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06. Migräne, Akuttherapie

**** De Craen AJM, Tijssen JGP, de Gans J, Kleijnen J. Placebo effect in the acute treatment of migraine: subcutaneous placebos are better than oral placebos. J Neurol 2000;247:183-188

Zusammenfassung: Fast alle neu entwickelten Migränemittel werden zunächst in plazebo-kontrollierten, doppel-blinden Studien untersucht. Die so gewonnenen großen Datenmengen erlauben es auch, Aussagen über die Wirksamkeit von Plazebo unter unterschiedlichen Bedingungen zu machen. Die holländische Arbeitsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, zu untersuchen, ob ein Unterschied in der Plazebowirkung besteht, wenn Plazebo subkutan injiziert oder oral gegeben wird und ob darüber hinaus ein Unterschied besteht, wenn die Behandlung im Krankenhaus oder zu Hause durchgeführt wird. Die Autoren analysierten die Ergebnisse der Plazebogruppen bei insgesamt 22 publizierten Studien, in denen Sumatriptan oral und subkutan gegeben wurde. Hier wurden nur die Plazebopatienten ausgewertet. Für die Auswertung standen für die orale Gabe von Sumatriptan Daten von 921 Patienten und für die subkutane Gabe von 919 Patienten zur Verfügung. 1161 Patienten behandelten sich zu Hause und 679 wurden im Krankenhaus behandelt. Bezogen auf den primären Zielparameter, d.h. eine Besserung der Kopfschmerzen von schwer oder mittelschwer auf leicht oder keine Kopfschmerzen, ergab sich in einer univariaten Analyse eine Differenz von 6,5% zugunsten der subkutanen Gabe, in einer multivariaten Analyse eine Differenz von 5,8%. Beide Unterschiede waren eindeutig signifikant. Bzgl. des Vergleichs Behandlung zu Hause versus Krankenhaus ergab sich in der univariaten Analyse ein Unterschied von 5,1% und in der multivariaten Analyse ein Unterschied von 1,5%. In der univariaten Analyse war der Unterschied signifikant, in der multivariaten nicht. Diese Studie zeigt, daß die subkutane Gabe eines Migränemittels einen höheren Plazeboeffekt erzielt als die orale Gabe. In Zahlen ausgedrückt reagierten 26% aller Patienten auf die orale Gabe von Plazebo und 32% auf die subkutane Gabe.

Kommentar: Die hier vorgelegte Studie ist deswegen wichtig, weil sie zeigt, daß nicht für alle Arten von Anwendungen von Migränemitteln dieselben Plazeboraten erwartet werden können. Dies ist besonders dann wichtig, wenn zur Darstellung des therapeutischen Erfolges die Differenz zwischen Verum und Plazebo als therapeutischer Gewinn angegeben wird. Der physiologische Hintergrund, warum die subkutane Gabe eines Plazebos besser wirkt als die orale, ist bisher nicht geklärt. Möglicherweise werden aber durch die subkutane Gabe vermehrt Endorphine ausgeschüttet. Entgegen alltäglicher Erwartungen spielt es allerdings keine Rolle, ob das Plazebo zu Hause oder im Krankenhaus gegeben wird. Dessen ungeachtet sollten Migränestudien möglichst versuchen, die Behandlungsrealität im klinischen Alltag, d.h. außerhalb des Krankenhauses widerzuspiegeln. (HCD)

**** Geraud G, Olesen J, Pfaffenrath V, Tfelt-Hansen P, Zupping R, Diener H-C, Sweet R on behalf of the Study Group. Comparison of the efficacy of zolmitriptan and sumatriptan: issues in migraine trial design. Cephalalgia 2000;20: 30-38

Zusammenfassung: In der vorliegenden Arbeit wird eine internationale, multizentrische, doppelblinde, placebo-kontrollierte klinische Studie vorgestellt, in der Zolmitriptan (5 mg) im Vergleich zu Sumatriptan (100 mg) auf Ihre Wirkung in der Behandlung der akuten Migräneattacke an 1058 Patienten (behandelt p.o. jeweils nur eine Attacke) untersucht wurde. Der primäre Endpunkt der Studie (Reduzierung der Kopfschmerzen von schwer oder mittel auf leicht oder gar nicht nach 2 Stunden ohne Wiederkehren der Kopfschmerzen) wurde in 39% unter Zolmitriptan, 38% unter Sumatriptan und 32% unter Placebo erreicht, ohne signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. In einer Subgruppen Analyse schienen die Patienten mit initial leichteren Attacken etwas besser auf die Verumsubstanzen anzusprechen. Bei initial schweren Attacken spielte die gegebene Substanz keine Rolle. Diese Studie steht damit in eklatantem Widerspruch zu fast allen klinischen Studien, die Triptane bisher testeten.

Kommentar: Anti-Migräne Substanzen wie Triptane sind im klinischen Alltag und in zahlreichen Studien hochwirksam in der Attackencoupierung der Migräne. Die vorliegende Studie, durchgeführt nach allen Voraussetzungen der „evidence-based-medicine“, scheint nun an einer hohen Patientenfallzahl das Gegenteil zu beweisen: Die Wirkung der Triptane geht in dieser Studie, die im übrigen an „Triptannaiven Patienten“ durchgeführt wurde, über eine Placebowirkung nicht hinaus. Die Autoren kommen denn auch in Erklärungsnöte. Auffällig ist die hohe Placeboquote von 44% in der Behandlung von initial schweren Migräneattacken. Erklärt wird dies durch die hohe Erwartungshaltung der Patienten und Untersucher, da das Studienprotokoll eine 8:8:1 Randomisierung vorgesehen hat, wodurch alle Beteiligten von einer 16:1 Chance ausgehen konnten, ein Verum zu benutzen. Dies erklärt zum Teil den fehlenden signifikanten Effekt der Verumgruppe. Zu der 8:8:1 Randomisierung kam es, laut Aussage der Autoren, durch das Votum der Ethikkommissionen, die Sumatriptan wegen seiner hohen Effektivität als „Goldstandard“ der Attackentherapie sahen und einen Placeboarm somit für unnötig oder sogar unethisch hielten. Die Autoren schließen daraus, daß in der Evaluierung von zukünftigen Studien eine so geringe Anzahl Placebo-Behandlungen wie nötig eingeplant werden sollten, jedoch eine genügend große Anzahl Placebobehandlungen nötig ist. Man könnte diese Studie auch anders interpretieren: das nämlich das Placebo eines der besten Medikamente ist, das der Mensch je erfunden hat. (MAY)

*** Gallagher RM, Dennish G, Spierings ELH, Chitra R. A comparative trial of zolmitriptan and sumatriptan for the acute oral treatment of migraine. Headache 2000;40:119-128

Zusammenfassung: Sumatriptan ist in der Zwischenzeit das älteste Triptan, es ist vor 10 Jahren zugelassen worden. Als nächstes folgte Zolmitriptan (in Deutschland als Ascotop“ im Handel), das üblicherweise in einer Dosis von 2,5 mg eingesetzt wird. In den Vereinigten Staaten ist auch eine 5 mg Dosis von Zolmitriptan zugelassen. Sumatriptan ist den USA als 25 und 50 mg Dosierung verfügbar (in Deutschland 50 und 100 mg oral). In den Vereinigten Staaten wurde jetzt eine große Vergleichsstudie an 1445 Migränepatienten durchgeführt. Die Patienten erhielten entweder Zolmitriptan 2,5 oder 5 mg oder Sumatriptan 25 oder 50 mg. Pro Attacke durften die Patienten eine Tablette einnehmen und frühestens nach 4 Stunden eine zweite Tablette, wenn es zu wiederkehrenden Kopfschmerzen kam. Bis zu sechs Attacken wurden innerhalb eines 6-Monatszeitraums behandelt. Das primäre Zielkriterium war die Besserung der Kopfschmerzen von stark oder mittelstark auf leichte oder keine Kopfschmerzen nach zwei Stunden. Sekundäre Zielvariablen waren die Besserung der Kopfschmerzen nach ein bzw. vier Stunden bzw. Besserung der Kopfschmerzen ohne wiederauftretende Kopfschmerzen innerhalb von 24 Stunden. Darüber hinaus wurde ein weiteres subjektives Kriterium erfaßt, nämlich was der Patient unter einer für ihn bedeutsamen therapeutischen Wirkung betrachtete (meaning-ful migraine relief). Konsistenz der Wirkung wurde daran gemessen, daß Patienten bei 80% und mehr der Attacken eine therapeutische Wirkung hatten. Um in die statistische Analyse eingeschlossen zu werden, mußten die Patienten mindestens zwei Attacken behandelt haben. Von den 1445 Patienten behandelten 1012 mindestens zwei Migräneattacken und 1043 behandelten sechs Migräneattacken.

Bezogen auf das primäre Zielkriterium hatten 67,1% der Patienten eine Besserung der Kopfschmerzen nach zwei Stunden mit 2,5 mg Zolmitriptan und 64,8% mit 5 mg Zolmitriptan. Die Vergleichsdaten mit Sumatriptan betrugen 59,6% für 25 mg Sumatriptan und 63,8% für 50 mg Sumatriptan. Die Unterschiede waren für Zolmitriptan 2,5 mg versus Sumatriptan 25 mg und Zolmitriptan 5 mg versus Sumatriptan 25 mg signifikant. Eine Wirkung ohne wiederauftretende Kopfschmerzen war signifikant häufiger bei 2,5 mg Zolmitriptan versus 25 mg Zolmitriptan, bei 5 mg Zolmitriptan versus 25 mg Sumatriptan und bei 5 mg Zolmitriptan versus 50 mg Sumatriptan. Die Konsistenz, d.h. eine Antwort bei über 80% der Attacken fand sich bei 47,1% der Patienten mit 2,5 mg Zolmitriptan, 44,3% bei 5 mg Zolmitriptan, 33% bei 25 mg Sumatriptan und 39,2% bei 50 mg Sumatriptan. Bezogen auf wiederauftretende Kopfschmerzen ergaben sich zwischen beiden Medikamenten keine Unterschiede. Ebenfalls keine Unterschiede ergaben sich bei der Behandlung der autonomen Begleiterscheinungen wie Übelkeit sowie bei Besserung von Licht- und Lärmempfindlichkeit. 51% aller Patienten berichteten über zumindest eine Nebenwirkung, wobei die Zahl der Nebenwirkungsmeldungen mit der Zahl der behandelten Attacken abnahm. Die häufigsten Nebenwirkungen waren unsystematischer Schwindel, Übelkeit, Parästhesien, Müdigkeit und Engegefühl im Bereich des Halses oder der Brust. Zwischen den zwei Medikamenten und den vier Dosierungen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede bezgl. der Nebenwirkungen.

Kommentar: Die hier vorliegende Studie zeigt eine deutliche Unterlegenheit einer 25 mg Dosis von Sumatriptan gegenüber 2,5 und 5 mg Zolmitriptan. Dies ist nicht anders zu erwarten, da allein schon die Bioverfügbarkeit und die pharmakologischen Daten sowie Vorerfahrungen mit 25 mg Sumatriptan dies nahelegen würden. Für deutsche Patienten ist am relevantesten der Vergleich zwischen 2,5 mg Zolmitriptan und 50 mg Sumatriptan. Hier findet sich nach zwei Stunden eine signifikante Überlegenheit von Zolmitriptan sowohl bezüglich der Wirksamkeit wie der für den Patienten bedeutsamen Besserung der Migränesymptomatik. Der Unterschied ist allerdings nach einer und nach vier Stunden nicht mehr signifikant. Nummerisch findet sich in der hier durchgeführten Studie bezüglich Erfolgsquote zwischen 2,5 und 5 mg Zolmitriptan kein Unterschied. Es gibt aber Patienten, die mit 2,5 mg Zolmitriptan keine Wirkung haben, aber mit der höheren Dosis ansprechen. Daher wäre es wünschenswert, wenn in absehbarer Zeit auch die 5 mg Dosis von Zolmitriptan für deutsche Migränepatienten zur Verfügung stehen würde. (HCD)

*** Sheftell F, O`Quinn S, Watson C, Pait D, Winter P. Low migraine headache recurrence with naratriptan: Clinical parameters related to recurrence. Headache 2000;40:103-110

Zusammenfassung: Naratriptan ist eines der neuen Triptane, das mit der Vorgabe entwickelt wurde, wirksamer und oral besser resorbierbar zu sein als Sumatriptan. In klinischen Studien ließ sich allerdings die bessere klinische Wirksamkeit bei einer Dosis von 2,5 mg nicht belegen. Es ergaben sich aber Hinweise darauf, daß wiederauftretende Kopfschmerzen mit 17-28% seltener auftreten als bei Sumatriptan, wo die entsprechenden Zahlen bei 26-39% liegen. Wiederkehrende Kopfschmerzen sind definiert als Kopfschmerzen, die von ursprünglich stark oder mittelstark auf leicht oder keine Kopfschmerzen zurückgehen und dann wieder einen Schweregrad von mittelschwer oder schwer erreichen. Erfassungszeitpunkt sind üblicherweise 24 Stunden nach Medikamenteneinnahme.

Die hier vorliegende Metaanalyse untersuchte mögliche Prädiktoren für das Wiederauftreten von Kopfschmerzen aus vier doppelblinden plazebokontrollierten Studien, in denen jeweils 2,5 mg Naratriptan eingesetzt wurde. Es handelte sich um eine Dosisfindungsstudie, um eine Parallelgruppenstudie, bei der eine Migräneattacke behandelt wurde, eine Parallelgruppenstudie in der drei Migräneattacken behandelt wurden und eine weitere Studie, in der vier Attacken im cross over Design untersucht wurden. Insgesamt konnten so 349 Patienten ausgewertet werden. 79 (23%) zeigten wiederkehrende Kopfschmerzen, 270 nicht. Die Schwere der Kopfschmerzen vor Medikamenteneinnahme hatten keinen Einfluß auf das Wiederauftreten von Kopfschmerzen. Die Dauer der Kopfschmerzen vor Medikamenteneinnahme hatte allerdings einen signifikanten Einfluß. Patienten, die ihre Kopfschmerzen innerhalb von drei Stunden nach Beginn behandelten, hatten eine Wiederauftretensrate von 20% im Vergleich zu 28% bei den Patienten, die ihre Migräneattacke später behandelten. Patienten, bei denen vier Stunden nach Medikamenteneinnahme keine Kopfschmerzen mehr bestanden, hatten in 17% wiederkehrende Kopfschmerzen, solche, bei denen noch leichte Kopfschmerzen bestanden, in 32%. Die mittlere Zeit bis zum Wiederauftreten der Kopfschmerzen über alle Naratriptan behandelten Patienten hinweg betrug 11,8 Stunden. Patienten, die ihren Kopfschmerz behandelten, wenn er mittelstark war, erlebten ihre wiederkehrende Kopfschmerzen nach durchschnittlich 14,5 Stunden und solche, bei denen der Kopfschmerz stark war, nach durchschnittlich 9,3 Stunden. Die Autoren schließen aus ihrer Studie, daß es in gewissem Umfang möglich ist hervorzusehen, welche Patienten nach der Einnahme von Naratriptan wiederauftretende Kopfschmerzen bekommen werden. Die wichtigsten Vorhersagefaktoren sind die Schmerzen bei Medikamenteneinnahme, der Zeitraum zwischen Beginn der Kopfschmerzen und Behandlung und der Erfolg der Behandlung nach vier Stunden.

Kommentar: Nimmt man die Ergebnisse der hier vorliegenden Studie ernst, müßte man Patienten mit wiederkehrenden Kopfschmerzen beim Einsatz von Naratriptan dazu raten, ihre Kopfschmerzen bereits zu behandeln, wenn sie mittelschwer sind und nicht zu lange mit der Medikamenteneinnahme zu warten. Dem stehen allerdings die nicht unerheblichen Kosten von Naratriptan entgegen. Dies bewegt viele Patienten im klinischen Alltag die Einnahme so lange hinauszögern bis sie wirklich sicher sind, daß sie eine richtige Migräneattacke bekommen. Die hier vorliegende Metaanalyse aus vier Studien belegt, daß Naratriptan tatsächlich eine niedrige Wiederauftretensrate von Kopfschmerzen nach initialer Wirksamkeit hat. Dies kann nicht ausschließlich daran liegen, daß die Wirksamkeit selber schlechter ist als bei den anderen Triptanen, da bei der intravenösen Gabe von Naratriptan sehr hohe Erfolgsquoten mit gleich niedrigen Recurrenceraten beobachtet wurden. Aus Sicht von Patienten sind wiederauftretende Kopfschmerzen unangenehm und werden von diesen als Therapieversager interpretiert. Leider gibt es bisher noch kein Triptan, das in der Lage wäre, dieses Problem zu lösen. (HCD)

** Vijayan N, Peacock JH. Spinal cord infarction during use of zolmitriptan: A case report. Headache 2000;40:57-60

Zusammenfassung: Alle Triptane haben vasokonstriktive Eigenschaften. Daher kann es in Einzelfällen auch zu vaskulären Komplikationen wie einem Schlaganfall oder einem Myokardinfarkt kommen. Die amerikanischen Autoren berichten hier über eine 50jährige Frau, die an vier aufeinanderfolgenden Tagen wegen Migräne jeweils 2,5 oder 5 mg Zolmitriptan einnahm. Am vierten Tag wachte sie morgens gegen 4.00 Uhr mit erneuten Kopfschmerzen auf und nahm 2,5 oder 5 mg Zolmitriptan. Um 7.00 Uhr wachte sie auf und bemerkte ein Taubheitsgefühl am rechten Fuß. Am späten Vormittag bemerkte sie dann eine Hypopathie der rechten Körperseite mit einer Temperaturempfindungsstörung und einer Blasenstörung. Motorische Ausfälle bestanden nicht. Bei der neurologischen Untersuchung fand sich eine ausgefallene Schmerz- und Temperaturempfindung distal von Th9 auf der rechten Seite. In der initialen Kernspintomographie ergaben sich keine Auffälligkeiten. Bei der Kontrolle fand sich eine Hyperintensität, die sich über mehrere Segmente erstreckte und die primär den lateralen spinothalamischen Trakt umfaßte. Die abgenommenen Laborwerte waren normal. Die Autoren schließen daraus, daß es sich um eine spinale Ischämie gehandelt habe, möglicherweise als Folge der Einnahme von Zolmitriptan.

Kommentar: Im vorliegenden Fall ist es schwierig, eine wirklich kausale Beziehung zwischen der Einnahme von Zolmitriptan und der spinalen Läsion herzustellen. Die Autoren haben leider verpaßt, eine Liquorpunktion durchzuführen, so daß differentialdiagnostisch auch eine Myelitis in Frage käme. Diese wäre mit dem Zeitablauf der Entwicklung der neurologischen Ausfälle über mehrere Stunden hinweg besser vereinbar als eine spinale Ischämie. Ungewöhnlich im vorliegenden Fall wäre auch, daß die Patientin keine vaskulären Risikofaktoren hatte. Sollte tatsächlich ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Zolmitriptan und der spinalen Läsion bestehen, wäre die einzig mögliche Erklärung die Kumulation des Medikamenteneffekts durch die Einnahme an vier aufeinanderfolgenden Tagen. Deshalb empfiehlt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft Triptane innerhalb einer Migräneattacke nicht mehr als 3 x anzuwenden. (HCD)

*** Olesen C, Steffensen FH, Sørensen HT, Nielsen GL, Olsen J. Pregnancy outcome following prescription for sumatriptan. Headache 2000;40:20-27

Zusammenfassung: Epidemiologisch gesehen betrifft die Migräne am häufigsten Frauen im gebärfähigen Alter. Mutterkornalkaloide sind in der Schwangerschaft kontraindiziert, da befürchtet wird, daß die vasokonstriktiven Eigenschaften sich auch in der Plazenta auswirken und so zu einem reduzierten Blutfluß zum Foetus führen. Aus den selben rein theoretischen Überlegungen ist bisher auch Sumatriptan in der Schwangerschaft kontraindiziert. In Dänemark gibt es ein gutes Verschreibungsregister, das Medikamentenverschreibungen erfaßt. Über dieses Register konnten 34 Frauen identifiziert werden, die während der Schwangerschaft Sumatriptan einnahmen, wobei dies zu einem Zeitpunkt geschah, als die Frauen noch nicht wußten, daß sie schwanger sind. Um einen möglichen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Sumatriptan und Auswirkungen auf Schwangerschaft und Kind festzustellen, wurden die 34 Patientinnen mit 89 Patientinnen verglichen, die ebenfalls unter einer Migräne litten, während der Schwangerschaft aber weder Mutterkornalkaloide noch ein Triptan eingenommen hatten und diese wiederum mit 15.195 Frauen ohne Migräne. Es wurde eine logistische Regressionsanalyse berechnet bezogen auf das Risiko eines niedrigen Geburtsgewichts (weniger als 2.500 g) und einer vorzeitigen Geburt (vor der 37. Schwangerschaftswoche). Patientinnen, die Sumatriptan während der Schwangerschaft einnahmen, hatten ein höheres Risiko einer vorzeitigen Geburt.

Für alle Migränepatientinnen zusammen ergab sich ein niedrigeres Geburtsgewicht der Neugeborenen im Vergleich zu den Patientinnen ohne Migräne. Wurde allerdings über alle Gruppen hinweg für die Zahl der Schwangerschaften Rauchen und Alter korrigiert, ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede für ein niedriges Geburtsgewicht. Allerdings bestand weiterhin ein signifikanter Effekt einer früheren Geburt. Keines der Kinder, die nach Sumatriptan-Einnahme geboren wurden, hatten einen angeborenen Entwicklungsfehler. Die Autoren schließen, daß ihre Beobachtungen einer früheren Geburt und eines geringeren Geburtsgewichtes entweder durch die Gabe von Sumatriptan oder durch die Migräneerkrankung als solche bedingt ist.

Kommentar: Das bezogen auf seine absoluten Zahlen sehr viel größere Schwangerschaftsregister der Firma Glaxo Wellcome ergibt bisher keinen Anhalt dafür, daß es durch die Einnahme von Sumatriptan während der Schwangerschaft zu einer vermehrten Mißbildungsrate, zu Frühgeburten oder zu einem verringerten Geburtsgewicht kommt. Ein wesentliches Problem der hier durchgeführten epidemiologischen Studie ist die extrem kleine Zahl der Patientinnen, die Sumatriptan in der Schwangerschaft einnahmen (n=34) verglichen mit der extrem hohen Zahl von Frauen, die dies nicht taten (n=15.955). Dies erklärt auch die extreme Schwankungsbreite der 95% Konfidenzintervall für die hier berechneten odds ratios. Die hier gefundenen Ergebnisse sollten aber nochmals Anlaß sein, experimentell den Einfluß von Sumatriptan auf die Durchblutung der Plazenta zu untersuchen. (HCD)

****Nappi G, Johnosn FN. The clinical efficacy of zolmitriptan. Rev Contemp Pharmacother 2000;11:99-118

Zusammenfassung: Es gibt in der Zwischenzeit eine Vielzahl publizierter Studien zur Pharmakologie und Wirksamkeit von Zolmitriptan. Die vorliegende Arbeit faßt die gesamte bisher publizierte Literatur zu diesem Thema zusammen und erspart damit dem Leser die mühselige Suche vieler Einzelartikel. In den Dosisfindungsstudien ergab sich, daß 2,5 mg Zolmitriptan das beste Verhältnis zwischen Wirkung und Nebenwirkungen hat. 5 mg Zolmitriptan ist etwas wirksamer, hat aber auch etwas häufiger Nebenwirkungen. Die Vergleichsstudien mit Sumatriptan ergaben, daß in den meisten Studien keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Substanzen bestanden. Lediglich 25 mg Sumatriptan sind weniger wirksam als 2,5 und 5 mg Zolmitriptan. Vergleichsstudien mit Rizatriptan fanden, daß Rizatriptan etwas schneller wirkt, daß aber die Wirksamkeit nach zwei Stunden zwischen den beiden Substanzen nicht sehr unterschiedlich ist. Wie andere Triptane ist Zolmitriptan nicht wirksam, wenn es während der Auraphase einer Migräneattacke gegeben wird. Für die meisten biologischen Variablen gibt es keinen Zusammenhang mit der Wirkung von Zolmitriptan. Dies gilt für Alter, Geschlecht, Körpergewicht, Auftreten der Migräneattacke außerhalb oder während der Menstruation sowie Schwere und Dauer der Migräne vor Behandlung.

Kommentar: Für alle Kliniker, die eine umfassende Information über die bisher durchgeführten Zolmitriptan-Studien haben wollen, ist dies eine wichtige Publikation, die allerdings erwartungsgemäß leicht firmengefärbt aber doch objektiv die bisherigen Studien zu Zolmitriptan kompetent referiert. (HCD)


DMKG