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Kopfschmerz-News 6/1998 Medikamenten-induzierter Kopfschmerz

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7. Medikamenten-induzierter Kopfschmerz

*** De Brohe ME, Elseviers MM (1998). Analgesic nephropathy. N Engl J Med 338:446-452

Die Analgetika-Nephropathie ist eine langsam progrediente Erkrankung bei Patienten, die regelmäßig Schmerzmittel insbesondere Mischpräparate einnehmen, und ist charaktrisiert durch eine Nekrose der Papillen, eine chronische interstitielle Nephritis und Kalkablagerungen. Anfang der 90er Jahre betrug die Inzidenz der Analgetika-Nephropathie bei den Patienten, die dialysiert werden mußten, 0,8% in den USA, 3% in Europa und 9% in Australien. Drei prospektive Fall-Kontrollstudien klärten, mit Hilfe welcher Untersuchungsmethode sich die Analgetika-Nephropathie von anderen Nierenerkrankungen, die zur Niereninsuffizienz führen, differenzieren läßt. Hierbei zeigte sich, daß die Computertomographie die höchste Sensibilität und Spezifität hatte, da sie am ehesten in der Lage ist, die Kalkablagerungen in den Nierenpapillen zu entdecken. Im folgenden beschäftigen sich die Autoren mit der Frage, ob die Analgetika-Nephropathie ausschließlich oder ganz überwiegend durch den Einsatz von Phenacetin bedingt war. Diese Frage ist deswegen schlecht zu beantworten, da fast alle bis zum Verbot von Phenacetin auf dem Markt befindlichen Präparate auch andere Analgetika enthielten. Phenacetin hat einen ausgeprägten first-pass-Effekt in der Niere und wird ganz überwiegend zu Acetaminophen metabolisiert. Es ist daher weiterhin unklar, ob Phenacetin selbst oder Acetaminophen nephrotoxisch ist. Zweifelsfrei ist, daß etwa ab dem Beginn der 90er Jahre die Häufigkeit der Analgetika-Nephropathie zurückgegangen ist. Informationen aus Belgien und Australien sind in dieser Hinsicht interessant. In beiden Ländern wurde durch gesetzgeberische Maßnahmen Phenacetin als Bestandteil von Schmerzmitteln verboten. Ein zeitlicher Zusammenhang mit der Abnahme an Analgetika-Nephropathien ergibt sich aber weniger mit dem Verbot von Phenacetin (bzw. in einem Zeitraum von 5 Jahren danach) als mit dem Verbot von analgetischen Mischpräparaten. Der Zusammenhang zwischen der häufigen Einnahme von Analgetika und Nierenschäden ist sowohl durch eine Reihe von Fall-Kontrollstudien wie durch einige prospektive Studien eindeutig belegt. Allerdings wird auch eine nicht unerhebliche Zahl von Patienten beschrieben, bei denen die Kombination von Acetylsalicylsäure und Paracetamol, Acetylsalicylsäure und Pyrazolonderivaten bzw. Paracetamol und Pyrazolonderivaten insbesondere in Kombination mit Coffein und Codein zur Analgetika-Nephro-pathie führte. Aus der Literatur ergibt sich auch eindeutig, daß bei Mißbrauch von analgetischen Monosubstanzen wie Acetylsalicylsäure und Paracetamol sehr selten Nierenschäden auftreten. Die Rolle nicht-steroidaler Antirheumatika für die Entstehung von Nierenschäden ist noch nicht ausreichend geklärt. Hier fehlen methodisch einwandfreie Fall-Kontrollstudien und größere prospektive Studien. Zweifelsfrei war es ein richtiger und wichtiger Schritt, Phenacetin aus analgetischen Mischpräparaten zu entfernen. Solang aber weiterhin nicht mit letzter Sicherheit geklärt ist, ob nicht auch andere analgetische Mischpräparate, wenn sie mißbräuchlich eingenommen werden, zu Nierenschäden führen können, sollte womöglich analgetische Monosubstanzen der Vorzug gegeben werden. (HCD)

**** Cramer DW, Harlow Bayani-Jalina, Titus-Ernstoff L, Bohlke K, Welch WR, Greenberg ER (1998). Over-the-counter analgesics and risk of ovarian cancer. Lancet 351:104-107

Zum Repertoire der Migräneprophylaxe gehören u. a. auch nicht-steroidale Antirheumatika wie Naproxen und seit kurzem auch Acetylsalicylsäure. Von diesen Substanzen ist bekannt, daß sie bei Langzeit-Anwendung zur chronischen Gastritis und zu Magen-Darm-Ulcera führen können. Interessante Aspekte im Zusammenhang mit malignen Erkrankungen ist die Beobachtung, daß es unter regelmäßiger Einnahme von Acetylsalicylsäure und nicht-steroidalen Antirheumatika zu einer Reduktion des Risikos des Colonkarzinoms kommt insbesondere bei Hochrisiko-Patienten. Die amerikanischen Autoren haben daher untersucht, ob es möglicherweise auch einen Zusammenhang zwischen Schmerzmitteln und Ovarialkarzinom gibt. Sie führten eine Fall-Kontrollstudie an 563 Frauen mit Ovarialkarzinomen durch und verglichen diese mit 523 Frauen ohne maligne Erkrankungen. Bei allen Patienten und Kontrollen wurde ein umfangreiches Interview durchgeführt und erfaßt, ob sie mindestens einmal pro Woche in einem Zeitraum von mindestens 6 Monaten Acetylsalicylsäure, Paracetamol oder Ibuprofen eingenommen hatten. Die Odds-ratio für das Risiko eines Ovarialkarzinoms war bei den Patientinnen, die die Acetylsalicylsäure regelmäßig eingenommen hatten, mit 0.75 reduziert. Das Risiko war bei Ibuprofen unverändert und bei Paracetamol auf 0.52 erniedrigt. Kontrollvariablen waren Alter, Ausbildungsstand, Religion, Einnahme von oralen Kontrazeptiva und chronische Gelenk- oder Kopfschmerzen. Die hier gefundenen Prävention von Ovarialkarzinomen bei häufiger Einnahme von Paracetamol sollte dessen ungeachtet aber kein Grund sein, Patientinnen, die diese Substanz regelmäßig einnehmen und chronische Kopfschmerzen haben, trotzdem zu entziehen. Der Mechanismus, über den Paracetamol möglicherweise vor Ovarialkarzinomen schützt, ist ungeklärt. Der Mechanismus muß unterschiedlich sein von dem, wie Acetylsalicylsäure bei der Prävention von Colonkarzinomen wirkt, da Paracetamol keinen Einfluß auf die Prostaglandinsynthese hat. (HCD)


DMKG