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Kopfschmerz-News SEPTEMBER 1997 Epidemiologie

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I. Migräne Epidemiologie

1. ***** Merikangas KR, Fenton BT, Cheng SH, Stolar MJ, Risch N (1997). Association between migraine and stroke in a large-scale epidemiological study of the United States. Arch Neurol 54:362-368

Eine Reihe von Fall-Kontroll-Studien legten bisher nahe, daß es einen Zusammenhang zwischen Migräne und Schlaganfall gibt. Eine epidemiologische Studie an männlichen Ärzten zeigte ebenfalls ein erhöhtes Risiko, einen ischämischen Infarkt zu erleiden, wenn eine Migräne vorlag.

Der amerikanischen Arbeitsgruppe standen jetzt erstmals Daten aus einer der größten epidemiologischen Studien, der nationalen Gesundheits- und Ernährungsuntersuchung (NHAHNES I) zur Verfügung. Die Befragungen und Untersuchungen wurden zwischen 1971 und 1974 durchgeführt. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden 20.729 Personen im Alter zwischen 24 und 74 Jahren befragt und untersucht. In einer Nachfolge-Studie konnten 14.407 Teilnehmer an der ersten Studie nach einem mittleren Zeitraum von 10 Jahren nachuntersucht werden.

Für die hier publizierten Ergebnisse standen die Untersuchungsergebnisse von 12.220 Personen zur Verfügung. Die Diagnose eines Schlaganfall stützte sich auf Angaben von Ärzten. Ebenso stützte sich die Angabe von Migräne auf ärztliche Angaben und nicht auf die Kriterien der Internationalen Kopfschmerz-Gesellschaft.

Die Studie ergab eine Lebenszeitprävalenz für die Migräne bei Männern von 3,6% und bei Frauen von 12,8%. Die Prävalenz der Migräne betrug im Alter unter 45 Jahren 12,4%, im Alter zwischen 45 und 64 Jahren 10,6% und im Alter über 65 Jahren 5,9%. Die Prävalenz eines Schlaganfalls betrug 4,6% für Männer und 3,7% für Frauen. Bezogen auf die drei Altersgruppen war die Prävalenz eines Schlaganfalls 0,2% im Alter unter 45 Jahren, 1,5% im Alter zwischen 45 und 64 Jahren und 7,4% im Alter über 65 Jahren. Die Häufigkeit von Schlaganfällen betrug 6,8% bei Männern mit Migräne und 3,7% bei Frauen mit Migräne. Umgekehrt betrug die Häufigkeit bei Patienten ohne Migräne 4,5% für Männer und 2,6% für Frauen.

Bezüglich potentieller Risikofaktoren fanden sich die folgenden bei den Migränepatienten: weibliches Geschlecht, Hypertonie, coronare Herzkrankheit und Einnahme oraler Kontrazeptiva oder Hormonsubstitution nach der Menopause. Für die Schlaganfallpatienten ergaben sich signifikante Beziehungen: männliches Geschlecht, Hypertonie, Diabetes mellitus und coronare Herzkrankheit. Hier war ein wesentlicher Risikofaktor ebenfalls die Migräne. Wurde für die vorhandenen Risikofaktoren korrigiert, ergab sich ein relatives Risiko von 1,5 für Migränepatienten, einen Schlaganfall zu erleiden. Der Unterschied war größer im Alter unter 45 Jahren und geringer im Alter über 70 Jahren.

Diese große epidemiologische Studie belegt einen Zusammenhang zwischen Migräne und Schlaganfall, auch wenn die Risikofaktoren korrigiert wurden. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, daß besonders Migränepatienten Risikofaktoren wie Hypertonie und Rauchen konsequent behandeln. (HCD)

2. **** Russell MB, Olesen J (1996). Migraine associated with head trauma. Europ J Neurol 3:424-428

Die Internationale Kopfschmerzgesellschaft sieht eine Untergruppe der Migräne vor, die durch Schädelhirntraumen ausgelöst oder verschlechtert wird. Es ist allerdings bisher nicht klar, ob es tatsächlich einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer Migräne und einem Schädelhirntrauma gibt, oder ob es sich in den meisten Fällen um ein zufälliges Zusammentreffen häufiger Ereignisse handelt. Es macht daher Sinn, die Familienangehörigen von Patienten zu untersuchen, bei denen eine Migräne nach einem Schädelhirntrauma auftrat. Sollte in den entsprechenden Familien eine erhöhte Häufigkeit von Migräne vorhanden sein, spräche dies eher für ein zufälliges als für ein kausales Zusammentreffen.

Die dänische Arbeitsgruppe erfaßte 3000 Männer und 1000 Frauen im Alter von 40 Jahren aus einem Bevölkerungsregister und sandte ihnen einen Fragebogen zu. Der Fragebogen erfragte das Vorliegen einer Migräne. 87% der angeschriebenen Personen antworteten. Alle Personen, die eine Migräne angaben, wurden einem strukturierten Interview und einer neurologischen Untersuchung unterzogen. Im Rahmen dieser Studie wurde ein Schädelhirntrauma angenommen, wenn nach einem adäquaten Trauma entweder Bewußtlosigkeit oder eine Amnesie von über 10 min vorlag. Weiterhin mußte eine Migräne innerhalb von 14 Tagen nach dem Schädelhirntrauma erstmals manifestiert sein, um einen möglichen Zusammenhang herzustellen. Anschließend wurden alle Familienangehörigen 1. Grades interviewt um herauszufinden, ob ein möglicher Zusammenhang zwischen einer Migräne und einem Schädelhirntrauma bestand.

Auf diese Weise wurden 29 Personen identifiziert, bei denen eine Migräne erstmals in zeitlichem Zusammenhang mit einem Schädelhirntrauma aufgetreten war. Elf hatten ein Schädelhirntrauma mit Bewußtlosigkeit oder Amnesie, und 18 hatten lediglich eine Schädelprellung erlitten. Die Prävalenz einer Migräne assoziiert mit einem Schädelhirntrauma betrug 1,4% mit einem Verhältnis zwischen Männern und Frauen von 1:2,4. Eine genaue Analyse der Familienangehörigen ergab bei diesen kein erhöhtes Migränerisiko, so daß tatsächlich bei einzelnen Personen ein Zusammenhang zwischen einem Schädelhirntrauma und dem Auftreten einer Migräne möglich wäre. Angesichts der kleinen Zahlen ist allerdings eine sichere Aussage nicht möglich. (HCD)


DMKG