Categories
Articles

Kopfschmerz-News März 1997

< – Inhaltsverzeichnis


IX. Buchbesprechungen

**** Headache: Blue books of practical Neurology; 17, eds: Goadsby PJ and Silberstein SD (1997), Butterworth-Heinemann Verlag, Boston Oxford Johannesburg Melbourne Singapore

In den Blue books of practical Neurology werden von ausgewiesenen Neurologen klinische Syndrome und neurologische Krankheitsbilder umfassend und auf dem neuesten Stand des Wissens in Abstractform behandelt.
Der 17. Band befasst sich mit Kopfschmerzen und die Autoren gehen in ihrem Vorwort darauf ein, daß aufgrund intensiver Erforschung erst in den letzten 10-15 Jahren der Kopfschmerz aus seinem Cinderella’-Dasein befreit wird und also nicht zufällig erst im 17. Band behandelt wird. Die Autoren versuchen, trotz des in einigen Gebieten der Kopfschmerzforschung explodierenden Wissenszuwachses (so der Genetik und der Rezeptorforschung) einen möglichst aktuellen Überblick zu vermitteln. Das Buch folgt dem didaktischen Aufbau Migräne, andere primäre Kopfschmerzformen und sekundäre Kopfschmerzformen.

Der erste Teil ist unterteilt in:

1.) Grundlagenforschung (Pathophysiologie, Serotoninrezeptorforschung, zentrale Schmerzverarbeitung und neue Behandlungskonzepte)

2.) Klinik der Migränepopulation (Epidemiologie, Klassifikation und Genetik)

3.) Klinik der Migräneindividuums (Akuttherapie und Prophylaxe, Hormone und Kopfschmerz)

Der zweite Teil befaßt sich mit Spannungskopfschmerz, chronic daily headache, Cluster-Kopfschmerz und paroxysmalen Hemicranien während im dritten Teil neun verschiedene sekundäre Kopfschmerzformen behandelt werden. Insgesamt nimmt die Migräne die Hälfte des Buches ein und reflektiert damit, daß sich die beschriebene Kopfschmerzforschung nicht zuletzt wegen der Entdeckung der Serotoninagonisten im Wesentlichen auf dieses Krankheitsbild konzentriert.

Die Stärken des Buches liegen denn auch in einem klar verständlichen und gut referierten pathophysiologischen Konzepten der Migräne. Insgesamt lag ein Hauptaugenmerk der Autoren neben der klaren klinischen Beschreibung der unterschiedlichen Kopfschmerztypen auf verständlichen Therapiekonzepten, die sich aus den pathophysiologischen Vorstellungen herleiten. Dies gelingt für die Migräne insbesondere in dem glänzend geschriebenen Kapitel der Serotoninrezeptorforschung. Schwieriger ist dies bei anderen primären Kopfschmerzen, für die nach wie vor gilt, daß die Therapie empirisch erfolgt. Nicht zuletzt aus diesem Grund erscheint denn insgesamt der Mittelteil dieses Buches unterrepräsentiert. Während das Kapitel über Spannungskopfschmerz recht gut aufgearbeitet ist und die unterschiedlichen pathophysiologischen Konzepten nebeneinanderstellt, beschränkt sich das insgesamt nicht gut redegierte Kapitel über Cluster-Kopfschmerz auf eine knappe halbe Seite Pathophysiologie, eine Tatsache, die der bisherigen Erforschung dieser Erkrankung nicht gerecht wird.
Einen unerwartet großen Raum von einem Drittel des gesamten Buches nehmen die sekundären Kopfschmerzsyndrome ein, nicht zuletzt wegen des recht umfangreichen Bildmaterials.

Zusammenfassend richtet sich dieses Buch, mit zum Teil üppigen Literaturangaben und einem ausreichenden Index versehen, an den interessierten Neurologen und Kopfschmerzforscher. Man gewinnt auch den Eindruck, daß sich die Autoren mit Erfolg bemühten vom Schreiben der Kapitel bis zum Erscheinen des Buches nicht allzu viel Zeit verstreichen zu lassen. (MAY)


DMKG