungen durch die Gabe von Cortison gedämpft werden können. Sie schlossen in die Studie insgesamt 400 Patienten ein mit einem mittleren Alter von 38 Jahren. Es handelte sich um 318 Frauen und 82 Männer. Alle hatten an mehr 28 Tagen im Monat Kopfschmerzen. Das Alter bei Beginn der Migräne lag im Schnitt bei 24 Jahren, das Alter beim Übergang vom episodischen zum chronischen Kopfschmerz bei im Mittel 35 Jahren. In dieser Studie wurden Patienten, die regelmäßig Barbiturate, Benzodiazipine oder Opioide einnahmen, von der Teilnahme ausgeschlossen. Die Patienten wurden an den ersten beiden Tagen mit 60 mg Prednison, an den nächsten beiden mit 40 mg und dann mit 20 mg behandelt. Alle erhielten einen H2-Blocker. Nach sieben Tagen wurde bei allen Patienten eine Migräneprophylaxe begonnen. Bei 85% der Patienten kam es in den sechs Tagen der Cortison-behandlung zu einer signifikanten Besserung der Kopfschmerzen. Keiner der Patienten litt in dieser zeit unter einer schweren Migräneattacke. 30 Tage nach dem Entzug kam es zu einer signifikanten Abnahme der Kopfschmerzhäufigkeit.

Kommentar:

Obwohl diese Studie offen durchgeführt ist, belegt sie eindrucksvoll anhand einer großen Patientenzahl, daß die Entzugserscheinungen beim Medikamentenentzug durch Kortison deutlich gedämpft werden können. Dies ist Übereinstimmung mit unseren eigenen Beobachtungen in der täglichen Praxis. Wünschenswert wäre allerdings auch hier, wie bei der Behandlung akuter und chronischer Kopfschmerzen, eine kleinere plazebo-kontrollierte Studie, um das Ausmaß des therapeutischen Effektes zuverlässig beurteilen zu können. Wichtig wäre auch zu wissen, ob das hier durchgeführte Therapieschema auch bei Patienten, die Opioide einnehmen, funktioniert. (HCD)


DMKG