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Kopfschmerzen: unterschätzt

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Kopfschmerzen: unterschätzt, unterdiagnostiziert, unterbehandelt

In Deutschland leiden etwa zehn Prozent der erwachsenen Bevölkerung an Migräne und 20 bis 30 Prozent einmal pro Monat an Spannungskopfschmerzen. Das Gewitter im Kopf beeinträchtigt das Leben der Patienten erheblich und belastet die Volkswirtschaft. Doch nur ein Bruchteil der Patienten konsultiert deswegen ihren Arzt. Darüber hinaus kritisieren die Experten, daß moderne Therapieempfehlungen im ärztlichen Alltag zu selten beachtet werden.

“Kopfschmerzen” sagt Dr. Volker Pfaffenrath, Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) “sind nicht lebensbedrohlich und werden in ihrer Bedeutung wohl deshalb unterschätzt.” Weltweit haben zehn bis 15 Prozent der Erwachsenen eine Migräne. Alleine in Deutschland leiden etwa 3,7 Millionen Frauen und 1,7 Millionen Männer unter den meist einseitigen, pochenden und pulsierenden Schmerzen. Die Hälfte der Patienten hat pro Monat eine Attacke, jeder zehnte Migräniker sogar vier und mehr Attacken. Etwa die Hälfte der Migränikerinnen und mehr als ein Drittel der betroffenen Männer können an sechs Tagen pro Jahr nicht zur Arbeit gehen, wie eine amerikanische Studie belegt.

Fast alle Patienten klagen darüber, daß die Attacken ihr tägliches Leben beeinträchtigen, 30 Prozent berichten, daß sie ihre Familienverpflichtungen vernachlässigen und daß es häusliche Probleme gibt. Dies zeigt die internationale ADITUS-Studie, bei der Experten aus sieben Nationen – unterstützt vom Pharmaunternehmen Zeneca – den Einfluß von Migräne auf das Leben der Patienten und ihrer Familien untersuchten.

Rund 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung haben einmal pro Monat Spannungskopfschmerzen, bei etwa drei Pozent sind die dumpf-drückenden Beschwerden chronisch, sie leiden darunter an mehr als 180 Tagen pro Jahr. Dies belegen dänische Untersuchungen. Auch hier sind Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer. Patienten mit Spannungskopfschmerzen sind im Schnitt zwischen einem und sieben Tagen pro Jahr arbeitsunfähig. Pfaffenrath: “Bezogen auf alle Erkrankungen geht jeder fünfte verlorene Arbeitstag auf Kopfschmerzen zurück.”

Trotz Beschwerden nicht zum Arzt
“Die Patienten rechnen jedoch offensichtlich nicht damit, daß ihnen der Arzt effektiv helfen kann”, folgert der Münchener Neurologe aus der nationalen PCAOM-Studie (Primary Care of Migraine), initiiert und durchgeführt vom Pharma-Unternehmen MSD Sharp und Dohme GmbH, Haar. Etwa die Hälfte der Migräne-Patienten (49 Prozent der Frauen und 63 Prozent der Männer) befinden sich trotz ihrer Beschwerden nicht in hausärztlicher Betreuung.

Ähnliche Beobachtungen machen die Experten auch bei Patienten mit Spannungskopfschmerz. Pfaffenrath: “Mehr als 80 Prozent der Betroffenen gehen trotz ihrer Beschwerden nicht zum Arzt.”

Therapie-Empfehlungen der Experten werden kaum umgesetzt
Im Rahmen der PCAOM-Studie wurde von den Wissenschaftlern auch erstmals untersucht, ob Ärzte bei ihrem Verordnungsverhalten den Therapie-Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft folgen. Resultat: In 75 Prozent der Fälle verordnen die Ärzte Therapien, die von den Experten nicht empfohlen werden.

Mehr als die Hälfte aller Verordnungen entfielen auf sogenannte Mischpräparate, die mehrere Wirkstoffe enthalten. Hochgerechnet gaben die Krankenkassen im Jahr 1994 – dem ersten Jahr der Untersuchung – für hausärztliche Verordnungen 49 Millionen Mark aus.

Dies beunruhigt die Experten, die seit mehr als einem Jahrzehnt vor Präparaten warnen, die neben einem Analgetikum oder einem Mutterkornalkaloid zusätzlich Koffein oder andere Substanzen enthalten. “Diese Präparate”, sagt Pfaffenrath, “wirken nicht besser als Medikamente mit nur einem Wirkstoff, rufen dafür aber mehr unerwünschte Nebenwirkungen hervor und können zu Dauerkopfschmerz und Abhängigkeit führen.”

Am ehesten scheinen jüngere Ärzte die Empfehlungen der Experten zu beachten. Auch jüngere Patienten erhalten häufiger Monopräparate und Patienten, bei denen eine Migräne erstmals diagnostiziert wird. Doch je älter die Patienten werden, desto seltener erhalten sie die empfohlene Behandlung. Ebenso steigt bei diesen Patienten im Alter die Verordnungshäufigkeit, d.h. ihnen werden öfter Schmerzmittel verordnet. Pfaffenrath: “Möglicherweise spielen dabei auch über Jahre entstandende Dauerkopfschmerzen durch Schmerzmittelabhängigkeit in diesen von Migräne eigentlich weniger betroffenen Altersgruppen eine Rolle.”

Deutlich unterversorgt sind die Patienten mit Medikamenten, die der Häufigkeit und Schwere von Attacken vorbeugen können. Dabei handelt es sich nicht um Schmerzmittel, sondern um andere Substanzen, etwa bestimmte Betablocker. “Migräne”, resümiert Volker Pfaffenrath alle Studienergebnisse, “wird in Deutschland trotz etablierter nationaler Empfehlungen der Fachgesellschaften immer noch unzureichend und unzweckmäßig behandelt.”

Rückfragen an:
Dr. med. Volker Pfaffenrath
Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
Leopoldstraße 59/II
80802 München
Tel.: 089-389977-0
Fax: 089-389977-22
e-mail: [email protected]


Eine Liste mit Kopfschmerz-Experten in der jeweiligen Region
ist beim Generalsekretär und Pressesprecher der DMKG erhältlich.
Prof. Dr. Gunther Haag
Elztal Klinik
Pfauenstr. 6, 79215 Elzach-Oberprechtal
Tel.: (07682) 805-333, Fax: (07682) 805-135
Die Mitglieder-Liste und weitere Informationen über Kopfschmerz und Migräne auch unter: http://www.dmkg.de