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Kopfschmerz-News 3/1999 Medikamenten-induzierter Kopfschmerz

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09. Medikamenten-induzierter Kopfschmerz

** Nicolodi M, del Bianco PL, Sicuteri F (1997). The way to serotonergic use and abuse in migraine. Int J Clin Pharm Res 17:29-84.

Sicuteri vertritt seit vielen Jahren und Jahrzehnten die Serotonin-Hypothese der Migräne. Er postuliert, daß bei Migränepatienten eine erhöhte Sensitivität für Serotonin besteht. Die chronische Einnahme eines spezifischen Rezeptorantagonisten müßte daher die Rezeptorempfindlichkeit heraufregulieren, während die Exposition mit einem Rezeptoragonisten die Rezeptorempfindlichkeit herunterregeln sollte.

In vier getrennten Studien untersuchten die Autoren daher, ob der Serotoninantagonist Methysergid eine migräneprophylaktische Wirkung hat. Dieser Untersuchung wurde im Vergleich zu dem etablierten Migräneprophylaktikum Propranolol durchgeführt. In zwei weiteren Studien wurden über drei Monate Sumatriptan und Ergotamin verabreicht. In die erste Studie wurden 256 Patienten mit Migräne, davon 195 Frauen aufgenommen. Sie erhielten entweder 15,4 µg/kg Methysergid oder 615 µg/kg Propranolol über einen Zeitraum von 3 Monaten. Die Reduktion der Migränehäufigkeit und die Reduktion der Schwere der Migräneattacken wurde im Vergleich zu einer vierwöchigen Auswaschphase evaluiert, in der lediglich nicht-steroidale Antirheumatika zur Akutmedikation erlaubt waren.

Unter beiden Behandlungsformen kam es zu einer signifikanten Reduktion der Häufigkeit der Migräneattacken von 5 pro Monat auf 3 pro Monat. Die Schwere der Migräneattacken wurde auf einer visuellen Analogskala mit 58 bzw. 56 im Vergleich zu 61 vor der Prophylaxe angegeben. Auch dieser Unterschied war signifikant. In der zweiten Studie wurden die Patienten prophylaktisch mit 1,53 µg/kg/Tag Sumatriptan oder mit 30,7 µg/kg Ergotamin am Tag behandelt. In diese Studie wurden 70 bzw. 64 Patienten aufgenommen.

Am Ende des dreimonatigen Beobachtungszeitraums hatte die Häufigkeit der Migräneattacken leicht zugenommen. Bei beiden Behandlungsformen kam es zu einer Zunahme der Häufigkeit der Migräneattacken, die Schwere der Migräneattacken blieb unverändert. Auffällig war, daß es im Beobachtungszeitraum auch zu einer Zunahme der Akutmedikation mit Sumatriptan bzw. Ergotamintartrat kam. Die Autoren schließen aus ihren Beobachtungen, daß der dauernde Gebrauch von Ergotamin und Sumatriptan die Migräne verschlechtert und daß dieser Effekt am ehesten über eine vermehrte Sensitivität von Serotoninrezeptoren zu erklären ist.

Die Studie hat zahlreiche methodische Mängel. So sind in den verschiedenen Studienarmen die Patientenzahlen sehr unterschiedlich, und es wird keine Placebo-Gruppe mitgeführt. Der Leser kann auch nur vermuten, daß sich die Migränehäufigkeit jeweils auf einen Vierwochenzeitraum bezieht. Dessen ungeachtet ist es die erste Studie, die prospektiv belegt hat, daß die tägliche Einnahme von Ergotamin oder Sumatriptan die Migränefrequenz erhöht und interessanterweise auch dazu führt, daß dieselben Substanzen häufiger zur Akuttherapie benutzt werden.(HCD)


DMKG