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Häufig gestellte Fragen


“Ist das Tragen einer Halskrawatte nach einem Halswirbelsäulen-Schleudertrauma sinnvoll ?”
 
“Verhaltensmedizinische und nichmedikamentöse Maßnahmen beim Cluster-Kopfschmerz”
  “Wie muß der Patient mit primären Kopfschmerzen untersucht werden?
a: Ist eine körperliche Untersuchung bei primären Kopfschmerzerkrankungen überhaupt notwendig?

b: Sollte bei jedem Patienten mit Migräne, Spannungskopfschmerz oder anderen selteneren primären Kopfschmerzerkrankungen eine Computertomographie oder Kernspintomographie gemacht werden?”  
“Welche nichtmedikamentösen Therapieverfahren haben sich bei der Migränebehandlung bewährt?”
 
“Was erwarten die Eltern von einer Kopfschmerzambulanz für Kinder und Jugendliche?”
 
“Woran können Eltern erkennen, ob und wie rasch ihr Kind aufgrund von Kopfschmerzen ärztliche Hilfe benötigt?”
 
“Welche Schritte sollten Eltern eines Kindes mit Kopfschmerzen veranlassen, was können sie selbst tun?”
 
“Ich habe seit heute mittag Kopfschmerzen, so stark wie noch nie zuvor in meinem Leben. Der Schmerz trat plötzlich innerhalb von Sekunden auf und betrifft den ganzen Kopf. Was soll ich tun?”
 
“Ich habe seit vielen Jahren 3 mal im Monat Migräne. Der Kopfschmerz ist klopfend und fast immer rechts. Zusätzlich habe ich sehr häufig starkes Erbrechen und muß zu Bett gehen. Ich habe seit heute Nacht wieder Migräne. Diesmal ist aber der Kopfschmerz sehr viel stärker als sonst und außerdem auf der linken Kopfhälfte. Muß jetzt eine Kernspintomographie durchgeführt werden?”
 
“Ich habe seit einigen Tagen einen dumpfen Kopfschmerz. Einen solchen Kopfschmerz kenne ich, jedoch hat er bisher nie länger als einen Tag gedauert. Zusätzlich zu den Kopfschmerzen kam es heute morgen schon zweimal zu Zuckungen der linken Hand für einige Minuten. Muß ich etwa unternehmen?”
  “Ich bin 51 Jahre alt und leide seit dem 12. Lebensjahr unter Migräne. Als Lehrerin kann ich es mir nicht erlauben, ständig auszufallen. Aber die Migräne wird immer häufiger. Zur Zeit brauche ich eigentlich jeden Tag 2 Cafergot-Zäpfchen, um über den Vormittag zu kommen. Abends bin ich zwar völlig erschöpft, kann aber trotzdem ohne eine Tablette Valium nicht schlafen. Gibt es nicht noch bessere Medikamente gegen meine Migräne?”   “Mein Arzt sagt, daß meine häufigen Kopfschmerzen durch meine Schmerzmittel verursacht sind. Er hat gesagt, ich soll gar keine Medikamente mehr einnehmen. Ich habe es mehrfach versucht, aber ohne Medikamente halte ich die Kopfschmerzen einfach nicht aus. Gibt es einen leichteren Weg?”   “Ich bin 32 Jahre alt und habe kleine Kinder im Alter von 1, 3 und 5 Jahren. Durch die Schwangerschaft ist meine Migräne nicht seltener geworden, sondern hat sogar an Häufigkeit zugenommen. Ich nehme jeden Tag Migränemittel ein. Nun hat der Neurologe, zu dem mich mein Hausarzt überwiesen hat, festgestellt, daß ich einen medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz habe. Nun soll ich eine Schmerzmittelentzug machen. Wie soll ich das machen, wenn ständig drei kleine Kinder etwas von mir wollen. Ich kann mich nicht einfach drei Tage ins Bett legen. Können Sie mir weiterhelfen?”   “Mein Arzt hat bei mir den Verdacht auf einen Schmerzmittelkopfschmerz und hat mir zu einem stationären Medikamentenentzug geraten. Da ich in einer verantwortungsvollen Position berufstätig bin, wäre eine stationäre Behandlung für mich äußerst problematisch. Könnte ein solcher Entzug evtl. auch ambulant durchgeführt werden?”   “Wann sollten Migräne-Betroffene eine Verhaltenstherapie in Betracht ziehen?”   “Gibt es eine Migräne-Persönlichkeit, die psychotherapeutisch behandelt werden muß?”   “Was ist das Ziel einer psychologischen Schmerztherapie?”   “Gibt es antiepileptische Medikamente, die in der Intervall-Behandlung der Migräne vorbeugend eingesetzt werden können?”   “Gibt es weitere Antiepileptika, deren Wirksamkeit belegt ist?”   “Haben Antiepileptika größere Nebenwirkungen als herkömmliche Intervall-Medikamente?”   “Hilft Magnesium gegen Migräne?”   “Entsteht Migräne durch Magnesiummangel?”   “Was ist bei der Einnahme von Magnesium zu beachten?”   “Gibt es einen posttraumatischen Kopfschmerz?”   “Beeinflußt die Schwere des Traumas die Kopfschmerzhäufigkeit?”   “Gibt es eine posttraumatische Migräne?”   “Worauf muß ich als Migräniker bei meiner Lebensführung achten?”   “Was bedeutet eigentlich Verhaltenstherapie bei Kopfschmerzen?”   “Wodurch ist der Kopfschmerz nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einem sog. HWS-Schleudertrauma charakterisiert?”   “Wie lange hält der posttraumatische Kopfschmerz nach einer Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule in der Regel an?”   “Wie wird der akute posttraumatische Kopfschmerz nach einer HWS-Beschleunigungsverletzung oder einem Schädel-Hirn-Trauma behandelt?”   “Gibt es nicht-medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten des posttraumatischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp?”   “Wie häufig treten Kopfschmerzen nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einer Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule auf?”   “Gibt es Medikamente, die bei einem länger anhaltenden posttraumatischen Kopfschmerz helfen?”   “Ist es nicht besser, an 2 Tagen in der Woche ein wirksames Migräneakutmedikament einzunehmen, als über Monate jeden Tag ein vorbeugendes Medikament, welches ja doch das Auftreten von Migräneattacken nicht verhindern kann?”   “Mein Arzt hat mich vor der zu häufigen Einnahme von Migränemedikamenten gewarnt, da sonst ein sogenannter Medikamenten-induzierter Kopfschmerz entstehen könne. Statt dessen möchte er, daß ich täglich Medikamente zur Vorbeugung einnehme. Kann ich von diesen Medikamenten denn nicht auch abhängig werden?”   “Was ist funktionelle Bildgebung?”   “Gibt es in der funktionellen Bildgebung einen Unterschied zwischen Migräne und Cluster-Kopfschmerz?”   “Kann die funktionelle Bildgebung zur Diagnose herangezogen werden?”   “Wie behandelt man am besten Migräneattacken während der Schwangerschaft?”   “Welche vorbeugenden Maßnahmen kommen zur Behandlung der Migräne während der Schwangerschaft in Frage?”   “Literatur zur Behandlung von Migräne in der Schwangerschaft:   “Was sind die Vor-und Nachteile der neuen Migränemedikamente zur Attackentherapie?”


  “Ist das Tragen einer Halskrawatte nach einem Halswirbelsäulen-Schleudertrauma sinnvoll ?” Antwort: “Die Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule (HWS) führt zu Nacken- und Kopfschmerzen mit Nackensteife aufgrund schmerzhaft verspannter Schulter-Nacken-Muskulatur. Für den Nackenschmerz wird eine schleuderungsbedingte Zerrung (Distorsion) verantwortlich gemacht. Die Ruhigstellung der HWS mit einer Halskrawatte war deshalb bislang ein in der Praxis übliches therapeutisches Prinzip.

Neuere Untersuchungen belegen jedoch, daß eine Ruhigstellung der HWS die posttraumatische Kopfschmerzdauer nicht verkürzt. Gleiches gilt für den Nackenschmerz. Hier wirkt sich die Ruhigstellung sogar negativ aus. Eine norwegische Arbeitsgruppe konnte zeigen, daß Patienten mit akutem HWS-Schleudertrauma, die keine Halskrause trugen, _ Jahr nach dem Unfall weniger Schmerzen und Nackensteifigkeit sowie bessere Gedächtnis- und Konzentrationsleistungen zeigten als eine Vergleichsgruppe von Patienten, die für 2 Wochen eine Halskrawatte trugen und für diesen Zeitraum auch krankgeschrieben waren.

Generell ist deshalb bei akutem “HWS-Schleudertrauma” ohne erkennbare strukturelle Läsionen eine Ruhigstellung der HWS mit einer Halskrawatte nicht zwingend. Sie sollte, wenn überhaupt, so kurz wie möglich durchgeführt werden. Es sollten möglichst schnell die alltagsüblichen Aktivitäten (z. B. nach einigen Tagen) wieder aufgenommen werden.

Eine kurzzeitige Ruhigstellung der HWS für einige Tage ist lediglich bei Fehlhaltung derselben mit seitendifferentem Funktionsbefund indiziert.

Lediglich bei funktioneller Instabilität der HWS als Schleudertraumafolge ist eine Ruhigstellung im Rahmen einer orthopädischen Betreuung zwingend erforderlich. Diese gelingt nicht durch eine sogenannte Halskrawatte sondern nur durch Anlegen eines Kopfhalteapparates mit Kopffassung und Schulterjoch.

Stets sollten Ruhigstellungen der HWS von stabilisierenden, isometrischen und komplexen krankengymnastischen Übungen bezüglich der Schulter-Nacken-Muskulatur begleitet werden. Ergänzende physikalische Maßnahmen z. B. Kälteapplikationen oder schmerztherapeutische Maßnahmen sollten unterstützend hinzutreten. Der Patient sollte frühzeitig in die Behandlungsmaßnahmen aktiv einbezogen werden (z. B. Automobilisation der HWS, krankengymnastisches häusliches Übungsprogramm, funktionelles, muskelzentriertes Entspannungstraining, roborierende Maßnahmen). In der posttraumatischen Akutphase sollten ärztliche Kontrolluntersuchungen engmaschig erfolgen. Hierbei kann auch über eventuelle Arbeitsunfähigkeit bzw. über eine körperliche Begründbarkeit einer Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit entschieden werden. Prinzipiell ist eine rasche Wiedereingliederung in das Arbeitsleben anzustreben.
 

(P.D. Dr. med. M. Keidel, Essen) “Verhaltensmedizinische und nichmedikamentöse Maßnahmen beim Cluster-Kopfschmerz” Antwort: “Im Gegensatz zu anderen primären Kopfschmerzen wird der Clusterkopfschmerz nur minimal durch psychische Mechanismen beeinflußt. Entspannungsverfahren, Streßbewältigungstechniken und ähnliche Maßnahmen, die eine wichtige Rolle in der Therapie der Migräne und des Kopfschmerzes vom Spannungstyp spielen, können den Verlauf des Clusterkopfschmerzes nicht bedeutsam verändern. Der Einsatz alternativer nichtmedikamentöser Therapiemaßnahmen, wie Akupunktur, Neuraltherapie, Biofeedback, Massagen, Manualtherapie, transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) und anderes, ist beim Clusterkopfschmerz sinnlos und verzögert die Aufnahme einer effektiven Therapie. Von entscheidender Wichtigkeit ist die Information des Patienten durch den Arzt. Im Hinblick auf die mögliche Provokation von Attacken durch Alkohol, vasodilatorische Substanzen (wie Nitrate oder Histamin) sollte der Patient angehalten werden, solche Stoffe zu vermeiden. Dazu ist auch eine genaue Medikamentenanamnese erforderlich. Bei einigen Patienten kann auch Nikotin Clusterkopfschmerzattacken provozieren. Aus diesem Grunde sollte das Rauchen beendet werden. Bei Provokation der Attacken durch grelles Licht sollte eine Sonnenbrille getragen werden. Bei häufigen und schweren Attacken hilft gelegentlich auch ein Schlafentzug. Ernährungsfaktoren haben keinen großen Einfluß auf den Clusterkopfschmerzverlauf, weshalb diätetische Maßnahmen bei Clusterkopfschmerzen nicht erfolgversprechend sind. Anschließend sollte der Patient über die medikamentösen Therapiemöglichkeiten aufgeklärt werden. Ein Therapieschema sowohl zur Attackenkupierung als auch zur Prophylaxe sollte individuell erarbeitet und dem Patienten in Form eines Behandlungsplans in die Hand gegeben werden. Der Patient sollte Informationen darüber erhalten, wie lange eine prophylaktische Behandlung durchgeführt wird, zu welchem Zeitpunkt er ein bestimmtes Medikament einnehmen muß und welche Nebenwirkungen zu erwarten sind.


(Dr. med. V. Pfaffenrath, München)

Literatur:
 
Göbel H., Diener H.C., Grotemeyer K-H., Pfaffenrath V. Therapie des Clusterkopfschmerzes. Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 44, 30. Oktober 1998. “Wie muß der Patient mit primären Kopfschmerzen
untersucht werden?

a: Ist eine körperliche Untersuchung bei primären
Kopfschmerzerkrankungen überhaupt notwendig?”
Antwort: “Unter primären Kopfschmerzerkrankungen wie Migräne oder Spannungskopfschmerz versteht man definierte Kopfschmerzsyndrome, für die bisher keine eindeutige Ursache angegeben werden kann. Mit anderen
Worten sind diese Erkrankungen also nicht Symptom einer Erkrankung, die sich auch mit Schmerzen äußern kann. Hierzu gehören zum Beispiel Bluthochdruck, Hirnblutungen, Tumore, oder eine Nasen-Nebenhöhlenentzündung.

Bei diesen Erkrankungen findet man bei der eingehenden körperlichen Untersuchung in der Regel auffällige
Befunde. Daher ist die sorgfältige Anamnese allein für die Diagnose einer primären Kopfschmerzerkrankung nicht ausreichend und muß durch die körperliche Untersuchung ergänzt werden. Erst wenn auch hier keine
krankhaften Befunde erhoben werden können, die den Kopfschmerz erklären könnten, darf die Diagnose einer primären Kopfschmerzerkrankung gestellt werden. Die körperliche Basisuntersuchung bei Kopfschmerzpatienten muß den neurologischen Status erfassen und zusätzlich noch je nach Art der Beschwerden internistische (z.B. Blutdruck), Hals-Nasen-Ohren-ärztliche (z.B. Klopfschmerz über den Nasennebenhöhlen), kieferorthopädische (z.B. Kieferfehlstellung), orthopädische (z.B. Schmerzpunkte und Beweglichkeit der Halswirbelsäule) oder augenärztliche Aspekte (z.B. Augendruck) umfassen.”
 

(Dr. med. Stefanie Förderreuther, Neurologische Klinik, Klinikum Großhadern, Marchioninistr. 15, 81377 München) “b: Sollte bei jedem Patienten mit Migräne, Spannungskopfschmerz oder anderen selteneren primären Kopfschmerzerkrankungen eine Computertomographie oder Kernspintomographie gemacht werden?” Antwort: “Viele Patienten befürchten einen Hirntumor als Ursache ihrer
Kopfschmerzen. Diese Sorge ist aber unbegründet. Nur etwa 8 % aller
Kopfschmerzerkrankungen sind Ausdruck einer anderen Grunderkrankung.
Und von diesen Krankheiten machen die Hirntumore wiederum nur einen
kleinen Anteil aus. Umgekehrt führen nicht alle Hirntumore zu
Kopfschmerzen und meist stehen andere Beschwerden im Vordergrund. Bei
Patienten mit primären Kopfschmerzerkrankungen lassen sich in den
bildgebenden Verfahren keine auffälligen Befunde nachweisen. Zudem
erlaubt ein normales CT oder Kernspintomogramm keine Diagnose und
damit auch keine sinnvolle Therapie. Deshalb ist die genaue Befragung,
Beratung und körperliche Untersuchung des Patienten viel wichtiger.

Wenn die Art der Kopfschmerzen und deren Begleitsymptome, sowie Dauer
und Verlauf typisch für ein bestimmtes Kopfschmerzsyndrom sind und die
körperliche Untersuchung normal ist, dann sind in der Regel keine
Zusatzuntersuchungen notwendig. Die endgültige Entscheidung über
weitere Untersuchungen trifft jedoch letztlich der Arzt individuell
mit jeden Patienten: Bei Patienten mit Tumorleiden in der
Vorgeschichte oder Familie und bei Patienten mit ausgeprägter
Tumorangst wird man die Indikation für eine Computertomographie oder
Kernspintomographie eher stellen. Man darf aber nicht vergessen, daß
jede Computertomographie für den Patienten eine Strahlenbelastung
darstell und die Kosten für eine Kernspintomographie wären oft
sinnvoller für eine moderne Therapie eingesetzt. Viele Patienten
wissen zudem nicht, daß bei bestimmten Fragestellungen andere
Zusatzuntersuchungen wie zum Beispiel die Nervenwasserdruckmessung,
kieferorthopädische oder augenärztliche Untersuchungen hilfreicher
sein können als die Bildgebung.”
 

(Dr. med. Stefanie Förderreuther, Neurologische Klinik, Klinikum Großhadern,
Marchioninistr. 15, 81377 München)
“Welche nichtmedikamentösen Therapieverfahren haben sich bei der Migränebehandlung bewährt?” Antwort: “Nichtmedikamentöse Therapie umfaßt neben physikalischer Therapie autogenes Training, Entspannungsverfahren, Wärme, Biofeedback und andere Maßnahmen. In vergleichenden Studien können die therapeutischen Erfolge durchaus mit medikamentöser Prophylaxe konkurrieren; die Kombination mit medikamentöser Therapie ist von einem Teil der Therapeuten durchaus erwünscht und dann eher Regel als Ausnahme (Migraine Headache Prevention and Management 1990, 213-238) und wohl in der Effizienz einer alleinigen medikamentösen bzw. Verhaltenstherapie überlegen (Schmerz 1993, 7:298-303). Der Therapieerfolg korreliert direkt mit der aufgewendeten Zeit und der Motivation, die dem jeweiligen Verfahren entgegengebracht wird.

68 % von 395 Patienten wiesen 4 Jahre nach Erlernen des Myobiofeedbacks eine Minderung der Attackenfrequenz- und dauer auf, 56 % konnten die Medikamentendosis reduzieren oder absetzen (Headache 1984, 24:5-18). Nach 6 Jahren wiesen Patienten, die initial positiv auf Biofeedback angesprochen hatten, noch eine Reduktion der Kopfschmerzbelastung um 38 % auf, wobei in der Zwischenzeit keine weitere Betreuung stattgefunden hatte. Besonders sinnvoll ist ein Therapieversuch mit Biofeedback bei Kindern mit Migräne oder Kopfschmerz vom Spannungstyp. 14 von 28 Kindern lernten die Kopfschmerzattacken ausreichend zu unterbinden (Headache 1984, 24:122-126). In Einzelfällen können auch scheinbar paradoxe Therapieversuche sinnvoll sein. Während definitionsgemäß körperliche Belastung den Migräneschmerz steigert, gelingt es einzelnen Patienten durch körperliche Belastung die Attacken abzufangen (Headache 1991, 31:616-618). Intensive bitemporale Massage während der Aura bei klassischer Migräne konnte die Kopfschmerzphase bei 15 Patienten in 34 von 42 Attacken unterbrechen. Die Massage war jedoch unwirksam, wenn die Kopfschmerzen bereits begonnen hatten. Auf einem ähnlichen Ansatz beruhen Versuche, durch möglichst enge Kopfbänder, mit oder ohne Kühlung, eine Kompression der Kopfhautarterien zu bewirken (Headache 1993, 33:40-42).

Auch wenn die Wirksamkeit solcher Methoden nicht oder nur unzureichend abgesichert sind, kann insbesondere bei schwangeren Patientinnen, bei Kindern oder bei Medikamentengegnern ein Therapieversuch sinnvoll sein.”
 

(Dr med P. Schöps, München) “Was erwarten die Eltern von einer Kopfschmerzambulanz für Kinder und Jugendliche?” Antwort: “In der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit rezidivierenden Kopfschmerzen stellen die Erwartungen der Eltern einen wesentlichen Faktor dar, da ein vorgeschlagenes diagnostisches und vor allem therapeutisches Procedere oft nur dann realisiert werden kann, wenn die Eltern von davon überzeugt werden können. In einer Elternbefragung hat sich gezeigt, daß die Mehrzahl eine Abklärung der Ursache bzw. den Ausschluß einer organischen Erkrankung sowie Information und Beratung erwarten, gefolgt von der Abklärung psychischer Ursachen. Der Wunsch nach einer Linderung der Kopfschmerzen wurde erstaunlicherweise von relativ wenigen Eltern explizit geäußert. Auch der Wunsch nach bildgebender Diagnostik und Verordnung von Medikamenten wurde nur selten vorgebracht. Ein kleiner Teil der Eltern erwartet sich eine Heilung der Kopfschmerzen. Entsprechend diesen Erwartungen wird in der Folge ein Algorhitmus vorgestellt, der ein Grundgerüst für die Kopfschmerzabklärung und Behandlung aus der Sicht der Eltern bieten soll.”
 

(Dr. med. C. Wöber-Bingöl, Wien) “Woran können Eltern erkennen, ob und wie rasch ihr Kind aufgrund von Kopfschmerzen ärztliche Hilfe benötigt?” Antwort: “Bei akutem Kopfschmerz ist rasche Hilfe erforderlich, wenn eines der folgenden Symptome auftritt:

  • Fieber und Nackensteife
  • Benommenheit oder extreme Müdigkeit
  • massives Erbrechen
  • erstmalig auftretender Krampfanfall
  • plötzlicher Beginn der Kopfschmerzen
  • neurologische Symptome wie Schwäche in einem Arm oder Bein, Schwierigkeiten beim Gehen oder Sprechen oder Störungen dauern länger als eine Stunde.

Bei wiederkehrenden oder chronischen Kopfschmerzen, ist baldige ärztliche Hilfe ratsam, wenn

  • die Frequenz oder Intensität der Schmerzen zunimmt,
  • sich die Art der Kopfschmerzen ändert,
  • die begleitenden neurologischen Symptome länger als sonst dauern oder neue Symptome (auch Wesensänderung) dazukommen,
  • Krampfanfälle auftreten,
  • schmerzstillende Medikamente nicht mehr helfen.”

 

(Dr. med. C. Wöber-Bingöl, Wien) “Welche Schritte sollten Eltern eines Kindes mit Kopfschmerzen veranlassen, was können sie selbst tun?” Antwort: “Bei akuten Kopfschmerzen

  • Wenn gleichzeitig mit den Kopfschmerzen eines der o.g. Symptome auftritt, bringen Sie Ihr Kind rasch zum Arzt.
  • Wenn keines dieser Symptome vorhanden ist – lassen Sie Ihr Kind in einem ruhigen und abgedunkelten Raum ausruhen und – beobachten Sie Ihr Kind. Wenn die Kopfschmerzen am nächsten Tag immer noch bestehen oder eines der o.g. Symptome auftritt, bringen Sie Ihr Kind zum Arzt.

Bei wiederkehrenden oder chronischen Kopfschmerzen

  • Jedes Kind mit wiederkehrenden oder chronischen Kopfschmerzen sollte von einem Arzt untersucht werden.
  • Chronische, an Intensität oder Häufigkeit zunehmende Kopfschmerzen erfordern so schnell als möglich weitere Untersuchungen. Um herauszufinden ob die Kopfschmerzen durch eine organische Erkrankung hervorgerufen werden, muß der Arzt
  • ein genaues Gespräch führen,
  • eine klinische Untersuchung vornehmen und entscheiden, ob zusätzliche Untersuchungen erforderlich sind.
  • Manchmal ist eine Blutabnahme notwendig.
  • Bei Kleinkindern kann es nötig sein, für bestimmte Untersuchungen ein Beruhigungsmittel zu geben.

Bei bereits diagnostizierter Migräne/Spannungskopfschmerz

  • Mögliche Kopfschmerzauslöser zu finden, ist der erste Schritt, die Häufigkeit der Kopfschmerzen zu verringern.”

 

(Dr. med. C. Wöber-Bingöl, Wien) “Ich habe seit heute mittag Kopfschmerzen, so stark wie noch nie zuvor in meinem Leben. Der Schmerz trat plötzlich innerhalb von Sekunden auf und betrifft den ganzen Kopf. Was soll ich tun?” Antwort: “Sie sollten sofort einen Arzt (Neurologen) oder die Notaufnahme des nächsten Krankenhauses aufsuchen. Hier sollte nach der körperlichen Untersuchung eine Computertomographie (cCT) durchgeführt werden. Eine cCT Untersuchung ist unbedingt erforderlich, denn bei dem von Ihnen beschriebenen akuten Kopfschmerz kann es sich um die sog. Subarachnoidalblutung (SAB) handeln. Dies ist eine Blutung zwischen der Spinngewebshaut, einem Teil der weichen Hirnhaut und der Gehirnoberfläche. Mit Hilfe der Computertomographie kann Ihr Arzt das frische Blut erkennen und die weiteren Sofortmaßnahmen einleiten. In einigen Fällen ist in der Computertomographie kein Blut zu erkennen, welches jedoch eine SAB nicht ausschließt. In diesem Fall muß noch eine Lumbalpunktion durchgeführt werden. Mit diesem Untersuchungsverfahren kann die Flüssigkeit (Liquor), die sowohl das Gehirn als auch das Rückenmark umspült und sich bei der SAB blutig darstellt, untersucht werden. Nur so ist bei unauffälligem cCT eine SAB sicher zu bestätigen bzw. auszuschließen.
Die Subarachnoidalblutung ist eine lebensbedrohliche Erkrankung die zumeist mit einem abrupt einsetzenden, stärksten Kopfschmerz beginnt. Die Ursache ist sehr häufig eine kleine Gefäßaussackung der hirnversorgenden Blutleiter, die fast immer rasch operativ behoben werden muß.”
 

(Dr. med. U. Reuter, & Dr. med.G. Arnold, Berlin) “Ich habe seit vielen Jahren 3 mal im Monat Migräne. Der Kopfschmerz ist klopfend und fast immer rechts. Zusätzlich habe ich sehr häufig starkes Erbrechen und muß zu Bett gehen. Ich habe seit heute Nacht wieder Migräne. Diesmal ist aber der Kopfschmerz sehr viel stärker als sonst und außerdem auf der linken Kopfhälfte. Muß jetzt eine Kernspintomographie durchgeführt werden?” Antwort: “Wenn der Kopfschmerz mit den für sie typischen Zeichen der Migräne wie z.B. Erbrechen, Übelkeit und Lichtempfindlichkeit einhergeht und auch der Charakter der Kopfschmerzen wie bei früheren Migräneattacken ist, sollte keine bildgebende Untersuchung durchgeführt werden. Wir wissen, daß Migräne eine attackenförmige Erkrankung ist, die viel Jahre lang gleichartig ablaufen kann, d.h. immer in der gleichen Schmerzstärke auftritt und sehr häufig auch auf der gleichen Kopfseite. Es könne sich aber sowohl die Stärke des Kopfschmerzes als auch die betroffene Seite im Laufe der Erkrankungsdauer ändern.
In Ihrem konkreten Fall bedeutet dies, daß keine Zusatzuntersuchungen, d.h. weder eine Computertomographie noch eine Kernspinuntersuchung des Gehirn durchgeführt werden müssen.
Falls es jedoch zusätzlich zu einer Veränderung des Schmerzcharakters kommt, d.h. der Kopfschmerz nun nicht mehr klopfend, sondern als stärkster Druck imponiert oder z.B. plötzlich innerhalb von Sekunden auftritt und die üblichen Begleiterscheinungen verändert sind, sollte jedoch eine Röntgenuntersuchung des Gehirns, die sog. Computertomographie erfolgen. Wenn es zu diesen Veränderungen des bekannten Kopfschmerzes kommt, ist es möglich, daß neben der Migräne noch eine andere Erkrankung besteht die mit Kopfschmerzen einhergeht.”
 

(Dr. med. U. Reuter, & Dr. med.G. Arnold, Berlin) “Ich habe seit einigen Tagen einen dumpfen Kopfschmerz. Einen solchen Kopfschmerz kenne ich, jedoch hat er bisher nie länger als einen Tag gedauert. Zusätzlich zu den Kopfschmerzen kam es heute morgen schon zweimal zu Zuckungen der linken Hand für einige Minuten. Muß ich etwa unternehmen?” Antwort: “Bei den Zuckungen in der rechten Hand kann es sich möglicherweise um einen epileptischen Anfall handeln. Der Kombination eines Kopfschmerzes mit einem epileptischen Anfall liegt sehr häufig eine Erkrankung des Gehirns zugrunde. Um diese beurteilen zu können, muß im ersten Schritt eine Computertomographie durchgeführt werden. Um z.B. ein Blutgerinnsel in den Hirnvenen, eine sog. Sinus- oder Hirnvenenthrombose, die solche, von Ihnen geschilderten Zeichen verursachen können, in der CT-Untersuchung sehen zu können, muß zur Darstellung der Hirngefäße die Gabe von Kontrastmittel erfolgen.

Daneben können auch Gehirnentzündungen (Enzephalitis) mit Kopfschmerzen und epileptischen Anfällen einhergehen. Um eine Hinweiß hierfür finden zu können, sollte eine Kernspinuntersuchung des Gehirn erfolgen. Dabei handelt es sich um ein Verfahren welches sich die magnetischen Eigenschaften des menschlichen Körpers zu nutze macht und keinerlei Strahlenbelastung verursacht.

Generell müssen weiterführende Untersuchungen bei jedem neuen Kopfschmerz, der mit Zusatzsymptomen wie epileptischen Anfällen oder z.B. einer Halbseitenlähmung einhergeht, erfolgen.”
 

(Dr.med U. Reuter & Dr. med.G. Arnold, Berlin) “Ich bin 51 Jahre alt und leide seit dem 12. Lebensjahr unter Migräne. Als Lehrerin kann ich es mir nicht erlauben, ständig auszufallen. Aber die Migräne wird immer häufiger. Zur Zeit brauche ich eigentlich jeden Tag 2 Cafergot-Zäpfchen, um über den Vormittag zu kommen. Abends bin ich zwar völlig erschöpft, kann aber trotzdem ohne eine Tablette Valium nicht schlafen. Gibt es nicht noch bessere Medikamente gegen meine Migräne?” Antwort: “Unter einer täglichen Schmerzmitteleinnahme kann sich eine Migräne zu einem Dauerkopfschmerz wandeln. Man spricht dann von einem medikamenteninduzierten Kopfschmerz. In diesem Fall ist nicht der Wechsel auf andere Mittel sinnvoll, sondern ausschließlich ein Medikamentenentzug. In Ihrem Fall müssen sowohl das Ergotamin als auch das Beruhigungsmittel abgesetzt werden. Da nach langfristiger Einnahme beider Substanzen schwere Entzugssymptome möglich sind, würden wir Ihnen raten, einen Medikamentenentzug unter stationärer Überwachung durchzuführen.”

 

(PD Dr. H. Göbel, Dr. K. Kuhn, Schmerzklinik Kiel) “Mein Arzt sagt, daß meine häufigen Kopfschmerzen durch meine Schmerzmittel verursacht sind. Er hat gesagt, ich soll gar keine Medikamente mehr einnehmen. Ich habe es mehrfach versucht, aber ohne Medikamente halte ich die Kopfschmerzen einfach nicht aus. Gibt es einen leichteren Weg?” Antwort: “Das abrupte Absetzen aller Schmerzmittel ist der beste Weg, medikamenteninduzierte Kopfschmerzen zu behandeln. Wenn man dies zu Hause allein nicht schafft, bleibt nur ein stationärer Entzug. Zwar muß man auch in der Klinik den Entzugskopfschmerz immer noch allein und ohne Schmerzmittel überstehen, jedoch lassen sich unter der kontinuierlichen ärztlichen Überwachung andere Entzugssymptome besser und schneller behandeln. Insbesondere Infusionsbehandlungen sind zu Hause nicht möglich.”

 

(PD Dr. H. Göbel, Dr. K. Kuhn, Schmerzklinik Kiel) “Ich bin 32 Jahre alt und habe kleine Kinder im Alter von 1, 3 und 5 Jahren. Durch die Schwangerschaft ist meine Migräne nicht seltener geworden, sondern hat sogar an Häufigkeit zugenommen. Ich nehme jeden Tag Migränemittel ein. Nun hat der Neurologe, zu dem mich mein Hausarzt überwiesen hat, festgestellt, daß ich einen medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz habe. Nun soll ich eine Schmerzmittelentzug machen. Wie soll ich das machen, wenn ständig drei kleine Kinder etwas von mir wollen. Ich kann mich nicht einfach drei Tage ins Bett legen. Können Sie mir weiterhelfen?” Antwort: “Bei ihren familiären Verpflichtungen ist es wenig wahrscheinlich, daß Sie einen ambulanten Entzug durchstehen können. Sie brauchen einfach die Möglichkeit, sich für eine gewisse Zeit nur um sich selbst zu kümmern. Solange Sie für andere funktionieren müssen, wird Ihnen der Verzicht auf Schmerzmittel nicht gelingen. Am besten wäre es, Sie würden jemanden finden, der Ihre häuslichen Verpflichtungen für 2 bis 3 Wochen übernimmt. In dieser Zeit könnten Sie in der entspannten Atmosphäre einer Spezialklinik beruhigt einen stationären Medikamentenentzug durchführen. Anschließend wird Ihre Familie viel mehr von Ihnen haben.”

 

(PD Dr. H. Göbel, Dr. K. Kuhn, Schmerzklinik Kiel) “Mein Arzt hat bei mir den Verdacht auf einen Schmerzmittelkopfschmerz und hat mir zu einem stationären Medikamentenentzug geraten. Da ich in einer verantwortungsvollen Position berufstätig bin, wäre eine stationäre Behandlung für mich äußerst problematisch. Könnte ein solcher Entzug evtl. auch ambulant durchgeführt werden?” Antwort: “Ein Entzug von Schmerz- und Migränemitteln kann grundsätzlich entweder ambulant oder stationär durchgeführt werden. Ein ambulanter Entzug ist vor allem dann möglich, wenn nur Schmerz- und Migränemittel und keine Beruhigungsmittel (Psychopharmaka) eingenommen wurden. Bei einem ambulanten Entzug ist außerdem die Motivation des Betroffenen sowie eine mögliche Unterstützung durch die Familie oder Freunde besonders wichtig.
Ein stationärer Entzug, der entweder in einer neurologischen Klinik oder einer spezialisierten Schmerzklinik durchgeführt werden sollte, ist dann angezeigt, wenn der Schmerzmittelkopfschmerz bereits viele Jahre besteht, wenn die Betroffenen bereits mehrfach versuchten haben, aus eigener Kraft zu entziehen oder Angst vor dem ambulanten Entzug haben. Ein stationärer Entzug ist auch dann vorzuziehen, wenn ein hoher Leistungsanspruch besteht, die familiären und sozialen Verhältnisse eher ungünstig sind oder eine ausgeprägte depressive Stimmungslage vorliegt.

 

(Prof. Dr. G. Haag, Elzach) “Wann sollten Migräne-Betroffene eine Verhaltenstherapie in Betracht ziehen?” Antwort: “Die Indikation für eine Verhaltenstherapie leitet sich weniger aus der Schwere des Schmerzes ab, sondern vielmehr aus dem Ausmaß der subjektiven Beeinträchtigung des Patienten. Diese wird bestimmt durch:

  • ungünstige gedankliche Verarbeitungsmuster (Kognitionen); z.B. Wertlosigkeits- und Katastrophenkognitionen (“mit dem Schmerz bin ich zu nichts mehr nütze”, “wenn das so weitergeht, werde ich verrückt”, “was soll denn noch helfen?”)
  • defizitäre Bewältigungsstrategien; z.B. übermäßiges Schonverhalten; regelmäßige, oft exzessive Schmerzmedikamenteneinnahme; häufige Beanspruchung der Einrichtungen des Gesundheitswesens
  • ungünstige Balance von Aktivität und Ruhe sowie von sozialem Engagement und Rückzug auf die eigene Person; z.B. fehlendes Gesundheitsverhalten; defizitäres Repertoire an nicht-beruflichen Aktivitäten; schmerzattribuierter sozialer Rückzug; vereinzelt auch Hyperaktivität
  • unangemessene emotionale Anpassung; z.B. depressiv-hilflose Verarbeitung des Schmerzes; Zukunftsangst; Gefühl der Unzulänglichkeit
  • Schwere des Schmerzerlebens; z.B. Intensität und Häufigkeit der Attacken – jedoch: Die Schwere des Schmerzes ist für das Ausmaß der Beeinträchtigung oft weniger bedeutsam als die übrigen Faktoren

     

    (Dipl. Psychologe G. Fritsche, Essen)

“Gibt es eine Migräne-Persönlichkeit, die psychotherapeutisch behandelt werden muß?” Antwort: “In den Berufen der Gesundheitsversorgung hält sich bis heute das Bild eines typischen Migränikers mit Persönlichkeitseigenschaften, die eine Veranlagung für diese Erkrankung suggerieren. Die Literatur bedient sich Beschreibungen wie: “angespannt, peinlich genau, perfektionistisch, ehrgeizig, leistungsorientiert, abhängig von der Meinung anderer”. Migräniker haben demnach “… wegen ihrer charakteristischen Ängstlichkeit und Unsicherheit große Schwierigkeiten, ihre Gefühle adäquat zu äußern und auf Belastungssituationen angemessen zu reagieren.” (Huber 1984)
Demgegenüber fanden kritische Autoren in Untersuchungen, die migränetypische Persönlichkeitseigenschaften herausstellten, keinen Beleg dafür, daß diese prämorbid angelegt waren und nicht im Verlaufe der Krankheit reaktiv erworben wurden. Z.B.: Wenn Migräniker erhöhte Neurotizismus- und Ängstlichkeitswerte aufweisen, so könnten diese als eine erhöhte Erregung des sympathischen Nervensystems interpretiert werden und eher eine Plausibilität für das Zutreffen neuronaler Entstehungsmodelle der Migräne nahelegen. Demnach erklären bestimmte Merkmale der Betroffenen im Umgang mit kritischen psychosozialen Situationen nicht zwangsläufig die Entstehung von Migräneanfällen. Einige Autoren schlagen stattdessen eine Analyse der belastenden Situationen und der damit interagierenden Migräne-charakteristischen Reaktionen vor. (z.B. Passchier et al. 1989; Demjen et al. 1990)

 

(Dipl. Psychologe G. Fritsche, Essen) “Was ist das Ziel einer psychologischen Schmerztherapie?” Antwort: “Ziel der psyschologischen Schmerztherapie ist die Reduzierung der Beeinträchtigung, nicht die völlige Beseitigung des Schmerzes. Eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität des Patienten kann trotz weiterbestehender Schmerzbelastung erreicht werden. Dazu werden Schmerzbewältigungsstrategien vermittelt, die dem Patienten eine zunehmend aktive Kontrolle über seine Schmerzen ermöglichen soll. Indem der Patient lernt, seine dysfunktionalen Gedanken und entmutigenden Selbstgespräche in Schmerzsituationen zu erkennen und zu kontrollieren, wird er zu einer Selbstkontrolle der schmerzverstärkenden inneren Bedingungen befähigt. Darüberhinaus soll er trotz eventuell weiterhin vorhandener Schmerzen lernen, sein Leben stärker als bisher aktiv zu gestalten, emotionale Befriedigung im Alltag zu finden und somit seine Lebensqualität zu steigern.

 

(Dipl. Psychologe G. Fritsche, Essen) “Gibt es antiepileptische Medikamente, die in der Intervall-Behandlung der Migräne vorbeugend eingesetzt werden können?” Antwort: “Diese Medikamente gibt es. Am besten belegt ist es in zahlreichen Studien für das Antiepileptikum Valproinsäure, das in der Lage ist, die Häufigkeit von Migräne-Anfällen zu senken. Einem wirkstoffreien Präparat (Placebo) ist Valproinsäure, das unter den Namen Orfiril, Ergenyl, Leptilan, Convulex, Myproin im Handel ist, deutlich überlegen. Die Therapie sollte damit erfahrenen Neurologen und Nervenärzten vorbehalten sein.

 

(Dr. med G. Arnold, Berlin) “Gibt es weitere Antiepileptika, deren Wirksamkeit belegt ist?” Antwort: “Wissenschaftlich belegt ist die Wirksamkeit nur für Valproinsäure. Es gibt alte Untersuchungen, daß auch Carbamazepin (Timonil, Tegretal, Finlepsin) eine Wirkung haben könnte. Diese Hinweise sind jedoch deutlich schwächer als für die Valproinsäure. Studien zum neuen Antiepileptikum GABA-Pentin (Neurontin) laufen gegenwärtig und scheinen sehr vielversprechend zu sein.

 

(Dr. med G. Arnold, Berlin) “Haben Antiepileptika größere Nebenwirkungen als herkömmliche Intervall-Medikamente?” Antwort: “Die Nebenwirkungshäufigkeit von Antiepileptika, insbesondere von Valproinsäure, ist etwas höher als von Beta-Blockern. Beta-Blocker werden jedoch wegen der gelegentlich blutdrucksenkenden Wirkung nicht von allen Migräne-Patienten vertragen. Dem gegenüber senken Antiepileptika den Blutdruck nicht. Bei der am besten wirksamen Valproinsäure sind die häufigsten Nebenwirkungen Übelkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtszunahme, leichte Müdigkeit und gelegentlicher Haarausfall. Alle Nebenwirkungen bilden sich zurück, wenn das Medikament wieder abgesetzt wird. Alle vorbeugend (prophylaktisch) eingesetzten Medikamente sollen nicht während der Schwangerschaft eingesetzt werden und nicht, wenn Kinderwunsch besteht. Das gilt in besonderem Maße für Antiepileptika, die mehr als andere Medikamente das ungeborene Leben schädigen. Auch bei Patienten mit bekannter Leberschädigung oder bekanntem Schaden an der Bauchspeicheldrüse sollte Valproinsäure nicht eingesetzt werden.

 

(Dr. med G. Arnold, Berlin) “Hilft Magnesium gegen Migräne?” Antwort: “Obwohl ein vorbeugender Effekt von Magnesium auf die Migräne schon seit 65 Jahren diskutiert wird, gab es bis vor 2 Jahren hierzu keine aussagekräftige Studie. Zwei etwa zeitgleich durchgeführte Studien mit hochdosiertem Magnesium führten danach zu widersprüchlichen Ergebnissen: Die erste ergab einen Vorteil in der Attackenreduktion von 25% (oder einer Attacke pro Monat) gegenüber Placebo nach dreimonatiger Therapie mit 600mg (24mmol) pro Tag, die zweite zeigte keinen Vorteil gegenüber Placebo bezüglich Intensität und Dauer der Attacken nach dreimonatiger Gabe von 486 mg (20mmol) pro Tag. Zur Zeit stehen für eine dritte Studie keine Mittel in Aussicht, so daß der Stellenwert von Magnesium in der Migräneprophylaxe weiter ungeklärt bleibt. Auch gibt es keine ausreichenden Daten zur Therapie bestimmter Patientengruppen (menstruelle Migräne, Migräne mit Aura, zusätzlichem Spannungskopfschmerz) oder zur add on-Therapie mit anderen Prophylaktika. In der Praxis ist ein Therapieversuch mit Magnesium gerechtfertigt vor allem bei Patienten mit häufigen Attacken, die eine andere medikamentöse Prophylaxe ablehnen, in der Schwangerschaft oder Stillzeit, bei Sportlern und Patienten mit Obstipation. (Dr. med. A. Peikert, München)
Literatur:

Peikert A, Wilimzig C, Köhne-Volland R. Prophylaxis of migraine with oral magnesium: results from a prospective, multi-center, placebo-controlled and double-blind raandomized study. Cephalalgia 1996;16;257-63
Pfaffenrath v, Wessely P, Meyer C, Isler HR, Evers S, Grotemeyer KH, Taneri Z, Soyka D, Göbel H. magnesium in the prophylaxis of migraine – a double-blind, placebo-controlled study. Cephalalgia 1996;16;436-40.
 
“Entsteht Migräne durch Magnesiummangel?” Antwort: “In der letzten Jahren wurde nachgewiesen, daß in den Hirnrindenzellen, in Blut, Speichel und Nervenwasser von Miganikern Magnesium reduziert ist; in Laborversuchen wurden außerdem unter Magnesiummangel Phänomene beobachtet, die in der Pathophysiologie der Migräne vielleicht eine Rolle spielen wie Gefäßverengung, die sogenannte corticale spreading depression (mögliches Äquivalent der Migräneaura) oder Serotoninfreisetzung aus Blutplättchen. Welchen Stellenwert diese Beobachtungen haben und ob sie einen erfolversprechenden Ansatz für die Therapie mit Magnsiumpräparaten darstellen ist nicht geklärt.
(Dr. med. A. Peikert, München)
Literatur:
Swanson DR. Migraine and magnesium: eleven neglected connections. Persp Biol Med 1988;31 (4) 526-57
Welch KMA, Dándrea G, Tepley N, Barkley G, Raamadan NM. The concept of migraine as a state of central neuronal hyperexcitability. Neurol Clin 1990; 8 (4):817-28
 
“Was ist bei der Einnahme von Magnesium zu beachten?” Antwort: “Bis auf Patienten mit hochgradig eingeschränkter Nierenfunktion kann jeder Magnesium einnehmen, auch in der Schwangerschaft oder Stillzeit. Einzige wichtige mögliche Nebenwirkung ist eine (dosisabhängige und nach Dosisanpassung reversible) Stuhlerweichung oder Durchfall. Die bisher vorliegenden Daten erfordern eine Dosierung von 600mg pro Tag, über Langzeiteffekte der hohen Dosis gibt es keine Untersuchungen.

 

(Dr. med. A. Peikert, München) “Gibt es einen posttraumatischen Kopfschmerz?” Antwort: “Ja, je nach epidemiologischer Studie berichten 35% bis zu 85% der Patienten nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder HWS-Schleudertrauma über Kopfschmerzen. Frauen sind dabei 1.6 mal häufiger betroffen als Männer (Headache 1990, 10:285-293). Dabei können die geklagten Kopfschmerzen von sehr unterschiedlichem Charakter sein; unterscheiden sich aber nicht wesentlich von den spontan auftretenden Kopfschmerzen. Sicherlich am häufigsten ist ein Spannungskopfschmerz (ca. 75%), in 20% wird ein migräneartiger Kopfschmerz geklagt, 5% sind nicht klassifizierbar (Cephalalagia 1996, 16:486-493). Im Verlauf kommt es zu einer Besserung, so haben nach 1 Jahr noch ca. 35% und nach 2 Jahren 22% der Patienten Kopfschmerzen. Günstig läßt sich der Verlauf durch eine rechtzeitige Aufklärung des Patienten über die ansich gute Prognose und entsprechende Therapie beeinflussen. Im Akutstadium kommen mehrfach tgl. zu einem festen Zeitpunkt eingenommen Analgetika wie Paracetamol (3-4x500mg) oder Naproxen (2×250-500mg) zum Einsatz.”

 

(Dr. med. A. Straube) “Beeinflußt die Schwere des Traumas die Kopfschmerzhäufigkeit?” Antwort: “Die meisten Studien berichten von einer inversen Korrelation von Kopfschmerzhäufigkeit und Schwere des Traumas (Headache 1992, 32:427-431); Patienten mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma klagen seltener über posttraumatische Kopfschmerzen. Prognostisch ungünstig sind höheres Alter, weibliches Geschlecht, wiederholte Traumen, Substanzabusus (z.B. Alkoholismus) und Kopfschmerzen in der Vorgeschichte. Weiter scheint ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer sogenannten posttraumatischen Stress-Störung und schon in der Vorgeschichte bestehenden Kopfschmerzen zu bestehen (Headache 1994, 34:357-361). Patienten mit posttraumatischen Kopfschmerzen zeigen häufig einen höheren Wert auf verschiedenen Psychopathologie-Skalen als Kontrollen, wobei eine 100% Zuordnung in eine der beiden Gruppen nicht gelingt. Eine regelhafte Besserung nach Abschluß der juristischen Regelung des Unfalles ist nicht zu beobachten (Headache 1992, 32:496-500).”

 

(Dr. med. A. Straube) “Gibt es eine posttraumatische Migräne?” Antwort: “In etwa 2% der Patienten kommt es erst nach einem Schädel-Hirn-Trauma zur Ausbildung einer Migräne, wobei diese Patienten im Durchschnitt etwas älter sind als der “klassische Patient” (38 Jahre) (Headache 1992, 32:157-158). Diese posttraumatische Migräne reagiert aber in vergleichbarer Weise auf eine prophylaktische Therapie, z.B. ß-Blocker, wie eine Migräne ohne Trauma als Auslöser. Auch die Attackenkupierung unterscheidet sich nicht. Die ursächliche Pathphysiologie ist nicht bekannt. Diskutiert wird eine extrazellulär erhöhtes Kalium und intarzellulär erhöhtes Natrium nach einem Trauma, welches dann eine Attacke auslöst und so den Weg für weitere Attacken bahnt. Weitere vermutete Mechanismen sind die vermehrte Ausschüttung von erregenden Überträgerstoffen des Gehirns, erhöhte Produktion von Stickstoff-Oxid und Störung von Neuropeptiden (Headache 1997, 37:142-152). Der positive Effekt von Sumatriptan auf posttraumatische Kopfschmerzen mit pochendem Charakter spricht für eine Beteiligung des trigemino-vaskulären Systems (Headache 1993, 33:96-97). Im allgemeinen wird aber eine multifaktorielle Genese mit durch das Trauma verändertem Hirnstoffwechsel und vorbestehender Anlage mit Kopfschmerzen zu reagieren angenommen.”

 

(Dr. med. A. Straube) “Worauf muß ich als Migräniker bei meiner Lebensführung achten?” Antwort: “10 Tips von der DMKG: Hilfe zur Selbsthilfe.

  1. Tagesablauf planen – kein 48-Stunden-Tag!
  2. Zwischendurch mal “strecken & recken”!
  3. Runter vom Gas – es geht auch mit 100%!
  4. Üben Sie mal “nein”-Sagen!
  5. Warum immer die Nr. 1: Dabei sein ist alles!
  6. Urlaub mit “Vorurlaub”!
  7. Schlaf-Wach-Rhythmus beibehalten!
  8. Sauna, Schoko, usw ja, aber nur nach Anfall!
  9. Vorsicht bei Heißhunger und Aufdrehen!
  10. Aeroben Sport treiben (Jogging)!”

 
“Was bedeutet eigentlich Verhaltenstherapie bei Kopfschmerzen?” Antwort: “Bei chronischen Kopfschmerzformen, insbesondere Migräne sowie Kopfschmerzen vom Spannungstyp, sind verhaltensmäßige und somit psychologische Faktoren für die Entstehung, aber besonders auch für die Aufrechterhaltung der Erkrankung von besonderer Bedeutung. Überhöhte Anforderungen an sich selbst, ungünstige Streßverarbeitungsweisen, Angst vor Versagen und auch Angst vor Schmerzen sind nur einige Beispiele, die manchen Patienten verzweifeln und ungünstige Verhaltensgewohnheiten entwickeln lassen, die sich ungünstig auf die Kopfschmerzsymptomatik auswirken können. Ziel der verhaltenstherapeutischen Behandlung ist neben der aktiven Bewältigung des akuten Migräneanfalls bzw. der akuten Spannungskopfschmerzen vor allem auch die aktive Vorbeugung durch Veränderung von Auslösebedingungen, die zu einem Migräneanfall bzw. zur Auslösung chronischer Kopfschmerzen führen können. Als verhaltenstherapeutische Behandlungstechniken werden dabei u.a. Entspannungstraining, Biofeedback, Streß- und Schmerzbewältigungsverfahren sowie neurdings das Reizverarbeitungstraining eingesetzt. Verhaltenstherapeutische Verfahren sind in ihrer Effektivität empirisch belegt und sollten stets durch eine/einen darin ausgebildeten Therapeuten/Therapeutin angewandt werden. Über Psychologische Schmerztherapeuten kann die DMKG sowie die Deutschen Gesellschaft für Psychologische Schmerztherapie und -forschung (DGPSF) Auskunft geben.”

 

(Dr.Uwe Niederberger & Prof Wolf-Dieter Gerber) “Wodurch ist der Kopfschmerz nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einem sog. HWS-Schleudertrauma charakterisiert?” Antwort: “In den meisten Fällen, d. h. bei ca. 85% der Verunfallten ist der posttraumatische Kopfschmerz von dumpf-drückendem, ziehendem oder pressendem Charakter. Er ist meist über den ganzen Kopf verteilt, mitunter von bandförmiger oder helmartiger Ausprägung und betont im Nacken- und Hinterkopfbereich. Die Kopfschmerzen treten meist kontinuierlich auf, können jedoch auch episodisch mit beschwerdefreien Intervallen in Erscheinung treten. Die klinischen Merkmale des am häufigsten anzutreffenden posttraumatischen Kopfschmerzes ähneln somit dem Kopfschmerz vom Spannungstyp.”
 
“Wie lange hält der posttraumatische Kopfschmerz nach einer Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule in der Regel an?” Antwort: “Bei den leichtgradigen “HWS-Schleudertraumen” bildet sich der posttraumatische Kopfschmerz in der Regel innerhalb von 3 Wochen (bis maximal 2 Monaten) zurück. Bei etwa 10% der Patienten kann der Kopfschmerz länger bestehen bleiben. Chronifizierungen sind selten. Die Ursachen hierfür sind nicht eindeutig bekannt und werden widersprüchlich diskutiert. Es kann sich ein medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz entwickeln, wenn bei akutem posttraumatischen Kopfschmerz Analgetika länger als 4 Wochen verabreicht werden.”
 
“Wie wird der akute posttraumatische Kopfschmerz nach einer HWS-Beschleunigungsverletzung oder einem Schädel-Hirn-Trauma behandelt?” Antwort: “Die Behandlung des posttraumatischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp erfolgt in der Akutphase mit der Gabe von Analgetika, z. B. Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Ibuprofen oder ersatzweise Naproxen. Die Gabe von Mischpräparaten sollte vermieden werden, da der initiale akute posttraumatische Kopfschmerz in einen medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz übergehen kann.
Wird der posttraumatische Kopfschmerz von einem Zervikalsyndrom bei Schädel-Hirn-Trauma mit HWS-Distorsion oder bei einer isolierten Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule begleitet, empfiehlt sich eine ergänzende physikalische und krankengymnastische Behandlung mit möglicher initialer Immobilisation des Kopfhalteapparates mit einer Halskrause (so kurz wie möglich, so lang wie nötig; nicht länger als 14 Tage). Physikalische Maßnahmen mit Wärme- oder Kälteapplikation und Lockerung der Schulter-Nacken-Muskulatur nach Besserung des akuten Nackenschmerzes ergänzen die Behandlung. Auf die Gabe von muskelentspannenden Medikamenten (Myotonolytika) kann meistens verzichtet werden.”
 
“Gibt es nicht-medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten des posttraumatischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp?” Antwort: “Die nicht-medikamentösen Therapieformen des posttraumatischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp bestehen aus einer physikalischen Therapie (z. B. Wärme-/Kälteanwendungen) sowie einer krankengymnastischen Behandlung mit Lockerung der Schulter-Nacken-Muskulatur, falls sich klinisch eine Verspannung oder Druckschmerzhaftigkeit derselben nachweisen läßt. Es schließt sich insbesondere bei dem Kopfschmerz nach einer HWS-Beschleunigungsverletzung ein isometrisches Krafttraining der Nackenmuskulatur an, ebenso ein Haltungsaufbau und eine Verbesserung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule. Der Patient selber kann zur Lockerung der Muskulatur durch Erlernen einer muskelzentrierten Entspannungstechnik (u. a. nach Jacobson) beitragen. Gleiches gilt für das Erlernen eines EMG-Biofeedback-Trainings, mit dessen Hilfe das Ausmaß der Verspannung der Nackenmuskulatur akustisch mitgeteilt wird. Insbesondere bei chronischem posttraumatischem Kopfschmerz flankieren schmerzpsychologische Verfahren (u. a. Streßbewältigungstraining, Verhaltenstherapie etc.) die nicht-medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten. Roborierende Maßnahmen mit vegetativer Stabilisierung zur Besserung der Befindlichkeit können seitens des Patienten durchgeführt werden (z. B. Wechselduschen, Bürstenmassagen, Meidung von Genußmitteln, geregelter Tagesablauf, ausreichender Nachtschlaf, mäßige aber regelmäßige sportliche Betätigung). Generell empfiehlt sich bei posttraumatischen Kopfschmerzen eine rasche Klärung forensischer Angelegenheiten, soweit vorliegend.”
 
“Wie häufig treten Kopfschmerzen nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einer Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule auf?” Antwort: “Ein posttraumatischer Kopfschmerz zeigt sich bei bis zu 90% der Verunfallten nach einem sog. HWS-Schleudertrauma oder einem Schädel-Hirn-Trauma (z. B. Gehirnerschütterung). Von den posttraumatischen Kopfschmerzen ist der Kopfschmerz vom Spannugstyp der häufigste. Dieser Kopfschmerz tritt bei ca. 85% der Patienten mit akutem posttraumatischem Kopfschmerz auf. Andere posttraumatische Kopfschmerztypen sind möglich, jedoch sehr selten.
Ein akuter posttraumatischer zervikogener Kopfschmerz findet sich bei 8% der Patienten mit einer HWS-Beschleunigungsverletzung. Posttraumatische Kopfschmerzen vom Migränetyp sind noch seltener und treten nur in 3% der Verunfallten auf. In der Regel ist das Trauma nur Auslöser von Migräneattacken aber nicht Verursachung eines Migräneleidens. Noch seltener sind posttraumatische Kopfschmerzen vom Cluster-Typ.”
 
“Gibt es Medikamente, die bei einem länger anhaltenden posttraumatischen Kopfschmerz helfen?” Antwort: “Bei länger anhaltendem posttraumatischen Kopfschmerz vom Spannungstyp nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einer HWS-Beschleunigungsverletzung sollte zunächst ausgeschlossen werden, ob nicht ein medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz vorliegt, der sich bei regelmäßiger Einnahme von Schmerzmitteln entwickelt hat. Ansonsten empfiehlt sich ein Behandlungsversuch mit trizyklischen Antidepressiva über zumindest 2 Monate. Nicht-medikamentöse Therapieverfahren sollten die Behandlung ergänzen (physikalische Therapie, krankengymnastische Behandlung mit Lockerung der Schulter-Nacken-Muskulatur, muskelzentrierte Relaxationstechnik, roborierende Maßnahmen, eventuell schmerzpsychologische Therapieansätze).”

Referenzen:
– Keidel M, Diener HC (1997). Der posttraumatische Kopfschmerz. Nervenarzt 68:769-777
– Keidel M, Neu IS, Langohr HD, Göbel H 1997). Therapie des posttraumatischen Kopfschmerzes nach Schädel-Hirn-Trauma und HWS-Distorsion. Therapie-Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft. Nervenheilkunde, im Druck


 

(P.D. Dr. M. Keidel) “Ist es nicht besser, an 2 Tagen in der Woche ein wirksames Migräneakutmedikament einzunehmen, als über Monate jeden Tag ein vorbeugendes Medikament, welches ja doch das Auftreten von Migräneattacken nicht verhindern kann?” Antwort: “Ziel einer medikamentösen Migräneprophylaxe bei Patienten mit häufigen Migräneattacken ist nicht nur, die Frequenz der Attacken zu reduzieren. Insbesondere soll auch die Einnahmehäufigkeit von Akutmedikamenten, egal, wie effektiv sie auch sein mögen, verringert werden, um der Entstehung eines Medikamenten-induzierten Kopfschmerzes entgegenzuwirken. Während die tägliche Einnahme eines vorbeugenden Migränemedikamentes damit ärztlich sinnvoll sein kann, ist die zu häufige Einnahme von Akutmedikamenten immer mit Gesundheitsrisiken verbunden.”

 

(Dr. med. A. Heinze) “Mein Arzt hat mich vor der zu häufigen Einnahme von Migränemedikamenten gewarnt, da sonst ein sogenannter Medikamenten-induzierter Kopfschmerz entstehen könne. Statt dessen möchte er, daß ich täglich Medikamente zur Vorbeugung einnehme. Kann ich von diesen Medikamenten denn nicht auch abhängig werden?” Antwort: “Keines der Medikamente, die wirksam in der Vorbeugung der Migräne sind, hat ein Abhängigkeitspotential. Ziel einer medikamentösen Migräneprophylaxe ist auch nicht die lebenslange Medikamenteneinnahme. Nach 6 bis 9 Monaten sollte eine erfolgreiche Migräneprophylaxe langsam ausgeschlichen werden, da der vorbeugende Effekt erfahrungsgemäß die Medikamenteneinnahme überdauert. Entzugssymptome oder andere Zeichen einer “Abhängigkeit” treten nicht auf.”

 

(Dr. med. A. Heinze) “Was ist funktionelle Bildgebung?” Antwort: “Die funktionelle Bildgebung ist eine Methode, die sich die Tatsache zu Nutzen macht, daß der regionale zerebrale Blutfluß (rCBF) eng mit der neuronal-synaptischen Aktivität in dieser Region gekoppelt ist. Ist in der Kopfschmerzphase eine bestimmte anatomische Region neuronal aktiver als in der Ruhephase (z.B. das Cingulum als allgemein schmerzverarbeitende Struktur), wird der rCBF in dieser Region quantitativ signifikant gegenüber der Umgebung und gegenüber der Ruhephase erhöht sein. Die Positronen Emissions Tomographie (PET) repräsentiert die zur Zeit beste verfügbare Technik um in vivo Veränderungen des regionalen cerebralen Blutflußes im Menschen während einer Kopfschmerzattacke darzustellen.”

 

(Dr. med. A. May) “Gibt es in der funktionellen Bildgebung einen Unterschied zwischen Migräne und Cluster-Kopfschmerz?” Antwort: “Bei beiden Kopfschmerzformen sind allgemein unspezifisch schmerzverarbeitende Strukturen aktiviert, so das Cingulum, der Thalamus und die Inselrinden. Nur bei der Migräne war darüberhinaus eine Aktivierung des Hirnstammes während der akuten Schmerzattacke zu finden, während für die Cluster-Kopfschmerz Attacke der Hypothalamus spezifisch aktiviert war. Beide Strukturen waren nicht in deiner Kontrollstudie über experimentellen Kopfschmerz darstellbar, was die Spezifität der Befunde unterstreicht. Beide Befunde erklären auch die spezifischen Charakteristika der jeweiligen Kopfschmerzerkrankung, so sind Hirnstammstrukturen in die Schmerzverarbeitung und intra- und extracranielle Blutversorgung involviert, während der Hypothalamus u.a. für den Biorhthmus verantwortlich ist und die stereotypische zirkadiane Rhythmik des Cluster-Kopfschmerzes erklären könnte.”

 

(Dr. med. A. May) “Kann die funktionelle Bildgebung zur Diagnose herangezogen werden?” Antwort: “Ein klares Nein. Die beschriebenen regionalen Blutflußveränderungen, die spezifisch für eine bestimmte primäre Kopfschmerzform sind, sind so gering, daß sie nur in einer Gruppenstudie überhaupt nachweisbar sind. Darüberhinaus gibt es nur eine geringe Anzahl an Kliniken die die verfügbaren Geräte besitzen und neben dem logistischen Aufwand ist zu bedenken, daß es sich um ein invasives Verfahren handelt.”

 

(Dr. med. A. May) “Wie behandelt man am besten Migräneattacken während der Schwangerschaft?” Antwort: “Grundsätzlich gilt, daß die Mehrzahl der Frauen (bis 70%), insbesondere diejenigen mit menstrueller Migräne, während der Schwangerschaft weniger Migräneattacken haben. Dieser Effekt wird mit zunehmender Schwangerschaft auch ausgeprägter und kann bis in die Stillperiode hereinreichen. Es muß jedoch damit gerechnet werden, daß die Migräneattacken nach Geburt oder Stillzeit unverändert wieder auftreten.

Eine medikamentöse Behandlung akuter Attacken sollte während der Schwangerschaft zurückhaltend erfolgen, dies gilt vor allem für das erste Trimenon. Manchmal, z.B. bei sehr starkem Erbrechen, kann es aber auch im Interesse des Embryos oder Fötus liegen, eine Migräneattacke suffizient zu behandeln. Ab dem zweiten Trimenon können die sog. kleinen Analgetika, in erster Linie Paracetamol und Novaminsulfon, eingesetzt werden, wobei während Schwangerschaft und Stillzeit auf die vorherige Gabe von Metoclopramid oder Domperidon verzichtet werden sollte. Im letzten Trimenon sollte auf Acetylsalicylsäure wegen der Gefahr einer erhöhten Blutungsneigung verzichtet werden. Die neuen Serotonin-Agonisten wie Sumatriptan und Zolmitriptan sind nicht für den Einsatz während der Schwangerschaft zugelassen.
Die bisherigen Erfahrungen mit unkontrollierten Gaben während der Schwangerschaft (es liegen dazu mehrere 100 Meldungen vor) zeigten bislang keine Auswirkungen auf den Embryo bzw. Fötus. Absolut kontraindiziert sind ergotaminhaltige Präparate.”

 

(Dr. med. S. Evers) “Welche vorbeugenden Maßnahmen kommen zur Behandlung der Migräne während der Schwangerschaft in Frage?” Antwort: “Bei den vorbeugenden Maßnahmen muß zwischen medikamentösen und nicht-medikamentösen Verfahren unterschieden werden. Auch für die medikamentöse Prophylaxe ist während der Schwangerschaft eine große Zurückhaltung angebracht, grundsätzlich kann sie nicht empfohlen werden. Manchmal jedoch wird man sich unter der Abwägung des Leidensdrucks mit der möglichen Gefahr für Embryo oder Fötus für eine medikamentöse Prophylaxe entscheiden. Dann sollte Metoprolol eingesetzt werden, über das bislang keine negativen Auswirkungen während einer Schwangerschaft bekannt sind und das auch in der Stillzeit gegeben werden kann. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob Magnesium prophylaktisch gegen Migräne wirkt. Hierzu gibt es einige ermutigende Berichte, so daß ein Therapieversuch mit hochdosiertem Magnesium (wenigstens 20 mmol pro Tag) während der Schwangerschaft sinnvoll ist.

Im Vordergrund sollten jedoch nicht-medikamentöse Behandlungsverfahren stehen. Dazu gehören progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder autogenes Training, Lymphdrainage im Kopf- und Halsbereich sowie Biofeedback und verhaltenstherapeutische Verfahren.

Insgesamt haben epidemiologische Studien, unabhängig von der Art der Behandlung, keine erhöhten Raten von fetalen Mißbildungen bei Schwangerschaften von Müttern mit Migräne gezeigt.”

 

(Dr. med. S. Evers) “Literatur zur Behandlung von Migräne in der Schwangerschaft: Antwort: 1) Silberstein SD. Headaches and women: treatment of the pregnant and lactating migraineur. Headache 1993; 33: 533-540.

2) Wainscott G et al. The outcome of pregnancy in women suffering from Migraine. Postgrad Med J 1978; 54: 98-102.

3) Cutrer FM. Headache syndromes. In: Cudkowicz ME et al (Eds). Neurological disorders in women. Butterworth, Boston 1997: 31-56.
 
“Was sind die Vor-und Nachteile der neuen Migränemedikamente zur Attackentherapie?” Antwort: “Die Serotonin-1B/D-Rezeptoragonisten im Überblick
Serotonin-1B/D-Rezeptor-Agonisten (5-HT1B/D-A) stellen eine neue, hochwirksame Klasse Migräne-spezifischer Medikamente dar und sind zugelassen für die Behandlung der Migräne mit und ohne Aura (nicht jedoch die basiläre und familiär hemiplegische Migräne). In ihrem Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil, sowie den Kontraindikationen unterscheiden sich die Einzelsubstanzen nur wenig.

Häufigkeit und Intensität von Nebenwirkungen hängt unter anderem sehr davon ab, wie rasch eine Substanz wirkt (schnellste Wirkung bei Sumatriptan s.c., langsamste Wirkung bei Naratriptan, siehe auch Pharmakologische Übersicht). Die wichtigsten Nebenwirkungen sind: Druck-, Wärme-, Kälte- und Schweregefühl vor allem im Brust- und Halsbereich,”Brustschmerzen”, Atemnot, Herzklopfen, Blutdruckanstieg, Bradykardien, Tachykardien, Muskelschmerzen, Benommenheit, Schläfrigkeit und Mundtrockenheit. Dabei ist zu bedenken, daß diese Beschwerden teilweise auch Symptome einer Migräneattacke sein können. Nach subcutaner Injektion von Sumatriptan kommt es zudem häufig zu vorübergehenden und ungefährlichen Reaktionen an der Injektionsstelle, nach nasaler Applikation sind Irritationen der Nasenschleimhaut und vorübergehende Geschmacksstörungen möglich.

Alle 5-HT1B/D-A sind kontraindiziert bei schlecht eingestellten Bluthochdruck, einem Herzinfarkt od. zerebralen Ischämie in der Vorgeschichte, koronarer Herzerkrankung, Prinz-Metall-Angina und peripheren vaskulären Erkrankungen. Alle Präparate dürfen nicht mit Ergotamin-haltigen Medikamenten kombiniert werden. Sumatriptan darf zudem nicht, Zolmitriptan nur mit Einschränkungen mit MAO-A-Hemmern kombiniert werden.

Die Substanzen unterscheiden sich in der Häufigkeit des Wiederauftretens der Kopfschmerzen (bei initial guter Wirkung): Sumatriptan bis 40% der Patienten, Zolmitriptan bis bis 30 % der Patienten, Naratriptan ca. 19% der Patienten. Zolmitriptan und Naratriptan überschreiten die Blut-Hirnschranke, sind also auch zentral wirksam und könnten somit bei Patienten wirken, die nicht auf Sumatriptan ansprechen.

Das aktuelle Spektrum der derzeit verfügbaren Präparate ist im folgenden zusammengefaßt (weitere Präparate sind in der Entwicklung):

1. Sumatriptan (Imigran®, Fa. Glaxo-Wellcome)
Die Substanz ist verfügbar zur subcutanen Injektion, als Tablette, Zäpfchen oder Nasenspray. Sumatriptan s.c. ist zusätzlich auch zur Behandlung des Cluster-Kopfschmerz zugelassen.
2. Zolmitriptan (Ascotop®, Fa. Zeneca)
Die Substanz ist als Tablette zu 2.5 mg erhältlich.
3. Naratriptan (Naramig®, Fa. Glaxo-Wellcome)
Die Substanz ist als Filmtablette zu 2.5 mg erhältlich.

Allgemeine Regeln bei Gabe von 5-HT1B/D-A:
Keine Kombination mit Ergotaminen (24 h Intervall muß eingehalten werden)
Keine Kombination der einzelnen 5-HT1B/D-A bei der Behandlung einer Attacke.
Wenn die erste Dosis nicht wirkt, ist es sehr unwahrscheinlich, daß eine 2. Dosis in derselben Attacke wirkt. Wenn ein Präparat bei 3 Attacken nicht gewirkt hat, muß von einem Nicht-Ansprechen auf dieses Präparat ausgegangen werden.

 
Wieder auftretende Kopfschmerzen sprechen in der Regel erneut auf das erstmals verwendete Präparat an. Die Einnahme soll aber erst bei Einsetzen der Kopfschmerzen erfolgen (Keine prophylaktische Einnahme).
Bei Patienten über 65 Jahren wird die Anwendung von 5-HT1B/D-A nicht empfohlen. Daher sehr strenge Indikationsstellung und sorgfältiger Ausschluß von Kontraindikationen (ggf. Belastungs-EKG etc.)
Daten zur Anwendung bei Kindern liegen nicht vor. Die Anwendung wird hier bislang nicht empfohlen.

Die Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit wird ebenfalls nicht empfohlen.


Darreichungsformen und pharmakologische Übersicht

(Dr med. S. Förderreuther)