Kopfschmerzen: Die Halswirbelsäule ist nur selten die Ursache
(München) Schäden und Störungen an der Halswirbelsäule sind nur selten die Ursache von Kopfschmerzen. Dennoch wird diese Diagnose sehr häufig – und damit meistens zu Unrecht – gestellt. Woran man den “Halswirbelsäulen-Kopfschmerz” erkennt und wie er behandelt wird, beschreiben Experten der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft in der neuesten Ausgabe der Münchener Medizinischen Wochenschrift (MMW)
Nur bei drei bis fünf Prozent der Kopfschmerzpatienten sind Schäden und Störungen an der Halswirbelsäule die Ursache der Beschwerden. In der täglichen Praxis wird diese Diagnose von Ärzten jedoch sehr häufig gestellt – “zu häufig und zu Unrecht”, schreiben Experten der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft in der neuesten Ausgabe der Münchener Medizinischen Wochenschrift (MMW). Dabei kann die Diagnose vergleichsweise einfach gestellt werden, stellt das Neurologen-Team um Professor Andreas Straube vom Münchener Universitätsklinikum Großhadern fest.
Typische Symptome des Halswirbelsäulen-Kopfschmerzes, im Fachjargon “zervikogener Kopfschmerz” genannt, sind:
- Der Schmerz ist auf eine Kopfseite beschränkt und wechselt nicht die Seite
- Es handelt sich um einen Dauerkopfschmerz mit wechselnder Intensität
- Treten die Beschwerden in Attacken auf, dauern sie Tage bis Wochen
- Der Schmerz ist dumpf, ziehend, stechend oder bohrend, nicht pulsierend
- Die aktive und passive Beweglichkeit von Hals und Nacken ist eingeschränkt
- Die Schmerzen können durch Bewegungen der Halswirbelsäule oder den Druck auf bestimmte Triggerpunkte ausgelöst bzw. verstärkt werden
- Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit (ähnlich wie bei der Migräne) sind selten und deutlich schwächer ausgeprägt
- Mitunter treten auch Schwindel, Benommenheit, Schulter- oder Armschmerzen,Schluckbeschwerden bzw. ein Kloßgefühl im Hals auf
Degenerativen Veränderungen an der Halswirbelsäule, die auf dem Röntgenbild erkennbar sind, werde nach Meinung der Experten ein zu hoher Stellenwert beigemessen. “Nach heutigem Kenntnisstand geht der Ursprung der Schmerzen auf verschiedenartige Strukturen im Nacken oder am Hinterkopf zurück.” Dazu gehören Nerven, Gelenke, Muskeln, Sehnen, Bandscheiben und Bänder. Entsprechend vielfältig und komplex können daher auch die Ursachen der Schmerzreize sein.
Mangel an Therapiestudien
Auf ungesichertem Fundament ruhen bei dieser Kopfschmerz-Form jedoch die meisten Therapiemethoden, wissenschaftliche Studien sind Mangelware. “Nach bisherigen Erfahrungen ist dieser Schmerz mit Analgetika bzw. nichtsteroidalen Antirheumatika kaum zu beeinflussen”, stellt das DMKG-Team fest. Ebenso ist unklar, ob physikalische Therapiemaßnahmen oder Manualtherapie helfen. Auch die Wirksamkeit von Akupunktur oder der transkutanen elektrischen Nerven- stimulation (TENS) ist nicht bewiesen.
Werden bestimmte Nervenwurzeln im Bereich der Halswirbelsäule mit Lokalanästhetika örtlich betäubt, verschwindet der Schmerz. Solche Leitungsblockaden, die in erster Linie zur Diagnostik dienen, können nach den Erfahrungen der DMKG-Experten vor allem im Frühstadium die Beschwerden jedoch mehrere Monate lang unterdrücken. Ebenso raten die Spezialisten zu einer physikalischen Therapie, um beispielsweise körperliche Fehlhaltungen des Patienten zu korrigieren. “Allerdings”, so lautet die Empfehlung, “sind solche Maßnahmen im Akutstadium nicht sinnvoll.” Vielmehr soll eine solche Behandlung verhindern, daß die Beschwerden nach einer Akutbehandlung erneut auftreten.
Quelle: Gabriele Wekerle, Walter Pöllmann, Andreas Straube Der zervikogene Kopfschmerz, Münchener Medizinische Wochenschrift 141(1999), S. 33 – 36
Interview-Wünsche an:
Prof. Dr. Andreas Straube
Neurologische Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität
Klinikum Großhadern
Marchioninistr. 15, 81377 München
Tel: 089/7095-3900
Fax: 089/7095-8883
Eine Liste mit Kopfschmerz-Experten in der jeweiligen Region
ist beim Generalsekretär und Pressesprecher der DMKG erhältlich.
Prof. Dr. Gunther Haag
Elztal Klinik
Pfauenstr. 6, 79215 Elzach-Oberprechtal
Tel.: (07682) 805-333, Fax: (07682) 805-135
Die Mitglieder-Liste und weitere Informationen über Kopfschmerz und Migräne auch unter: http://www.dmkg.de