07. Prophylaxe
* Landy S, McGinnis J, Curlin D, Laizure C (1999) Selective serotonin reuptake inhibitors for migraine prophylaxis. Headache 39:28-32.
Es gibt keinen Zweifel, daß bei der Migräne serotonerge Mechanismen eine wichtige Rolle spielen. Trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin haben eine gewisse migräneprophylaktische Wirkung. Die meisten anderen modernen selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer zeigten in offenen Studien eine Wirksamkeit in der Migräneprophylaxe, die sich allerdings in Placebo-kontrollierten Studien nicht reproduzieren ließen.
Die vorliegende kleine Studie untersuchte den neuen selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer Sertralin in der Migräneprophylaxe. Die vorliegende Placebo-kontrollierte Studie wurde an 27 Migränepatienten durchgeführt. 14 erhielten Placebo und 13 erhielten initial 50 mg Sertralin und nach 4 Wochen 100 mg. Die Studienmedikation wurde über insgesamt 12 Wochen gegeben. In einem Tagebuch wurde die Häufigkeit und Schwere von Migräneattacken festgehalten. Es wurde ein Kopfschmerzindex berechnet, der die Zahl der Kopfschmerztage berücksichtigte, wobei Tage mit leichten Kopfschmerzen mit dem Faktor 1, Tage mit mittelschweren Kopfschmerzen mit dem Faktor 2 und Tage mit schweren Kopfschmerzen mit dem Faktor 3 multipliziert wurden. In gleicher Weise wurde ein Index berechnet, der die funktionelle Beeinträchtigung der Patienten erfaßte.
Für keinen der genannten Erfolgsparameter, nämlich Besserung der Kopfschmerzen oder Besserung der Funktionsfähigkeit im Alltag ergab sich ein Unterschied zwischen Placebo und Verum. 4 Patienten in der Placebo-Gruppe brachen die Behandlung wegen Nebenwirkungen ab. 7 Patienten brachen die Behandlung in der Sertralin-Gruppe ab.
Die vorliegende Studie ist ein gutes Beispiel dafür, wie Studien zur Migräneprophylaxe unter gar keinen Umständen durchgeführt werden sollten. Eine Patientenzahl von 27 ist viel zu gering, um eine Wirkung eines Migräneprophylaktikums zu belegen. Studien mit weniger als 100 Patienten sind ohne Aussagekraft. Die Autoren benutzten nicht die seit langem vorgegebenen Erfolgparameter der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft nämlich die Reduktion der Migräneattacken über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten. Der hier verwendete Kopfschmerzindex ist nicht linear verteilt und eignet sich daher nicht zur Erfolgsbeurteilung. Die Patienten durften bis zur ersten Einnahme von Sertralin oder Placebo ihre bisherige Migräneprophylaxe beibehalten. Dieses Verfahren ist nicht sehr sinnvoll, da die meisten Migräneprophylaktika eine lange Halbwertzeit haben und der Effekt auch nach Absetzen lange Zeit anhält. Trotz all dieser Schwierigkeiten paßt diese Studie aber in das Gesamtbild anderer Studien, die belegen, daß selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer wie Sertralin, Fluoxetin, Fluvoxamin und Paroxetin in der Migräneprophylaxe und bei anderen Kopfschmerzen nicht wirksam sind. (HCD)