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Kopfschmerz-News 3/1999 Migräne Epidemiologie – DMKG

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01. Migräne Epidemiologie

* Aromaa M, Rautava P, Helenius H, Sillanpää L (1997). Factors of Early Life as Predictors of Headache in Children at School Entry. Headache 37: 23-30.

Ziel der Studie war, Prädiktoren für Kopfschmerz bei Kindern im Vorschulalter festzulegen. Die Studienpopulation von 1287 Familien war ein Teil der “Finish family competence study”.

Untersucht wurden Familien, die ihr erstes Baby erwarteten. Zeitpunkte der Datenerhebung waren die Schwangerschaft, der 3., 9. und 18. Lebensmonat des Babys sowie das 3., 5. und 6. Lebensjahr. Sowohl Eltern wie auch Schwestern der Kinderklinik wurden befragt. Im Alter von 6 Jahren hatten 21,7% der untersuchten Kinder Kopfschmerzen, die den Alltag deutlich beeinträchtigen. Insgesamt wurden 968 Kinder untersucht. 14,9% der Kinder hatten Kopfschmerzen, die in den vergangenen 6 Monaten die täglichen Aktivitäten deutlich beeinträchtigt hatten. Die Geschlechtsverteilung war nahezu gleich: von der Population hatten 15,3% aller Mädchen und 16,6% aller Jungen in den vergangenen 6 Monaten Kopfschmerzen. Ein starker Prädiktor für die Häufigkeit des kindlichen Kopfschmerzes war die Frequenz des Kopfschmerzes der Mutter sowie eine Proteinurie in der Schwangerschaft. Im Alter von 9 Lebensmonaten waren Prädiktoren: Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme des Kindes und die negative Beurteilung des Gesundheitszustandes des Kindes durch die Mutter zu diesem Zeitpunkt. Ein- und Durchschlafstörungen waren Prädiktoren im 3. Lebensjahr, während Langzeiterkrankungen wie Allergien, nächtliches Einnässen und Reisekrankheit im 5. Lebensjahr ausschlagebende Prädiktoren waren. Die epidemiologischen Ergebnisse zu Prävalenz des Kopfschmerzes im Kindesalter sowie die Geschlechtsverteilung entsprechen im wesentlichen anderen Studien.

Die Autoren folgern aus ihrer Studie, daß den von ihnen beschriebenen Prädiktoren, vor allem auch psychologischen Auffälligkeiten bei Kindern wie z. B. Konzentrationsstörungen im Kindesalters mehr Aufmerksamkeit im Hinblick auf die Früherkennung von Kopfschmerzen im Kindesalter geschenkt werden sollte. Kropp et al (1997) zeigten, daß visuell evozierte Potentiale sowohl bei Kindern mit Migräne verändert sind. Dies ist ein Hinweis auf elektrophysiologischer Ebene, daß Migränekinder hinsichtlich der Reizverarbeitung sich von gesunden Kindern unterscheiden. Interessanterweise waren die VEPís von nicht an Migräne erkrankten Geschwisterkindern ebenfalls verändert.

Gefährlich jedoch scheint eine Verquickung von Ursache und Symptomatik von Migräne bei Kindern der Finnischen Studie. Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme im 9. Lebensmonat und Ein- und Durchschlafstörungen bei Kindern im 3. Lebensjahr sind häufig und führen, wie allgemein bekannt, sekundär zu einer Verhaltensänderung der Bezugsperson wie der Mutter, die wiederum das Verhalten des Kindes beeinflußt. Zudem sind die genannten Prädiktoren die lehrbuchmäßig häufigsten Störungen in den gesnannten Altersgruppen, so daß es gegenwärtig ausgesprochen fraglich scheint, solche als Prädiktoren für Migräne zu benennen. (AG)

*** Aromaa M, Sillanpää ML, Rautava P, Helenius H (1998). Childhood headache at school entry. A controlled clinical study. Neurology 50: 1729-1736.

Die Studie stellt aktuelle Daten zum kindlichen Kopfschmerz vor. Die Studie ist ein Teil der Finnish family competence study.

Die Ergebnisse basieren auf 1132 Fragebögen, die an Familien mit sechsjährigen Kindern geschickt wurden. Die Datenerhebung und Statistik werden klar beschrieben. In die Auswertung gingen 96 Kinder mit Kopfschmerzen ein. Die Kontrollgruppe waren klinisch unauffällige Kinder. Alle Kinder wurden wie auch die Eltern im persönlichen Interview befragt und die Kinder ärztlich untersucht.

55% der untersuchten Kinder hatten Migräne, 36% hatten Spannungskopfschmerz. Eiscreme und Angst waren bei Migränekindern häufige Auslösefaktoren. Migränekinder hatten mehr abdominelle Beschwerden und griffen häufiger auf Medikation zurück als die Gruppe der Kinder mit Spannungskopfschmerz. Beide Gruppen zeigten mehr occipitale Verspannungen, Bruxismus und Anspannung der Temporomandibularregion. Die Autoren schlagen daher vor, Untersuchungen dieser Regionen mit in die anamnestische und klinische Routine aufzunehmen. Die epidemiologischen Daten dieser Untersuchung ergeben eine “life time prevalence” von 21,7%, wobei 70,6 % der Studienpopulation in den vergangenen 6 Monaten Kopfschmerzen, die den Alltag beeinträchtigten hatten. Das Geschlechterverhältnis war ausgeglichen : 51% Jungen und 49% Mädchen. Das Erstmanifestationsalter lag bei 4,4 Jahren. Die Migräne begann oft in den Nachmittagsstunden, die Dauer wurde zwischen 10 Minuten und zwei Tagen angegeben. 85% aller Migränekinder wurden medikamentös behandelt. Migränekinder hatten häufiger Migränepatienten in der Großelterngeneration und waren länger und ausgeprägter pro Monat von Kopfschmerzen betroffen als Kinder, die an Spannungskopfschmerz litten. Begleitsymptome wie abdominelle Beschwerden, Schwindel und Sehstörungen waren häufiger in der Migränegruppe als in der Spannungskopfschmerzgruppe.

Die Schlußfolgerung, klinische Untersuchungen sollten die Temporomandibular und Occipitalregion einschließen und in der Anamnese sollte besonderes Gewicht auf Auslöse und Triggerfaktorten gelegt werden, scheint angesichts der aktuellen und gut erhobenen epidemiologischen Daten mäßig wichtig. Wünschenswert wären darüberhinaus übersichtliche Tabellen, die die zum Teil langatmig beschriebenen Ergebnisse zusammenfassen. (AG)


DMKG