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Kopfschmerz-News 3/1999 Andere Kopfschmerzen – DMKG

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10. Andere Kopfschmerzen

** Vilming ST, Kloster R (1997). The time course of postlumbar pumcture headache Cephalalgia 18: 97-100.

Die vorliegende, prospektive Studie untersuchte den Zeitverlauf des postpunktionellen Kopfschmerzes, wobei sie die gängige Hypothese eines Duralecks als Ursache bestätigt wurde.

237 Probanden erhielten eine Lumbalpunktion mit einer G20 oder G22 Nadel. Nach Punktion beurteilten sie zu Hause nach 8 und 22 Stunden im Rahmen eines Aufstehmanövers auftretende Kopfschmerzen. Es waren die Kopfschmerzstärke nach einer 100mm visuellen Analogskala im Liegen und die Zeit bis zur der Veränderung, d.h. Verschlimmerung bzw. Verbesserung der Kopfschmerzen zunächst nach Aufstehen und anschließend nach Hinlegen zu beurteilen. Wenn auch nicht explizit erwähnt, so scheinen ca. 50 Probanden einen postpunktionellen Kopfschmerz entwickelt zu haben. Die Ergebnisse entsprechen den Erwartungen und der klinischen Erfahrung und ergeben den stärksten Kopfschmerz im Liegen am ersten Tag des Kopfschmerzauftretens und den schwächsten am letzten Tag. Analog war nach Aufstehen die Kopfschmerzstärke während der letzten beiden Tage geringer als am ersten Tag. Die Zeit bis zum Auftreten der Kopfschmerzen war am ersten Tag am kürzesten und am letzten Tag am längsten; die Zeit bis zur Entwicklung des Kopfschmerzmaximums war am letzten Tag am längsten. Die Zeitspanne bis zur Verbesserung des Kopfschmerzes nach erneutem Hinlegen veränderte sich nicht. Die Zeitangaben bewegten sich im Bereich von Sekunden (15-60). Die genannten Unterschiede waren in der statistischen Auswertung signifikant. Die durchschnittliche Kopfschmerzdauer in Tagen wird nicht genannt. In der Diskussion schließen die Autoren, daß die Ergebnisse der Studie in der Liquorleck-Theorie aufgehen, da die Zeit bis zum Auftreten des Kopfschmerzes nach Aufstehen bei großem Duraleck unmittelbar nach LP kürzer sein muß durch große Mengen austretenden Liquors als am Ende bei sich verschließendem Leck.

Die Theorie der Schmerzdesensibilisierung bei länger bestehendem Duraleck sehen die Autoren nicht unterstützt durch die länger werdende Zeitspanne bis zum Auftreten der Kopfschmerzen nach Aufstehen gegen Ende der Periode des postpunktionellen Kopfschmerzes. Insgesamt werden die bekannten Zeitverläufe des postpunktionellen Syndroms durch diese Studie bestätigt, wobei die Fragebögen und die zu Hause durchgeführte Beurteilung der Kopfschmerzen als methodische Mängel anzusehen sind. So ist die ebenfalls von den Probanden zu beurteilende Zeitspanne pro Tag, die liegend verbracht werden mußte, inkorrekt ausgefüllt und mußte aus der Auswertung ausgenommen werden. Die Angabe der Inzidenz und der absoluten Zeitverläufe des postpunktionellen Kopfschmerzes in dieser Studie wäre wünschenswert gewesen. (CU)

*** Schmand B, Lindeboom J, Schagen S, Heijt R, Koene T, Hamburger HL (1998). Cognitive complaints in patients after whiplash injury: the impact of malingering. J Neurol Neurosurg Psychiatry 64: 339-343.

Nach einer Beschleunigungsverletzung der HWS berichten Patienten im Rahmen eines posttraumatischen neurasthenischen Syndroms von Konzentrations- und Gedächtsnisstörungen. Es wird kontrovers diskutiert, inwieweit diese neuropsychologischen Defizite funktioneller Natur sind, oder als Ausdruck von Aggravation oder Simulation bei Begehrenshaltung der Patienten im Rahmen von meist vorhandenen Entschädigungsansprüchen oder anhängigen Rechtsstreitigkeiten mit notwendigen Begutachtungsverfahren gewertet werden müssen. Die Studie sollte 2 Fragen klären: Wie hoch ist 1. bei einem chronischen postraumatischen Syndrom nach HWS-Beschleunigungsverletzung der Anteil von Patienten, die aggravieren oder simulieren und 2. läßt sich ein Einfluß von Aggravation auf die Ergebnisse neuropsychologischer Konzentrations- und Gedächtnistestuntersuchungen nachweisen.

Untersucht wurden 108 Patienten im Mittel 2 Jahre nach einer HWS-Beschleunigungsverletzung der Grade I-III (Quebec-Klassifikation), die über Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen im Rahmen eines chronischen posttraumatischen Syndroms klagten und die entweder begutachtet wurden, schon Entschädigung erhalten hatten oder aber in keine forensische Angelegenheit verwickelt waren. Mit Hilfe eines von der Gruppe entwickelten Testverfahrens zur Objektivierung von Aggravationstendenzen konnte aufgezeigt werden, daß 61% der Gutachtenspatienten aggravierten, jedoch nur 29% der “Normalpatienten” ohne gutachterliche Fragestellung, d. h. der Anteil von Aggravation war bei Patienten mit noch nicht abgeschlossener Begutachtung doppelt so hoch.

Es wird gefolgert, daß 2 von 3 Gutachtenspatienten aggravieren, dagegen nur 1 Patient von 4 Patienten ohne anstehende Begutachtung. Alle Patienten waren jedoch hinsichtlich der Gedächtnis- und Konzentrationsleistungen signifikant beeinträchtigt im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit gesunden Personen. Die Untersuchung bestätigt somit prinzipiell die Existenz posttraumatischer neuropsychologischer Defizite nach einer HWS-Beschleunigungsverletzung. Sie weist aber auch darauf hin, daß zumindest bei Patienten, die sich in einem Begutachtungsverfahren befinden, ein belegbarer Anteil der Konzentrations- und Gedächtnisdefizite auf Aggravationstendenzen zurückzuführen sind und relativiert somit eine hirnoganische Bedingtheit der Hirnleistungsdefizite. (MK)

*** Antonaci F, Pareja JA, Caminero AB, Sjaastad O (1998). Chronic paroxysmal hemicrania and hemicrania continua. Parenteral indomethacin: the “Indotest”. Headache 38:122-128

Die chronisch-paroxysmale Hemicranie ist eine sehr seltene Kopfschmerzentität, die überwiegend bei Frauen auftritt und mit sehr heftigen, häufigen und kurzdauernden (im Schnitt 20-minütigen) halbseitigen Kopfschmerz-Attacken einhergeht. Bei der Hemicrania continua handelt es sich um einen ununterbrochenen heftigen halbseitigen Kopf- und Gesichtsschmerz, der in den meisten Fällen auf Indomethacin anspricht. Die Arbeitsgruppe in Pavia, Italien, hat mit Unterstützung von Ottar Sjaastad einen Test entwickelt, um relativ zuverlässig die Diagnose einer chronisch-paroxysmalen Hemicranie oder eine Hemicrania continua anhand der Injektion von Indomethacin zu stellen.

In die Studie wurden 8 Patientinnen und Patienten mit chronisch-paroxysmaler Hemicranie und 12 mit Hemicrania continua aufgenommen. Die Patienten erhielten alle zunächst 50 mg Indomethacin intramuskulär und einige von ihnen am nächsten Tag 100 mg. Unbehandelt betrug der Zeitabstand zwischen zwei Attacken bei der paroxysmalen Hemicranie 51 min. Nach der Injektion von 50 mg Indomethacin betrug die minimale Dauer der durch Indomethacin induzierten Refraktärperiode 3 Stunden, die mittlere Dauer 8 Stunden und die maximale Dauer 15 Stunden. Nach 100 mg Indomethacin betrug die minimale Dauer der Refraktärperiode 7 Stunden, die mittlere Dauer 10,5 Stunden und die maximale Dauer 17,5 Stunden. Bei der Hemicrania continua führte die Injektion von 50 mg Indomethacin zur Schmerzfreiheit innerhalb von durchschnittlich 73 min. Der therapeutische Effekt hielt im Schnitt 13 Stunden an. Zwischen den beiden Dosierungen von 50 und 100 mg Indomethacin bestand kein Unterschied.

Der hier vorgestellte Test ist sicher sinnvoll, da er zu relativ reproduzierbaren Ergebnissen führt. Nach Erfahrung des Referenten sprechen aber nicht alle Patienten mit chronisch-paroxysmaler Hemicranie oder Hemicrania continua auf Indomethacin an. (HCD)

* Spierings ELH, Schroevers M, Honkoop PC, Sorbi M (1998). Presentation of chronic daily headache: a clinical study. Headache 38: 191-196.

Chronische tägliche Kopfschmerzen sind ein wichtiges Problem in spezialisierten Kopfschmerz-Ambulanzen. Sie machen dort etwa 15 – 20% der Patienten aus. Hinter dem Krankheitsbild versteckt sich zum Teil ein chronischer Spannungskopfschmerz, zum Teil aber auch ein medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz. Die amerikanischen und holländischen Autoren untersuchten hier aus einer Kopfschmerz-Ambulanz 258 Patienten, die unter einem chronischen täglichen Kopfschmerz litten, der mindestens 1 Jahr anhielt.

Es handelte sich um 208 Frauen und 50 Männer. Bei den meisten Patienten war der Kopfschmerz beim Erwachen morgens bereits vorhanden. Bei der Hälfte der Patienten nahm er im Laufe des Nachmittags und Abends zu. Bei 35% der Patienten kam es mindestens zweimal pro Woche zusätzlich zu Übelkeit und Erbrechen. 94% der Patienten hatten intermittierend auch sehr ausgeprägte Kopfschmerzen, die eine spezielle Einnahme von Schmerz- oder Migränemitteln erforderlich machten. Die Autoren erfaßten auch den Konsum von Coffein (im Schnitt 170 mg pro Tag) und die Einnahme von Analgetika (im Schnitt 1.860 mg ASS-Äquivalente).

Dies ist eine typische Studie, die keinen Nutzen für die KopfschmerzForschung bringt. So wurde bei keinem der Patienten erfaßt, was der ursprüngliche Kopfschmerz war. Es wurde auch nicht die Einnahme spezifischer Migränemittel erhoben bzw. nach prophylaktischer Einnahme von Akutmedikationen gefragt. Damit können die Autoren nicht die kritischste Frage beantworten, nämlich wieviele Patienten in Wirklichkeit einen medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz hatten. Studien wie diese sind aus methodischen und wissenschaftlichen Gründen absolut unbrauchbar. (HCD)


DMKG