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Kopfschmerz-News

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01. Migräne, Epidemiologie

**** Michel P, Dartigues JF, Duru G, Moreau J, Salamon R, Henry P (1999) Incremental absenteeism due to headaches in migraine: results from the Mig-Acess French national cohort. Cephalalgia 19: 503-510.

Die direkten Kosten der Migräne sind relativ gut untersucht. Diese umfassen Kosten für diagnostische Maßnahmen und die Therapie, hier insbesondere Medikamentenkosten für Akuttherapie und Prophylaxe. Weniger gut untersucht sind in Europa die indirekten Kosten, die beispielsweise durch Fehlen am Arbeitsplatz entstehen.

Einige Studien, die bisher in Europa durchgeführt wurden, sind retrospektiv oder beinhalten keine gute Vergleichsgruppe. Die französischen Autoren zogen zunächst eine zufallsverteilte Stichprobe von 6000 Haushalten in Frankreich, basierend auf dem nationalen Wählerregister. Den entsprechenden Haushalten wurde ein Fragebogen zugeschickt, der nach generellen Gesundheitsproblemen und Kopfschmerzen fragte. Insgesamt 80% der angeschriebenen Haushalte beantworteten den Fragebogen. In einer zweiten Stufe wurde dann den Betroffenen, die Kopfschmerzen angaben, ein weiterer Fragebogen zugeschickt, der Migräne nach den Kriterien der Internationalen Kopfschmerz-Gesellschaft erfragte. Auf diese Weise wurden 650 Patienten mit Migräne identifiziert, die mit 650 Kontrollen gematcht wurden bezüglich Geschlecht, Alter und Beschäftigungsverhältnis. Alle an der Studie teilnehmenden Personen wurden gebeten, in den Monaten Mai, Juni und Juli 1995 ein Tagebuch zu führen, darin zu verzeichnen, an welchen Tagen sie arbeiteten und wann nicht, unter welchen Krankheiten sie jeweils litten, und was die Gründe für Tage mit Arbeitsunfähigkeit waren.

Von den 650 Patienten mit Migräne und den 650 Kontrollen nahmen 385 Migränepatienten (59%) und 313 Kontrollen (48%) an der Studie teil und lieferten vollständige Datensätze. Die beiden Populationen waren bezüglich Geschlecht, Alter, Beschäftigungsverhältnis und Versicherungsstatus identisch. Bei den Migränepatienten wurden in dem 3-Monats-Zeitraum 12% aller Tage mit Kopfschmerzen angegeben, während dies nur 2% aller Tage in der Kontrollgruppe waren. Es gab keinen Unterschied zwischen Arbeitstagen und Wochenenden. Die Anzahl der Tage mit Kopfschmerzen betrug bei den Patienten mit Migräne in dem Zeitraum 7,7 Tage, und bei den Kontrollen im Mittel 2,2 Tage. Arbeitsunfähigkeit wegen Kopfschmerzen gaben 19,5% der Patienten mit Migräne an und 11,7% der Kontrollen. Im Mittel gingen bei den Migränepatienten 1,45 Tage wegen Kopfschmerzen pro 3 Monaten verloren im Verhältnis zu 0,96 bei den Nicht-Migräne-Patienten. Dieser Unterschied war mit p-Wert von 0,04 gerade eben signifikant.

Interessant war die Beobachtung, dass viele Migränepatienten trotz bestehender Kopfschmerzen zur Arbeit gingen. Werden die verlorenen Arbeitstage auf die gesamte arbeitende Bevölkerung Frankreichs hochgerechnet, liegen die Kosten, die durch Arbeitsausfall bei Migräne entstehen, bei etwa 5,22 Mrd französischen Francs und umgerechnet bei etwa 240 USD pro Migränepatient. Die Bedeutung der Pharmaökonomie ist in verschiedenen Gesundheitssystemen ganz unterschiedlich. In Deutschland beispielsweise gibt es völlig unterschiedliche Etats für Krankheitskosten (Krankenkassen) und die Bezahlung von Arbeitsausfall (Arbeitsgeber). In den Vereinigten Staaten gibt es integrierte Krankenversorgungssysteme (HMO), die von großen Arbeitsgebern finanziert werden und die bei ihren Therapieüberlegungen beide Aspekte, nämlich die Kosten der Therapie und die Kosten eines Arbeitsausfalls bei inadäquater Therapie berücksichtigen. Ob eine bestimmte Therapie, wenn sie beispielsweise teuer ist, in ein entsprechendes Therapiekonzept eines HMO aufgenommen wird, hängt u.a. davon ab, ob die Behandlungskosten insgesamt geringer sind als der eingesparte Verlust von Arbeitszeit. Die Zahlen, die die französischen Autoren gefunden haben, stimmen relativ gut mit anderen prospektiv erhobenen Daten aus England, Dänemark, Holland und den Vereinigten Staaten überein. Cull et al. berechneten für einen Dreimonatszeitraum in Großbritannien, dass im Jahr bei Migränepatienten 1,9 Arbeitstage verloren gehen, währenddessen die entsprechenden Zahlen in Dänemark bei 2 Tagen liegen, in Holland bei 3,2 Tagen und in den Vereinigten Staaten bei 4,4 – 7,4 Tagen pro Jahr.

Dies belegt insgesamt die volkswirtschaftliche Notwendigkeit einer guten und wirksamen Akuttherapie für Patienten mit Migräneattacken. (HCD)


DMKG