Wechseljahre: Hormongaben können bei Migräne-Patientinnen die Attackenzahl steigern
Nehmen Migräne-Patientinnen vor oder nach den Wechseljahren Hormone ein, leiden sie deutlich häufiger unter Migräne-Attacken als Migräne-Patientinnen, die keine Hormonsubstitution betreiben: Diese zufällige Beobachtung machten Mediziner der Harvard Medical School bei einer Studie mit 1001 Krankenschwestern im Alter über 45 Jahren, über die in den Kopfschmerz-News der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) berichtet wird.
Eigentlich hatten die Forscher, wie der Informationsdienst “Kopfschmerz-News” kürzlich berichtete, ein anderes Ziel: Die Gruppe um Isabela M. Bensenor von der Abteilung für präventive Medizin des Brigham and Women’s Hospitals, eines Teils der Harvard Medical School in Boston, wollte herausfinden, ob die Gabe kleiner Mengen Acetylsalicylsäure (ASS) die Häufigkeit, Dauer und Schwere von Migräne-Attacken bei Frauen beeinflusst.
Bensenors Team machte sich bei seinem Vorhaben eine weitaus größere, seit fast 20 Jahren laufende US-Studie zunutze: Mit dieser “Woman’s Health Study”, an der fast 40.000 Krankenschwestern freiwillig teilnehmen, suchen Forscher unter anderem nach Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall sowie für Krebs. Um herauszufinden, ob die auch als Blutverdünner wirksame Acetylsalicylsäure das Risiko für Herz- oder Hirninfarkt senkt, schluckt eine Hälfte der Teilnehmerinnen jeden zweiten Tag 100 Milligramm ASS, die andere ein Scheinmedikament („Placebo“).
Aus dieser riesigen Teilnehmerschar wählte Bensenors Gruppe insgesamt 1001 Probandinnen aus, die alle unter häufigen Migräne-Anfällen litten, unter vergleichbaren Umständen lebten und über 45 Jahre alt waren. 525 von ihnen nahmen ASS, der Rest Placebo. Häufigkeit und Schwere der Migräne-Attacken erfassten die Forscher 12 und 36 Monate nach Studienbeginn mit Hilfe von Fragebögen. Zudem baten sie die Patientinnen, die Attacken in Tagebüchern zu notieren.
Das eigentliche, kürzlich im Fachblatt „Cephalalgia“ veröffentlichte Ergebnis der aufwändigen Untersuchung fiel eher ernüchternd aus: Häufigkeit, Dauer und Schwere der Migräne-Attacken nahmen in der Aspirin-Gruppe zwar leicht ab, wiesen aber keine statistisch signifikante Differenz zu der Placebo-Gruppe auf.
„Wahrscheinlich war die ASS-Dosis – ursprünglich zur Infarkt-Vorbeugung gedacht – zu niedrig, kommentieren die Experten der DMKG, „um eine Migräne-prophylaktische Wirkung zu haben“.
Überraschender sind zwei nebenbei ermittelte Resultate:
- Mehr als der Hälfte der Teilnehmerinnen beider Gruppen berichtete nach zwölf Monaten über eine deutliche Abnahme der Häufigkeit von Migräne-Attacken; nach 36 Monaten meldeten dies sogar zwei Drittel der Beteiligten – ein Hinweis, so Prof. Hans-Christoph Diener von der Neurologischen Universitätsklinik Essen, dass Migräne bei älteren Frauen häufig spontan, ohne zusätzliche Medikamente zurückgeht.
- Unter deutlich mehr Migräne-Attacken litten dagegen jene Migräne-Patientinnen, die vor oder nach den Wechseljahren mit Hormonen behandelt wurden. Bei Frauen, welche eine Hormon-Substitution nach den Wechseljahren bekamen, war die Migräne-Häufigkeit sogar doppelt so hoch wie bei unbehandelten Teilnehmerinnen.
Frauen, die nach Beginn ihrer Hormon-Ersatz-Therapie häufiger als zuvor unter Migräne-Attacken leiden, raten die Kopfschmerz-Experten, nach Rücksprache mit ihrem Gynäkologen zunächst eine dreimonatige Hormon-Pause einzulegen und zu beobachten, was mit der Migräne geschieht.
Eine Liste mit Kopfschmerz-Experten in der jeweiligen Region
ist beim Generalsekretär und Pressesprecher der DMKG erhältlich.
PD Dr. Peter Kropp
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Institut für Medizinische Psychologie
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Die Mitglieder-Liste und weitere Informationen über Kopfschmerz und Migräne auch unter: http://www.dmkg.de