01. Migräne, Epidemiologie
***** Gervil M, Ulrich V, Kyvik KO, Olesen J, Russell MB. Migraine without aura: a population-based twin study. Ann Neurol 1999;46:606-611.
Zusammenfassung: In den letzten Jahren gab es große Fortschritte in der Genetik der Migräne. Für die familiäre hemiplegische Migräne sind bisher Mutationen an drei verschiedenen Genorten identifiziert worden. Große epidemiologische Studien und Zwillingsstudien haben gezeigt, dass es auch bei der Migräne mit Aura eine genetische Komponente gibt. In der vorliegenden Studien haben sich die dänischen Autoren auf die Migräne ohne Aura konzentriert. Sie benutzten dazu das Populations- basierte dänische Zwillingsregister, das alle Zwillinge, die in den Jahren 1953-1982 geboren wurden, umfaßt. Für die Analyse wurden 2.680 Zwillingspaare herangezogen, bei denen beide Zwillinge noch lebten. Alle Teilnehmer an der Studie erhielten einen Fragebogen, der nach dem Vorhandensein einer Migräne fragte. 87% der Angeschriebenen beantworteten den Fragebogen. Wurde die Frage nach der Migräne positiv beantwortet, erfolgte ein strukturiertes Interview durch einen Neurologen. Insgesamt wurden 947 Zwillingspärchen identifiziert, bei denen einer oder zwei der Zwillinge Migräne hatten. 85 der Zwillingspaare waren konkordant für die Migräne ohne Aura und 93 Zwillingspaare waren diskordant für die Migräne ohne Aura. Die Lebenszeitprävalenz der Migräne ohne Aura war bei monozygoten Zwillingen 10,6% und bei diszygoten 11,4%. Frauen waren im Verhältnis 2,5/1 überrepräsentiert. Daraus ergibt sich, dass auch bei der Migräne ohne Aura eine genetische Komponente besteht. Diese ist allerdings geringer ausgeprägt als bei der Migräne mit Aura und es muß unterstellt werden, dass mehrere Gene involviert sind.
Kommentar: In vielen Ländern gibt es große Zwillingsregister, die epidemiologische und genetische Studien ermöglichen. In Deutschland ist dies angesichts unserer Datenschutzverordnungen nicht möglich. Die hier vorliegende Studie hat den Vorteil, dass sie fast repräsentativ ist, da 90% der Zwillinge, die in den Fragebögen Kopfschmerzen angaben, auch zu einem strukturierenden Interview bereit waren. Vergleicht man die hier gewonnenen Ergebnisse mit Konkordanzraten aus anderen Studien mit monozygoten Zwillingen, so hatten diese Konkordanzraten zwischen 14% und 29%. Aus den genannten Zahlen ergibt sich, dass die Suche nach dem “Migräne-Gen” bei Migräne ohne Aura schwierig und zeitaufwendig werden wird. (HCD)