Categories
Articles

Medikamenten-induzierter Kopfschmerz

.

< – Inhaltsverzeichnis


10. Medikamenten-induzierter Kopfschmerz

***Evers S, Gralow I, Bauer B, Suhr B, Buchheister A, Husstedt I, Ringelstein E. Sumatriptan and Ergotamin overuse and drug-induced headache: A clinicoepidemiological study. Clinical Neuropharmacology 1999; 22:201-206

Zusammenfassung: In dieser epidemiologischen Studie wurde die Häufigkeit des Sumatriptan- bzw. Ergotamin-Mißbrauches sowie die Inzidenz des Medikamenteniduzierten Kopfschmerzes an einer großen Population von Kopfschmerzpatienten untersucht. In die Studie wurden 2065 Patienten eingeschlossen, die im vergangenem Jahr mindestens ein Mal einen Ergotaminderivat oder Sumatriptan eingenommen hatten. Zwei Subpopulationen, Patienten mit Ergotamineinnahme (620) und Patienten mit Sumatriptaneinnahme (631), wurden gebildet. Alle Patienten mit zusätzlicher regelmäßiger Einnahme von anderen Substanzen wurden aus der Analyse ausgeschlossen. Die Häufigkeit des Medikamentenabusus, Dauer des Abusus, Anzahl der Einnahmedosen pro Monat, Inzidenz des medikamenteninduzierten Kopfschmerzes, Häufigkeit und Art der Nebenwirkungen, sowie die Symptomatik des Entzugskopfschmerzes der Ergotamin- und Sumatriptangruppen wurden verglichen. Als Abusus wurde eine regelmäßige Medikamenteneinnahme, wenigstens ein Jahr lang, an mehr als 18 Tage/Monat, definiert. Die Häufigkeit des Abusus war in der Sumatriptangruppe deutlich niedriger als in der Ergotamingruppe. Auch die Inzidenz des Medikamenteninduzierten Kopfschmerzes in der Sumatriptangruppe war signifikant niedriger. Andererseits war die Abususdauer, sowie die Anzahl der Einnahmedosen pro Monat in der Sumatriptangruppe deutlich niedriger als in der Ergotamingruppe. Ebenfalls war die Entzugskopssymptomtik bei den Patienten mit dem Sumatriptaninduzierten Kopfschmerz viel leichter als in der Ergotamingruppe. Nach Ansicht der Autoren ist die niedrige Abusus- sowie Kopfschmerzrate in der Sumatriptangruppe am ehesten durch die hohe Spezifität von Sumatriptan für 5-HT1B/1D Rezeptoren zu erklären. Dies sei ebenfalls die Ursache der minimalen Entzugssymptomatik bei Sumatruptanabusus. Ein zusätzlicher Faktor seien die hohen Kosten von Sumatriptan. Und letztlich müsse in Betracht gezogen werden, daß die Ergotaminhaltige Präparate häufig zusätzliche Komponenten wie Codein, Koffein oder Propyphenazone enthalten.

Kommentar: Insgesamt ist dies die erste größere Populationsvergleichsstudie für Mutterkornalkaloide und Triptanen. Die Studie hat einen gutes “Design” und ist an einer großen Patientenpopulation durchgeführt worden. Trotzdem sind die eigentlichen Vergleichsgruppen insbesondere die Sumatriptangruppe zu klein. Zu beachten ist auch, daß die Studie in Jahren 1993-1996 (unmittelbar nach der Zulassung von Sumatriptan) durchgeführt worden ist. Unserer Erfahrung nach ist das aktuelle Häufigkeitsverhältniss für einen Sumatriptan/Ergotaminabusus deutlich zugunsten von Sumatriptan (trotz weiterhin höheren Kosten) verschoben. Die bedeutendste Diskrepanz der Ergebnisse besteht darin, daß, die Sumatriptangruppe einerseits die niedrigere Abusus- und Kopfschmerzrate aufweist, andererseits jedoch eine deutlich niedrigere kritische Abususdauer sowie deutlich geringere Anzahl der Einnahmedosen pro Monat hat. Diese wichtige Beobachtung kann unseres Erachtens anhand dieser Studie nicht erklärt werden. Es fällt weiterhin eine weitere, im Hintergrund stehende, jedoch wichtige Beobachtung auf. 27% der Patienten der Ergotamingruppe (immerhin 168 Patienten) hattem fälschlicherweise von ihrem Hausarzt Ergotaminderivate zur Behandlung des Spannungskopfschmerzes verschrieben bekommen. (ZK)


DMKG