Therapieempfehlungen der Deutschen Migräne- und
Kopfschmerzgesellschaft
Verordnung von Sauerstoff zur Akuttherapie einer Cluster-Attacke
– Praktische Hilfe –
Von Elke Leinisch und Arne May
Zur Attackencoupierung bei episodischen und chronischen Cluster-Kopfschmerz
ist nach den Richtlinien der DMKG die Inhalation von 7 l reinem Sauerstoff
15min über Maske in sitzender Position die Therapie der ersten Wahl und
bei etwa 70% der Patienten wirksam. Alternativ liegen hinsichtlich der
Wirksamkeit für 6mg Sumatriptan subcutan zur Attackencoupierung die
besten Ergebnisse vor.
Aufgrund einer Anfrage an die DMKG hinsichtlich der praktischen
Vorgehensweise bei der Verordnung von Sauerstoff für die
Cluster-Patienten setzten wir uns telefonisch mit einigen privaten und
nichtprivaten Krankenkassen in Verbindung, um uns nach deren Richtlinien zu
erkundigen. Die einzelnen Auskünfte waren unterschiedlich, so dass hier
leider keine einheitliche, alle Kassen betreffende Richtlinie vorgestellt
werden kann. Bei einigen Kassen ist eine Genehmigung durch den medizinischen
Dienst erforderlich.
Wir würden aus praktischen Gründen folgendes Vorgehen
vorschlagen:
1. Die Diagnose sollte durch einen in der Diagnostik und Therapie der
Kopfschmerzerkrankungen erfahrenen Kollegen gesichert sein.
2. Vor der Verordnung sollte die Wirksamkeit der Sauerstoffinhalation in der
Attackencoupierung z.B. in der Klinik überprüft worden sein.
3. Bei Kassenpatienten sollte ein Hilfsmittelrezept zur Verordnung eines
Sauerstoffgerätes zur Inhalation von reinem Sauerstoff über Maske
ausgestellt werden, in dem die etwa benötigte Menge an Sauerstoff
(7l/min, ca. 15min/Attacke, durchschnittliche Attackenhäufigkeit) und
die Diagnose vermerkt sein sollten. Bei Privatpatienten kann ein
Privatrezept ausgestellt werden, das ebenfalls die obigen Angaben
enthält. Hier scheint es in der Genehmigung von Hilfsmitteln
Unterschiede bezüglich des Versicherungsumfangs der Patienten zu geben,
so dass es sich empfiehlt, den Versicherungsstatus und -umfang durch den
Patienten zu überprüfen.
4. Die einzelnen Krankenkassen haben zum Teil eigene Lieferanten für
die Geräte und behalten es sich unter Umständen dann auch vor, die
Geräte und Lieferanten selbst zu benennen. Am sinnvollsten erscheint es
daher, das Rezept und gegebenenfalls ein Attest (Vorschlag hierzu siehe
unten) nach einem kurzen Anruf bei der zuständigen Krankenkasse direkt
an die Krankenkasse zu schicken oder faxen. Entscheidend ist die zügige
Bearbeitung aufgrund der Akuität der Symptomatik. Der Patient kann mit
dem Rezept auch direkt in ein Sanitätshaus gehen, das das
Sauerstoffgerät dann zur Verfügung stellt, sollte aber vorher die
Genehmigung durch die Kasse erfragt haben. Privatpatienten sollten ebenfalls
bei ihrer Kasse nachfragen, ob sie das Rezept dort unmittelbar einreichen
sollen und die Kasse eigene Geräte hat oder ob die Erstattung
nachträglich erfolgt.
5. Da die Indikation für Sauerstoff zur Akuttherapie der
Cluster-Attacke nicht allen Sachbearbeitern gleich geläufig ist, sollte
dem Rezept ein ärztliches Attest beigefügt werden, das diese
Indikation erläutert (siehe unten). Dieses Attest kann auch
heruntergeladen werden. Spezielle Besonderheiten den Patienten und das
Problem betreffend sollten natürlich ergänzt werden (z.B.
Kontraindikationen für Triptane). Dass ein solches Attest an die
Krankenkasse erstellt wird, sollte mit dem Patienten vorher besprochen und
entsprechend dokumentiert werden. Einige Kassen, auch private Kassen
möchten die medizinische Notwendigkeit auf diese Art begründet
haben.
Nicht sinnvoll ist ein Attest eines Lungenfacharztes. Dieagnose und
Therapie des Cluster Kopfschmerzens gehört als primäres
Kopfschmerzsyndrom in das neurologische Fachgebiet.
Für Rückmeldungen und Fragen stehen wir selbstverständlich
zur Verfügung. Auch Rückmeldungen über Erfahrungen und evtl.
Schwierigkeiten interessieren uns: e-mail:
Link:
Vorschlag für ein mögliches Attest zum Einsetzen in den eigenen
Briefkopf:
Patient Herr/FrauXY, geb. xy;
Diagnose: Episodischer/chronischer Cluster-Kopfschmerz
Verordnung von Sauerstoff zur Attackencoupierung bei Cluster-Kopfschmerz
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Anlage finden Sie ein Rezept über die Verordnung von 7l/min
100%-Sauerstoffstoff zur Inhalation über Maske für meienen
Patienten Herrn/Frau XY, geb. xy. zur Coupierung der Kopfschmerz-Attacken
bei episodischen/chronischem Cluster-Kopfschmerz.
Cluster-Kopfschmerz ist eine primäre Kopfschmerzform, die sich klinisch
in heftigsten, attackenförmig auftretenden, einseitigen Kopfschmerzen
äußert. Begleitend sind autonome Erscheinungen wie hängendes
Augenlid, Verkleinerung der Pupille, Tränenfluss, Überwärmung
und Nasenlaufen auf der betroffenen Seite, weshalb der Kopfschmerz in die
Gruppe der sogenannten „trigemino-autonomen“ Kopfschmerzen
eingeordnet wird. Während der akuten Attacke sind die Patienten
ruhelos, was in der Literatur als „pacing around“ bezeichnet
wird. Unbehandelt dauert eine Kopfschmerzattacke typischerweise zwischen 15
und 180 min und tritt bis zu 8x täglich, gehäuft nachts, auf.
Therapeutisch greift man hier zum einen durch vorbeugende Medikamente (z.B.
Verapamil, Lithium oder Methysergid) ein, damit die Attacken seltener werden
bzw. nicht mehr auftreten und durch Akuttherapie der einzelnen Attacken ein.
Mittel der ersten Wahl nach den Empfehlungen der Deutschen Migräne- und
Kopfschmerzgesellschaft und der internationalen Literatur zur Coupierung der
Cluster-Attacke ist die Inhalation von 7l 100% Sauerstoff über Maske
für die Dauer von 15min in sitzender vorne übergebeugter Haltung.
Alternative medikamentöse Therapie ist die Verabreichung von 6mg
Sumatriptan s.c. (Imigran-Spritzen), was jedoch die unter Umständen
nebenwirkungsreichere Alternative darstellt, zudem nicht beliebig oft
eingesetzt werden kann und zum Teil auch mit vorbeugenden Medikamenten
(Methysergid, Lithium) interagieren kann.
Die Verabreichung von Sauerstoff ist bei 70% der Patienten wirksam. Bei
Herrn/Frau XY wurde die erfolgreiche Coupierung der Cluster-Attacke durch
die Inhalation von Sauerstoff in unserer/meiner Klinik/Praxis bereits
überprüft.
Da Herr/Frau XY unter einem episodischen/chronischen Cluster-Kopfschmerz
seit xy mit einer Episodenfrequenz von xy/Jahr und einer Dauer von xy
Monaten ist aus jetziger Sicht davon auszugehen, dass Herr/Frau XY auf
längere Dauer auf die Therapie mit Sauerstoff angewiesen ist. Parallel
zur Akuttherapie wurde zur prophylaktischen Behandlung xy bereits
eingeleitet.
Ich/wir bitte/n um Genehmigung der Verordnung für ein
Sauerstoffgerät und Kostenübernahme. Sollten sie bezüglich
des weiteren Procederes oder der Auswahl der Lieferanten oder Geräte
irgendwelche Vorgaben haben, bitte/n ich/wir um umgehende entsprechende
Mitteilung.
Wir danken Ihnen bereits vorab für Ihre Bemühungen und verbleiben
mit freundlichen Grüßen