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Migräne, Pathophysiologie

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4. Clusterkopfschmerz

***** May A, Bahra A, Büchel C, Frackowiak RSJ, Goadsby PJ. PET and MRA findings in cluster headache and MRA in experimental pain. Neurology 2000;55:1328-1335

Zusammenfassung: Die Pathophysiologie des Clusterkopfschmerzes ist noch weitgehend ungeklärt. Auffällig ist, dass die Clusterperioden im Frühjahr und im Herbst besonders häufig sind und das einzelne Episoden innerhalb eines 24 Std. Zyklus häufig zu einer bestimmten Zeit, insbesondere zur Nachtzeit, auftreten. Dies legt nahe, dass Strukturen innerhalb des Gehirns, die mit der inneren Uhr assoziiert sind, wie der Hypothalamus, beim Clusterkopfschmerz eine wichtige Rolle spielen könnten. Um diese Hypothese zu untersuchen, führten die Autoren Messungen des regionalen cerebralen Blutflusses mit der Positronenemissionstomographie durch. Als zweite Methode wurde die MR-Angiographie benutzt und insbesondere die Weite der basalen Arterien untersucht. Eingeschlossen wurden in die Studie 18 Patienten mit Clusterkopfschmerz im Alter zwischen 25 und 62 Jahren. 10 der Patienten befanden sich in der Clusterperiode und bei neun von ihnen wurden die Attacken mit Nitroglycerin provoziert. Bei acht Patienten, die außerhalb der Clusterperiode waren, wurde ebenfalls Nitroglycerin verabreicht. Darüber hinaus wurden spontane Clusterattacken und experimenteller Schmerz bei freiwilligen Versuchspersonen untersucht, wobei bei diesen Capsaicin in die Stirn injiziert wurde. Während der Clusterattacken fand sich eine spezifische ipsilaterale Aktivierung im posterioren und inferioren Hypothalamus, wobei diese Aktivität nicht nachweisbar war, wenn die Patienten außerhalb der Clusterperiode mit Nitroclycerin behandelt wurden. Im übrigen wurden weitere schmerzspezifische Strukturen aktiviert, die aber auch bei anderen Schmerzzuständen aktiv sind, wie beispielsweise der kontralaterale Thalamus, das Cingulum, die ipsilateralen Basalganglien und die Insula. Sowohl bei Patienten wie bei Versuchspersonen fand sich eine Dilatation der basalen Hirnarterien. Dies würde darauf hinweisen, dass diese Form der Dilatation unspezifisch ist und bei vielen Kopfschmerzarten auftreten kann. Vermittelt wird dies am ehesten durch trigeminoparasympatische Reflexe.

Kommentar: PET-Studien, kernspintomographische Strukturuntersuchungen und funktionelle Untersuchungen sowie MR-Angiographie haben in den letzten Jahren wichtige Erkenntnisse zur Pathophysiologie von Kopfschmerzen erbracht. Die hier publizierte Arbeit zeigt ganz eindeutig, dass sich die spezifische Aktivierung bei Patienten mit Clusterkopfschmerz von denen mit Migräne unterscheidet. Bei Migränepatienten werden Strukturen im oberen Hirnstamm aktiviert, bei Clusterpatienten im Hyothalamus. Die sehr sorgfältig durchgeführten Kontrollexperimente an gesunden Probanden zeigen, dass die Vasodilatation offenbar unspezifisch ist und damit nicht nur, wie früher vermutet, bei der Migräne eine Rolle spielt. Dies könnte auch erklären, warum vasokonstriktive Substanzen wie Mutterkornalkaloide und Triptane sowohl beim Clusterkopfschmerz wie bei der Migräne wirksam sind. (HCD)

*** Sjöstrand E, Waldenlind E, Ekbom K. A follow-up study of 60 patients after an assumed first period of cluster headache Cephalalgia 2000;20:653-657

Zusammenfassung: Die schwedischen Autoren beschreiben 60 Patienten, die zwischen 1981 und 1996 in der Stockholmer Kopfschmerzambulanz mit der Diagnose einer erstmaligen Cluster-Kopfschmerzdiagnose behandelt wurden. Hierfür wurden, zum Teil retrospektiv, die seit 1988 gültigen IHS-Kriterien verwandt. 1998 wurden dann alle Patienten mit der Frage kontaktiert, ob sich weitere bouts entwickelt hatten und wie hoch der Anteil der Patienten ist, die nie wieder einen Clusterkopfschmerz erlebt haben. Sechs Patienten waren in der Zwischenzeit verstorben, weitere fünf konnten nicht kontaktiert werden. Von den verbleibenden 49 Patienten hatten immerhin 13 (26.5%) keine weitere Clusterepisoden erlitten. Die durchschnittliche Beobachtungszeit zwischen der ursprünglichen Episode und der erneuten Kontaktierung betrug hierbei 8.9 Jahre mit einer Spannbreite von 2.5-17 Jahren. Die verbleibenden 36 Patienten entwickelten weitere aktive Clusterepisoden, fünf Patienten sogar einen chronischen Cluster Kopfschmerz. Die wichtigste Aussage ist die, dass manche Patienten nur einmalig im Leben eine aktive Cluster Periode entwickeln, wenn jedoch eine zweite Episode auftrat, so war dies bei dem Löwenanteil der Patienten innerhalb der nächsten 3 Jahre nach dem “Erstereignis” der Fall.

Kommentar: Der Cluster Kopfschmerz ist mit einer angenommenen Inzidenz von 0.05-0.1% eine relativ rare Kopfschmerzerkrankung. Dies ist auch der Grund, warum sich in der Literatur nur sporadisch Beschreibungen vom natürlichen zeitlichen Verlauf einer Cluster-Kopfschmerzerkran-kung finden. Der Verdienst der Autoren besteht darin, überhaupt das Augenmerk darauf zu richten, dass 13% ihrer Patienten mit erstmaligem Ereignis keine weiteren Episoden erlitten haben. Einschränkend zu sagen ist, dass natürlich zu einem späteren Zeitpunkt wieder ein Cluster-Kopfschmerz auftreten könnte. Dies wäre nach den vorliegenden Daten jedoch unwahrscheinlich, da bei 83% der verbleibenden Patienten eine zweite Episode innerhalb der nächsten 3 Jahre nach der ersten Episode auftrat. Nach IHS-Kriterien dürften die 13% mit nur einer Clusterepisode nicht als Cluster-Kopfschmerzpatienten diagnostiziert werden, da mindestens 2 Episoden verlangt werden. Trotz der relativ geringen Ausgangszahl an Patienten unterstreicht die vorliegende epidemiologische Arbeit die gute Prognose einer Minderheit von Cluster-Kopfschmerzpatienten. Wichtig ist sicherlich der Zugriff auf eine größere Datenbank um die Prognose für Cluster Patienten besser abschätzen zu können. (MAY)


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