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01. Migräne, Epidemiologie

**** Thomsen LL, Ostergaard E, Olesen J, Russell M B. Evidenceof a separate type of migraine with aura: sporadic hemiplegic migraine. Neurology 2003; 60: 595-601.

Zusammenfassung: Die Autoren geben anhand von 105 Patienten mit sporadisch hemiplegischer Migräne ( SHM)eine sehr sorgfältige und umfassende Charakterisierung dieses Krankheitsbildes. Die Patienten wurden über das nationale dänische Patientenregister, Kopfschmerzkliniken, privateneurologische Praxen und durch Zeitungsanzeigen rekrutiert. Nach einem ausführlichen Telefoninterview der Patienten sowie deren Verwandten erfolgte ein persönliches ärztliches Gespräch und eine neurologische Untersuchung. Die klinischen Daten dieser Patienten wurden verglichen mit 163 Patienten mit Migräne mit typischer Aura ( MA ) exklusive motorischem Defizit und 147 Patienten mit familiär hemiplegischer Migräne ( FHM). Die Daten der Patienten mit MA stammten aus einer historischen dänischen Patientendatei, die der Patienten mit FHM aus einer früheren Untersuchung der Arbeitsgruppe. Die SHM entspricht der FHM in sämtlichen klinischen Charakteristika. Das motorische Defizit tritt nie als alleiniges Aurasymptom auf. Bei nahezu allen Patienten (98%) kommen Sensibilitätsstörungen ipsilateral zur Parese hinzu. Etwa 70% der Patienten haben visuelle und sensible Symptome, eine Aphasie und zusätzlich Hirnstammsymptome, womit sich & Uuml;berschneidungen zur Basilarismigräne ergeben. Häufig dauern die einzelnen Aurasymptome länger als 60 Minuten, d.h. sie haben einen prolongierten Verlauf. Die MA ähnelt der SHM und FHM in vielen Punkten, allerdings haben die Aurasymptome der MA selten einen prolongierten Verlauf. Bei der MA ist das Verteilungsmuster der sensiblen Symptome different im Vergleich zu SHM und FHM, die visuellen Symptome beginnen häufiger zentral (bei FHM und FHM Beginn im peripheren Gesichtsfeld). In der derzeit noch gültigen Klassifikation der internationalen Kopfschmerzgesellschaft von 1988 wird die SHM entweder als Migräne mit typischer Aura oder wenn die Aurasymptome länger als 60 Minuten dauern als Migräne mit prolongierter Aura eingeordnet. Die FHM hingegen wird als eigene Unterform der Migräne mit Aura aufgeführt. Aufgrund der Übereinstimmung der SHM mit der FHM bezüglich klinischer Symptome, schlagen die Autoren vor, sie nicht mehr zur Migräne mit typischer Aura zu rechnen, sondern sie als eigenständige Unterform der Migräne mit Aura zu klassifizieren.

Kommentar: Da die Aura der SHM sowohl in der klinischen Symptomvielfalt als auch im zeitlichen Verlauf komplexer ist als die Aura der Migräne mit typischer Aura, ist es sinnvoll, die SHM in der neuen Klassifikation der internationalen Kopfschmerzgesellschaft, wie von den Autoren vorgeschlagen, ebenso wie die FHM als eigenständige Unterform der Migräne mit Aura anzuführen. Durch den häufig prolongierten Verlauf der Aura bei SHM und FHM bestehen Überschneidungen zur Migräne mit prolongierter Aura, durch das häufige Auftreten von Hirnstammsymptomen zur Basilarismigräne. Diese Überlappungen sind nicht verwunderlich, da man annehmen muss, dass den verschiedenen Auraformen ähnliche pathophysiologische Vorgänge zugrundeliegen. Es handelt sich somit bei der SHM trotz einiger klinischer Unterschiede wohl nicht um eine grundlegend von der MA verschiedene Migräneform, sondern um einen anderen Ausprägungsgrad der Aura auf der Skala der möglichen Aurasymptome bzw. – verläufe. Methodisch ist es nicht überzeugend, die z. T. diffizilen Unterschiede der SHM und MA aus Patientenkollektiven zu erarbeiten, die aus unterschiedlichen Untersuchungen stammen bzw. von anderen Untersuchern durchgeführt wurden.

Möglicherweise sind dadurch manche Unterschiede artifiziell, so ist es z. B. schwer vorstellbar, dass der Kopfschmerz bei Patienten mit MA weniger stark durch körperliche Aktivität aggraviert werden sollte als bei der SHM oder FHM. Insgesamt ist die detaillierte Beschreibung der möglichen Aurasymptome und -verläufe sehr gut. Ärzten mit weniger eigener Erfahrung mit Patienten mit MA kann diese Arbeit bei diagnostischen Entscheidungen Hilfestellung bieten und so Patienten unter Umständen kostspielige und belastende Untersuchungen ersparen. (GJS)

** Tepper S, Allen C, Sanders D, Greene A, Boccuzzi S. Cop rescription of triptans with potentially interacting medications: a cohort study involving 240.268 patients. Headache 2003; 43: 44-48

Zusammenfassung: In dieser in den USA durchgeführten retrospektiven Studie wurde anhand einer Datenbank die Ko- Medikation von Triptanen zusammen mit Arzneimitteln, für die pharmakologische Interaktionen bzw. Kontraindikationen beschrieben sind, untersucht. Insgesamt wurden die Daten von 240268 Patienten (m:w = 1:4) über einen Zeitraum von einem Jahr analysiert. Im Ergebnis zeigte sich eine sehr geringe Ko- Medikationsrate von Triptanen mit MAO-Hemmern (0, 01%) sowie von Triptanen mit Ergotaminen (1, 45%). Die Ko-Medikationsrate von 10 mg Rizatriptan plus Propranolol lag bei 2, 7%. Eine hohe Ko-Medikationsrate fand sich bei SSR I’s und Triptanen (20, 9%), sowie bei verschiedenen Triptanen untereinander (21%). Darüber verweist die Studie auf eine überproportional hohe gleichzeitige Verschreibung von Triptanen mit Medikamenten, die über das Enzym Cytochrom P450 metabolisiert werden.

Kommentar: Die Studie weist eine Reihe von methodischen Schwächen auf, die allerdings von den Autoren selbst eingeräumt werden: Es handelt sich um eine retrospektive Studie, deren Datenmaterial auf kommerzieller Basis erstellt wurde und die somit nur bedingt repräsentativ ist. Die für die Autoren relevante Information lässt sich anhand des Datenmaterials nur indirekt erschließen: der zeitliche Overlap zwischender Rezeptierung zweier Medikamente, für die Interaktionen/Kontraindikationen beschrieben sind, sagt nichts darüber aus, inwieweit diese Medikamente tatsächlich gleichzeitig eingenommen wurden. Ein wesentliches Ergebnis der Studie deutet auf die besondere Verschreibungspraxis in den USA hin: die häufige Ko-Medikation von Triptanen mit SSR I’s unterstreicht zwar auf der einen Seite die bekannte Komorbidität von Migräne und Depression, allein in Deutschland besteht jedoch aufgrund der allgemein verbreiteten Angst vor dem „ Serotoninsyndrom “ ein deutlich restriktiveres Verschreibungsverhalten. Somit ist das Ergebnis dieser Studie nicht ohne weiteres auf europäische Verhältnisse übertragbar. Sehr kritisch zu beurteilen ist die Schlussfolgerung, die die Autoren aus ihrer Arbeit ziehen: Zum Zeitpunkt der Studie stand die Markteinführung von Eletriptan vor der Tür, für welches bei Kombinationsbehandlung mit ausgewählten, über Cytochrom P450 metabolisierten Arzneimitteln, Kontraindikationen bestehen. Die Autoren beobachteten in ihrer Analyse, dass nahezu die Hälfte der Triptan-Patienten zusätzlich über Cytochrom P 450 metabolisierte Arzneimittel einnahmen. Daher warnen sie vor der zukünftigen „unkritischen“ Verschreibung von Eletriptan. Es fällt dem Leser nicht leicht, bei dieser Aussage keinerlei kommerziellen Interessen durchscheinenzu sehen. (SSH)

** Mattsson P. Hormonal factors in migraine: A population based study of woman aged 40-74 years. Headache 2003;43:27-35

Zusammenfassung: Ziel der Studie war es, Zusammenhänge zwischen Geschlechtshormonen und Migräne aufzuzeigen. Hierzu wurden 728 Frauen im Alter zwischen 40 und 74 Jahre, die sich zu einer Routinemammographie vorstellten, mittels Fragebogen und offenem Interview von dem Autor befragt. 23 % aller Patientinnen mit Migräne hatten Migräneattacken im Zeitfenster von –2 bis +3 Tagen der Menstruation, 4% hatten eine Migränemit Aura in diesem Zeitfenster. Während der Schwangerschaft sank die Attackenfrequenz. 12% beschrieben ein prämenstruelles Syndrom. Nicht statistisch signifikant war die Reduktion der Attackenfrequenz in der Menopause.

Kommentar: Mangels einheitlich genutzter Diagnose einer menstruellen Migräne ist auch diese Studie nur schwer mit bereits vorliegenden zu vergleichen. Während zum Teil bereits bekannte Ergebnisse reproduziert werden- Migräne ist in der Schwangerschaft seltener-, ist die Diagnose einer Migräne mit Aura zum Zeitpunkt der Menstruation mit einer Prävalenz von 4% überraschend. In der Literatur und in der klinischen Praxis wird eine Migräne mit Aura zum Zeitpunkt der Menstruation nicht berichtet und bleibt somit fraglich. Dass keine statistisch signifikante Relation zwischen Menopause und Migräne besteht, wird in der Literatur unterschiedlich beschrieben. Die vorliegende Arbeit ist lobenswert wegen der großen Patientenpopulation. Nachteilig ist jedoch das Studiendesign mit einem einzelnen Interviewer, offen bleibt auch die Güte des genutzten Fragebogens. (AE)

*** Lampl C, Buzath A, Baumhackl U, Klingler D. One-year prevalence of migraine in Austria: a nation-wide survey. Cephalalgia 2003; 23: 280-286.

Zusammenfassung: Die Autoren untersuchten die Prävalenz der Migräne in der Gesamtpopulation in Österreich. Eine Stichprobe von 997 Probanden im Alter von > 15 Jahre wurde mittels eines strukturierten Fragebogens untersucht. Die Interviews wurden von angelernten Nichtmedizinern durchgeführt. Der Fragebogen stützte sich auf die Migräne – Kriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (IHS) und wurde vor der Durchführung der Studie validiert. Die Probanden mit Kopfschmerzen wurden in 4 Gruppen eingeteilt: a) Migräne, b) borderline’ Migräne: Dauer der Migräneattacken 2-4 Stunden, c) mögliche Migräne: das Fehlen von mindestens 2 Kriterien, und d) nicht Migräneartiger Kopfschmerz. Die Autoren erreichten eine ziemlich hohe Response – Rate von 83%. Insgesamt 49.4% der Probanden litten unter Kopfschmerzen. Die Jahresprävalenz der Migräne betrug 10.2%, davon 5.6% Migräne ohne Aura, 2.3% Migräne mit Aura und 2.3% eine ‚borderline’ Migräne. Weitere 8.5% fielen in die Kategorie der möglichen Migräne. 30.7% der Befragten hatten nicht migräneartige Kopfschmerzen. Frauen hatten Migräne 2.5fach häufiger als Männer. Die höchste Prävalenz zeigte sich in der Altersgruppe von 30 – 49 Jahren. 46.8% der Migränepatienten waren von Kopfschmerzen beeinträchtigt, davon 19.8% schwer beeinträchtigt. 46.2% berichteten, dass sie häufig wegen der Kopfschmerzen ihre soziale Aktivitäten- und 24.3% ihre beruflichen Tätigkeit abbrechen müssten. Migränepatienten fehlten im Durchschnitt an 3.5 Tagen pro Monat an der Arbeit, was 14 Tagen pro Jahr ausmachte. Es zeigte sich, dass Migränepatienten sehr selten wegen ihrer Kopfschmerzen einen Arzt aufsuchten. 39.6% hatten noch keinen Arzt kontaktiert, 16.8%berichteten über einen lediglich unregelmäßigen Ärztekontakt, und nur 7.9% wurden von einem Neurologen betreut. Die OTC Medikamente wurden am häufigsten gebraucht (58.6%). Nur 0.8% bekamen Triptane. Und nur 9.2% der Patienten hatten eine medikamentöse Prophylaxe.

Kommentar: Insgesamt fand sich in dieser guten, sauber durchgeführten Studie eine zu den anderen Prävalenzstudien vergleichbare Jahresprävalenz der Migräne von ca. 10%. Dies ist die erste Prägvalenzstudie in Österreich, die verdeutlicht, dass Migräneeine sehr häufige Erkrankung ist, die viele Menschen sehr beeinträchtigt, und hohe sozioökonomische Kosten verursacht( Z K).

**** Schwaag S, Nabavi DG, Frese A, Husstedt IW, Evers S. The assoviation between migraine and juvenile stroke: A casecontrol study. Headache. 2003;43:90-5.

Zusammenfassung: Ziel der vorliegenden Studie ist es gewesen, die Verknüpfung zwischen Migräne und jugendlichen Infarkten zu entschlüsseln. Es handelt es sich um eine kontrollierte Studie von 161 Patienten mit einer sehr guten fallgematchen Kontrollgruppe. Die Ein- und Ausschlusskriterien wurden sehr rigide gehandhabt. Methodische Fehler, die in einem Teil der früheren Arbeiten in unterschiedlicher Variation vorkamen, wurden systematisch eliminiert. Hierzu zählten ein Alter von mehr als 45 Jahre, vorangegangene migränöse Infarkte oder Blutungen, Inter-Rater-Variabilität und strikte Anwendungen der Diagnosekriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft. Weiterhin wurden die üblichen vaskulären Risikofaktoren erfasst. 161 Patienten (53,1% Männer, 46,9% Frauen) wurden eingeschlossen. 88,7% hatten einen Schlaganfall, 11,3% eine TIA. 68,1% waren im Karotisversorgungsgebiet, 28,8% im vertebrobasilaren Gebiet lokalisiert; 3,1% konnten nicht zugeordnet werden. Ursache für die Schlaganfälle waren in 16,3% kardiale Emboliequellen, in 27,6% lag ein kardialer Shunt ohne sonstige Hinweise für Emboliequellen vor. 26,3% hatten einen kryptogenen Schlaganfall ohne identifizierbare Ätiologie mit nicht mehr als einem vaskulären Risikofaktor. Die verbliebenen 31,3% hatten mehr als einen vaskulären Risikofaktor einschließlich hereditärer Koagulopathie oder nachgewiesener Atherosklerose. Hierbei wurde Migräne bei 23,1% der Patienten und 12,5% der Kontrollen gefunden. Von den 37 Patienten mit Migräne hatten 5% Migräne mit Aura, von den 20 Kontrollen waren ebenfalls 5 Kontrollen mit Migräne mit Aura affiziert. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Migräne und orale Kontrazeption unabhängige Risikofaktoren sowohl bezüglich der Ätiologie als auch des Schlaganfallterritoriums darstellen. Hyperlipidämie, arterielle Hypertonie und Rauchen waren ebenfalls unabhängige Risikofaktoren. Die Assoziation zwischen Schlaganfall und Migräne nahm mit abnehmendem Lebensalter zu. Interessanterweise fand sich keine signifikante Verknüpfung zwischen Migräne und Schlaganfall bei Schlaganfallpatienten aufgrund einer kardialen Emboliequelle oder mit einem kryptogenen Schlaganfall. Auch fanden sich keine signifikanten Differenzen zwischen Patienten mit oder ohne Migräne, was wahrscheinlich an der vergleichsweise geringen Zahl der Patienten mit Migräne mit Aura lag. Insbesondere waren für Frauen Migräne nicht nur ein signifikanter, sondern auch ein unabhängiger Risikofaktor im Gegensatz zu den Männern.

Kommentar: Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine sehr sorgfältig durchgeführte prospektive Untersuchung, die im wesentlichen zu den gleichen Schlüssen kommt wie die in der zitierten Literatur aufgeführten. Es handelt sich um die erste vergleichbare Studie auf diesem Gebiet in Deutschland und um wichtige Daten, auch wenn nur ein kleiner Teil der Migränepatienten betroffen ist. Kritisch merken die Autoren selbst an, dass auch mit den jetzt weiter erhärtenden Daten keine Schlüsse bezüglich des Pathomechanismus der Assoziation zwischen Migräne und Schlaganfall möglich ist. Es scheint jedoch klar zu sein, dass Migräne nicht nur andere vaskuläre Risikofaktoren verstärkt, sondern einen unabhängigen Risikofaktor darstellt. Dies aber wohl nur für das weibliche Geschlecht. Zusammenfassend wird erneut klar, dass Migräne ein Risikofaktor für jugendlichen Schlaganfall bei Frauen darstellt und dass bei Patientinnen, die andere vaskuläre Risikofaktoren aufweisen, in besonders intensiver Form auf Elimination dieser Faktoren gedrungen werden muss. Insbesondere sollte die Form der Antikonzeption überdacht werden, wenn bei jugendlichen Migränepatientinnen sich ein erhöhtes vaskuläres Risikoprofil abzeichnet. (WP)

***Thomsen LL, Ostergaard E, Olesen J, Russell MB. Evidence of a separate type of migraine with aura: sporadic hemiplegic migraine. Neurology 2003;60:595-601.

Zusammenfassung: Die Autoren geben anhand von 105 Patienten mit sporadisch hemiplegischer Migräne (SHM) eine sehr sorgfältige und umfassende Charakterisierung dieses Krankheitsbildes. Die Patienten wurden über das nationale dänische Patientenregister, Kopfschmerzkliniken, private neurologische Praxen und durch Zeitungsanzeigen rekrutiert. Nach einem ausführlichen Telefoninterview der Patienten sowie deren Verwandten erfolgte ein persönliches ärztliches Gespräch und eine neurologische Untersuchung. Die klinischen Daten dieser Patienten wurden verglichen mit 163 Patienten mit Migräne mit typischer Aura (MA) exklusive motorischem Defizit und 147 Patienten mit familiär hemiplegischer Migräne (FHM). Die Daten der Patienten mit MA stammten aus einer historischen dänischen Patientendatei, die der Patienten mit FHM aus einer früheren Untersuchung der Arbeitsgruppe. Die SHM entspricht der FHM in sämtlichen klinischen Charakteristika. Das motorische Defizit tritt nie als alleiniges Aurasymptom auf. Bei nahezu allen Patienten (98%) kommen Sensibilitätsstörungen ipsilateral zur Parese hinzu. Etwa 70% der Patienten haben visuelle und sensible Symptome, eine Aphasie und zusätzlich Hirnstammsymptome, womit sich Überschneidungen zur Basilarismigräne ergeben. Häufig dauern die einzelnen Aurasymptome länger als 60 Minuten, d.h. sie haben einen prolongierten Verlauf. Die MA ähnelt der SHM und FHM in vielen Punkten, allerdings haben die Aurasymptome der MA selten einen prolongierten Verlauf. Bei der MA ist das Verteilungsmuster der sensiblen Symptome different im Vergleich zu SHM und FHM, die visuellen Symptome beginnen häufiger zentral (bei FHM und FHM Beginn im peripheren Gesichtsfeld).

In der derzeit noch gültigen Klassifikation der internationalen Kopfschmerzgesellschaft von 1988 wird die SHM entweder als Migräne mit typischer Aura oder wenn die Aurasymptome länger als 60 Minuten dauern als Migräne mit prolongierter Aura eingeordnet. Die FHM hingegen wird als eigene Unterform der Migräne mit Aura aufgeführt. Aufgrund der Übereinstimmung der SHM mit der FHM bezüglich klinischer Symptome, schlagen die Autoren vor, sie nicht mehr zur Migräne mit typischer Aura zu rechnen, sondern sie als eigenständige Unterform der Migräne mit Aura zu klassifizieren.

Kommentar: Da die Aura der SHM sowohl in der klinischen Symptomvielfalt als auch im zeitlichen Verlauf komplexer ist als die Aura der Migräne mit typischer Aura, ist es sinnvoll, die SHM in der neuen Klassifikation der internationalen Kopfschmerzgesellschaft, wie von den Autoren vorgeschlagen, ebenso wie die FHM als eigenständige Unterform der Migräne mit Aura anzuführen. Durch den häufig prolongierten Verlauf der Aura bei SHM und FHM bestehen Überschneidungen zur Migräne mit prolongierter Aura, durch das häufige Auftreten von Hirnstammsymptomen zur Basilarismigräne. Diese Überlappungen sind nicht verwunderlich, da man annehmen muss, dass den verschiedenen Auraformen ähnliche pathophysiologische Vorgänge zugrundeliegen. Es handelt sich somit bei der SHM trotz einiger klinischer Unterschiede wohl nicht um eine grundlegend von der MA verschiedene Migräneform, sondern um einen anderen Ausprägungsgrad der Aura auf der Skala der möglichen Aurasymptome bzw. – verläufe. Methodisch ist es nicht überzeugend die z. T. diffizilen Unterschiede der SHM und MA aus Patientenkollektiven zu erarbeiten, die aus unterschiedlichen Untersuchungen stammen bzw. von anderen Untersuchern durchgeführt wurden. Möglicherweise sind dadurch manche Unterschiede artifiziell, so ist es z. B. schwer vorstellbar, dass der Kopfschmerz bei Patienten mit MA weniger stark durch körperliche Aktivität aggraviert werden sollte als bei der SHM oder FHM. Insgesamt ist die detaillierte Beschreibung der möglichen Aurasymptome und -verläufe sehr gut. Ärzten mit weniger eigener Erfahrung mit Patienten mit MA kann diese Arbeit bei diagnostischen Entscheidungen Hilfestellung bieten und so Patienten unter Umständen kostspielige und belastende Untersuchungen ersparen. (GJS)

*** Dahmen N, Kasten M, Wieczorek S, Gencik M, Epplen JT, Ullrich B. Increased frequency of migraine in narcoleptic patients: a confirmatory study. Cephalalgia 2003;23:14-19

Zusammenfassung Zur Bestätigung eigener früherer Ergebnisse und Beurteilung ihrer theoretischen und praktischen Bedeutsamkeit wurden 100 Patienten mit gesicherter Narkolepsie bzgl. konkomitanter Kopfschmerzen untersucht. Verwendet wurden dazu strukturierte Interviews auf Basis der Diagnosekriterien der IHS für die Kopfschmerzen bzw. des Stanford Centers für die Narkolepsie. 37% der 100 Narkolepsiepatienten litten unter einer Migräne (das waren 44,4% der 54 Frauen dieser Studie bzw. 28,3% der 46 Männer). Im Durchschnitt berichteten die Narkolepsiepatienten über 49,2
+ 56,4 Kopfschmerztage pro Jahr. Die durchschnittliche Zeitspanne zwischen Beginn der Narkolepsie und Auftreten der Migräne betrug bei 12,3 + 11,4 Jahren. Der Die Narkolepsie begann im Durchschnitt mit 20,9 + 10,5 Jahren und die Migräne mit 30,6 + 14,8 Jahren (p < 0,0001).

Kommentar: Die Autoren konnten nachweisen, dass die Migräneprävalenz (mit/ohne Aura) bei Patienten mit Narkolepsie 2-4x so hoch ist wie in der Allgemeinbevölkerung. Eine Abhängigkeit von besonderen Verlaufsformen der Narkolepsie (Kataplexie, Schlaflähmung, hypnagoge Halluzinationen) fand dabei keine statistische Signifikanz, d.h. der Schweregrad der Narkolepsie ist für die Prävalenz nicht ausschlaggebend. Die Migräneprävalenz stand nicht im Zusammenhang mit der pharmakologischen Therapie der Narkolepsie. Ohne ausreichende Begründung bleibt die Tatsache, dass zwar der Narkolepsiebeginn mit durchschnittlich rund 20 Jahren (für Migränebetroffene schon relativ früher) dem Erwartungsbereich entspricht, jedoch der Beginn der Migräne mit über 30 Jahren (wenn auch mit großer Standardabweichung von fast 15 Jahren) sehr ungewöhnlich ist, da in epidemiologischen Studien ein Migränebeginn über dem 30. bzw. 35. Lj. nur bei knapp über 5% der Bevölkerung gefunden wird. Noch auffälliger ist, dass in dieser Migräniker-Gruppe 9 Patienten, (das sind 31%) bereits über 40 Jahre alt waren. Diese Zeitverschiebung scheint ein spezifisches Kriterium bei Patienten mit Narkolepsie zu sein, der späte Beginn der Migräne könnte spekulativ damit zu tun haben, dass eine latente Migränebereitschaft durch das narkoleptische Syndrom verzögert aktiviert wird. Es ist bekannt, dass Schlafstörungen, die z. B. durch Schnarcheinflüsse bedingt sind, mit einem höheren Kopfschmerzrisiko einhergehen, allerdings nicht speziell mit Migräne. Aus dieser Studie geht andererseits nicht hervor, welche sonstigen Kopfschmerzen, abgesehen von der Migräne in der untersuchten Patientengruppe sonst noch aufgetreten sind. Eine eindeutige Erklärung für diese Phänomene können die Autoren nicht bieten, eine gemeinsame neuroanatomische Basis für beide Krankheiten, Diskutiert wird gemeinsame Betroffenheit des Hirnstammes (insbesondere der Bereich des periaquäduktalen Graus bzw. des Nucleus raphe dorsalis), ein Zusammenhang mit dem REM-Schlaf ist für beide Erkrankungsbilder anzunehmen, eine weitere Brücke könnte das serotonerge System darstellen. Zusammenfassend sind die für Migräne und Narkolepsie mitgeteilten epidemiologischen Parameter nicht nur als klinische Verlaufsdaten und als weiteres Beispiel einer Migränecomorbidität von Interesse, sondern erlauben – vorerst allerdings nur spekulativ – Rückschlüsse auf eventuell gemeinsame pathophysiolo-gisch-neuroanatomische Wurzeln beider Krankheitsbilder. Weitere sorgfältig geplante prospektive Studien mit pathophysiologisch experimentellem Charakter wären wünschenswert. (PW)

***Kowacs F, Socal MP, Ziomkowski SC, Borges-Neto VF, Toniolo DP, Francesconi CRM, Chaves MLF. Symptoms of depression and anxiety, and screening for mental disorders in migrainous patients. Cephalalgia 2003; 23: 79-89

Zusammenfassung: In einem brasilianischen Krankenhaus wurden 3 ambulante Personengruppen nämlich 51 Migränepatienten, 35 Psoriatiker und 92 Gesunde (Begleitpersonen) daraufhin untersucht, inwieweit bei Migränepatienten im Vergleich zu den beiden anderen Gruppen Symptome einer Depression, Angst und/oder unspezifischer sonstiger psychiatrischer Erkrankungen bestehen. Verwendet wurden dafür zur Bestimmung der Depressivität die Montgomery-Asberg-Depressions-Rating-Scale MADRS, ein Self-Report-Questionnaire (SQR) als Screening für unspezifische mentale Erkrankungen und schließlich ein Selbsttest (STAI-T) zur Feststellung von Angstparametern. Regressionskoeffizienten und Signifikanzen unabhängiger Variablen bzw. Multivarianzanalysen (MANOVA) wurden als statistische Methoden herangezogen. Die Scores der Untersuchungen betreffend Depression, Angst und psychiatrische Symptome und waren für die Migräniker höher und zwischen Migräne und der Psoriasis bzw. der gesunden Gruppe unterschiedlich. Hinweise auf ausgeprägtere Depressions-oder Angstsymptome in Zusammenhang mit Migräne konnten aber statistisch nicht gesichert werden. Andererseits wurde eine höhere Frequenz unspezifischer psychiatrischer Symptome bei den Migränikern ggü. der Psoriasis – und der gesunden Gruppe nachgewiesen, dies nach Ansichten der Autoren nicht kontradiktorisch sondern ein statistisches Variabilitätsproblem. Obwohl in der Migränegruppe höhere Durchschnittswerte von depressiven Symptomen aufschienen, ergab die univariante Analyse im SRQ lediglich den Verdacht auf unspezifische psychische Begleit-Erkrankungen.

Kommentar: Für Migränepatienten sind seit Jahrzehnten Komorbiditäten mit einer Reihe von Krankheitsbildern beschrieben, u.a. auch mit psychiatrischen. Da sowohl Kopfschmerzen als auch psychiatrische Erkrankungen zu den häufigen Erkrankungen gehören, wäre es entscheidend festzustellen, ob es sich um ein zufälliges überschneidendes Zusammentreffen handelt oder ob gemeinsame Basismechanismen zugrunde liegen, etwa im Bereiche biologischer Marker, wofür Beobachtungen bzgl. Ähnlichkeiten im therapeutischen Ansprechen (z. B. Trizyklika, Antidepressiva) bzw. die Möglichkeit einer Dysfunktion serotonerger und adrenerger Bahnsysteme und ihrer genetischen Verflechtungen sprechen. Es kristallisierte sich heraus, dass tatsächlich Gemeinsamkeiten zwischen Migräne und psychopathologischen Phänomenen bestehen, wobei man die früheren Annahmen einer eigenständigen „Migränepersönlichkeit“ verlassen hat, aber Koinzidenzen von Migräne und speziellen Persönlichkeitsmerkmalen sowie Depression und Angst bzw. Panikzuständen nachgewiesen worden sind. (Erhöhtes Risiko von Migränepatienten für affektive Erkrankungen wie Depressionen, Panikattacken etc.)

Die Berücksichtigung solcher Persönlichkeitsstörungen ist für das aktuelle Therapiekonzept und insbesondere für die Planung der Langzeit-(Intervall)Therapie von maßgeblicher Bedeutung. So war es auch das Anliegen der Autoren in der vorliegenden Untersuchung die Variabilität und die Assoziationen von Symptomen der Depression, Ängstlichkeit und unspezifischer psychiatrischer Störungen bei Migränikern im Hinblick auf chronische Erkrankungen bzw. Chronifizierung zu überprüfen. Es konnten tatsächlich signifikante Verbindungen genereller unspezifischer psychiatrischer Symptome und Migräne im Rahmen diverser univarianter oder multivarianter statistischer Verfahren nachgewiesen werden. Keine gesicherte Assoziation hingegen fand sich mit depressiven Symptomen. Die Unterschiedlichkeiten bestehen in dieser Studie nicht nur ggü. Normpersonen sondern auch gegenüber einer Gruppe von Psoriatikern, einer Erkrankung mit hohem psychosomatischem Impact. Ergebnisse dieser Art sind für Migränepopulationen bekannt. Im vorliegendem Bericht wird dies für eine südamerikanische Patien-tengruppe gezeigt.(PW)

***** Breslau N, Lipton RB, Stewart WF, Schultz LR, Welch KMA. Comorbidity of migraine and depression. Investigating potential etiology and prognosis. Neurology 2003;60:1308-1312

Zusammenfassung: In vielen epidemiologischen Studien wurde ein Zusammenhang zwischen Migräne und Depressionen beobachtet. Dies gilt sowohl für krankenhausbasierte Register wie für epidemiologische Studien. Die amerikanischen Autoren wollten untersuchen, ob der Zusammenhang bidirektional ist, d.h. ob Migräne zur Depression prädisponiert und umgekehrt. Zu diesem Zweck wurden in einer populationsbezogenen Studie 496 Patientinnen und Patienten mit Migräne im Alter zwischen 25 und 55 Jahren erfasst und mit einer Kontrollgruppe ohne Kopfschmerzen (n=539) verglichen. Eine weitere Kontrollgruppe hatte nicht-migränöse Kopfschmerzen und umfasste 151 Personen. Alle Studienteilnehmer wurden einmalig im Jahr 1997 interviewt und erneut im Jahr 1999. Die Diagnose einer Migräne stützte sich auf die Kriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft, die Diagnose einer Depression auf den DSM-IV. Das Vorliegen einer „major depression“ im Jahr 1997 war mit einem erhöhten Auftreten einer Migräne in den nächsten 2 Jahren assoziiert (odds ratio 3,4). Dies war nicht der Fall für andere schwere Kopfschmerzen. Umgekehrt war das Vorliegen einer Migräne prädiktiv für das erste Auftreten einer Depression innerhalb von 2 Jahren mit einer odds ratio von 5,8. Das Vorliegen einer Depression hatte keinen Einfluss auf die Häufigkeit und Schwere von Migräneattacken.

Kommentar: Diese extrem wichtige Studie zeigt in einem vorbildlichen Studiendesign, dass Migräne und Depression miteinander assoziiert sind. Dies gilt nicht für andere schwere Kopfschmerzen, so dass nicht die Tatsache, dass man unter einer Migräne leidet reaktiv zu einer Depression führt. Umgekehrt prädisponiert eine Depression zur Migräne, aber nicht zu anderen schweren Kopfschmerzen. Die Stärken dieser Studie liegen in ihrem prospektiven Design und in der Verwendung validierter Instrumente zur Erfassung von Kopfschmerzen und Depressionen. Der nächste logische Schritt wäre jetzt, die genetischen Grundlagen beider Erkrankungen besser zu erfassen. (HCD)

** Couturier EGM, Bomhof MAM, Neven AK, van Duijn NP. Menstrual migraine in a representative Dutch population sample: prevalence, disability and treatment. Cephalalgia 2003;23:302-308

Zusammenfassung: Viele Frauen berichten, dass ihre Migräneattacken mit der Periode assoziiert sind. Eine rein menstruelle Migräne, d.h. Auftreten der Attacken ausschließlich während der Periode, ist allerdings selten. Die holländischen Autoren führten eine epidemiologische Studie an 1.181 Frauen im Alter zwischen 13 und 55 Jahren durch. 116 Frauen gaben an, Migräneattacken während der Menstruation zu haben, wobei bei 45 die Attacken meist zum Zeitpunkt der Periode auftraten und bei 12 ausschließlich zum Zeitpunkt der Periode. 225 Frauen gaben andere Arten von Kopfschmerzen in Assoziation mit der Menstruation an. Etwa die Hälfte der Frauen nahm orale Kontrazeptiva ein. Die meisten Frauen berichteten, dass die Einnahme oraler Kontrazeptiva keinen Einfluss auf die Häufigkeit und Schwere der Migräneattacke hatte. Die meisten Frauen, die unter menstruationsbezogenen Migräneattacken litten plus Attacken außerhalb der Periodenblutung, berichteten, dass die menstruationsassoziierten Attacken länger und schwerer waren.

Kommentar: Die hier vorliegende Studie bestätigt im Prinzip, was andere Studien bereits gefunden hatten, nämlich dass die rein menstruationsbezogene Migräne mit 3% relativ selten ist. Die Studie rekrutierte die Patientinnen über das Internat, so dass ein Bias zugunsten Frauen mit höherem Bildungsniveau vorgegeben war. Insgesamt handelte es sich um eine Studie, die früher durchgeführte Studien bestätigte Kenntnis der menstruellen und nichts Neues zu unserer Migräne beträgt. (HCD)

**** Sances G, Granella F, Nappi RE, Fignon A, Chiotto N, Polatti F, Nappi G. Course of migraine during pregnancy and postpartum: a prospective study. Cephalalgia 2003;23:197-205

Zusammenfassung: In jedem Lehrbuch der Neurologie ist nachzulesen, dass sich die Migräne während der Schwangerschaft bessert. Interessanterweise stützt sich diese Behauptung aber fast ausschließlich auf retrospektive Studien. Die italienischen Autoren führten eine prospektive Studie an 49 Schwangeren durch, die sie baten, während der Schwangerschaft und bis zu einem Monat nach der Geburt Kopfschmerztagebücher zu führen. Im ersten Trimester kam es bei 46,8%, im zweiten bei 83% und im letzten Trimester bei 87% der Frauen zu einer Besserung der Kopfschmerzen. Migränefrei blieben 10%, 53% und 79% der Frauen vom 1. bis zum 3. Trimenon. Bei 34% der Frauen kehrte die Migräne innerhalb einer Woche nach der Geburt zurück und nach dem ersten Monat bei 55,3%. Risikofaktoren für eine fehlende Besserung der Migräne während der Schwangerschaft waren menstruationsbezogene Migräne vor der Schwangerschaft und eine Hyperemesis gravidarum.

Kommentar: Die italienische Studie ist eine der wenigen prospektiven Studien zum Verlauf der Migräne während der Schwangerschaft und nach der Geburt. Sie zeigt, was viele Frauen auch spontan berichten, eine dramatische Besserung der Migräne während der Schwangerschaft, was wahrscheinlich damit assoziiert ist, dass gleichbleibend hohe Östrogenspiegel bestehen. Bei der Hälfte der Frauen kommt es nach der Geburt zum Wiederauftreten der Migräne, wobei Stillen offenbar einen protektiven Effekt hat. (HCD)

**** Lantéri-Minet M, Auray JP, El Hasnaoui A, Dartigues JF, Duru G, Henry P, Lucas C, Pradalier A, Chazot G, Gaudin AF. Prevalence and description of chronic daily headache in the general population in France. Pain 2003;102:143-149

Zusammenfassung: In einer großen epidemiologischen Studie wurde in Frankreich das Auftreten chronischer täglicher Kopfschmerzen untersucht, definiert als Kopfschmerzen an mehr als 15 Tagen im Monat. Zu diesem Zweck wurden 10.585 Personen interviewt. Die Prävalenz chronischer täglicher Kopfschmerzen betrug 2,98%. Bei 2/3 der Personen bestand eine Migräne. Die subjektive Beeinträchtigung und die Inanspruchnahme des Gesundheitssystems waren bei den Patienten mit täglichen Kopfschmerzen deutlich höher als bei Patienten mit episodischer Migräne. 88% der Patienten mit täglichen Kopfschmerzen nahmen Schmerzmittel ein, überwiegend Analgetika und nichtsteroidale Antirheumatika. Nur 4% erhielt eine spezifische Migränetherapie, 6,6% wurden prophylaktisch behandelt. Die folgenden Fachärzte wurden von den Betroffenen in abnehmender Reihenfolge konsultiert: Ophthalmologe (19%), Neurologe (13%), Gynäkologe (11%), HNO (9,3%), Rheumatologe (8,6%), Psychiater (8%), Andere (7%).

Kommentar: Die in Frankreich beobachtete Häufigkeit chronischer täglicher Kopfschmerzen entspricht mit 3% den Erhebungen in den USA, in Taiwan und in Spanien. Erwartungsgemäß steht die Migräne bei den täglichen Kopfschmerzen ganz im Vordergrund. Leider haben die Autoren versäumt, nachzufragen, bei wie viel der Patienten mit täglichen Kopfschmerzen eine Einnahme von Analgetika, nichtsteroidalen Antirheumatika oder Migränemitteln an mehr als 15 Tagen im Monat bestand und damit ein medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz. Dieser Kopfschmerz war in den anderen populationsbezogenen Studien für mehr als die Hälfte der Dauerkopfschmerzen verantwortlich. (HCD) für mehr als die Hälfteder Dauerkopfschmerzen verantwortlich. (HCD)


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