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01. Migräne, Epidemiologie
**** Donaghy M, Chang CL, Poulter N, on behalf of the European
Collaborators of The World Health Organisation Collaborative
Study of Cardiovascular Disease and Steroid Hormone Contraception.
Duration, frequency, and type of migraine and the risk of
ischemic stroke in women of childbearing age. J Neurol Neurosurg
Psychiatry 2002;73:747-750
Zusammenfassung:
Es gibt eine Reihe epidemiologischer
Studien, die nahe legen,
daß die Migräne ein Risikofaktor
für einen ischämischen
Insult ist. Dies trifft insbesondere
für Frauen zu, die neben ihrer
Migräne unter einer Hypertonie
leiden, rauchen und orale
Kontrazeptiva einnehmen. In
keiner der Studien war aber
bisher eine saubere Differenzierung
der Migräne mit und ohne
Aura erfolgt und bisher war
auch nicht untersucht worden,
ob die Häufigkeit von Migräneattacken
ein Prädiktor für einen
ischämischen Insult sein könnte.
Bei der WHO-Studie zu kardiovaskulären
Erkrankungen und
oralen Kontrazeptiva handelt es
sich um eine krankenhausbasierte
Fall-Kontrollstudie, die in
fünf europäischen Ländern
durchgeführt wird. Analysiert
wurden Frauen im Alter zwischen
20 und 44 Jahren, die in
den Jahren 1990 bis 1993 einen
ersten ischämischen Insult
erlitten hatten. Den 86 Fällen
wurden 240 altersgematchte
Kontrollen gegenübergestellt.
Die Erhebung der Migräneanamnese
erfolgte nach den
Kriterien der Internationalen
Kopfschmerzgesellschaft. Mit
Hilfe einer logistischen Regressionsanalyse
wurde die oddsratio
für einen möglichen Zusammenhang
zwischen Migräne
und ischämischen Insult berechnet.
Korrigiert wurde die Berechnung
für die Einnahme
oraler Kontrazeptiva. Die multivariate
Regressionsanalyse
ergab einen signifikanten Zusammenhang
zwischen ischämischem
Insult bei diesen jungen
Frauen und Migräne, die mehr
als 12 Jahre bestand (odds-ratio
4,61), initial Migräne mit Aura
(odds-ratio 8,37) und Attacken-
frequenz von mehr als 12/Jahr
(odds-ratio 10,4). Ein eindeutiger
Zusammenhang zwischen
Schlaganfallhäufigkeit, Migräne
und der Einnahme von oralen
Kontrazeptiva bestand nicht.
Kommentar:
Durch eine Vielzahl von epidemiologischen
und Fall-
Kontrollstudien ist in der Zwischenzeit
zweifelsfrei belegt,
daß es einen Zusammenhang
zwischen ischämischen Insulten
und einer Migräne gibt. Ein
Zusammenhang mit cerebralen
Blutungen konnte nicht nachgewiesen
werden. Nimmt man
alle Studien zusammen, ist das
Risiko für einen ischämischen
Insult bei Frauen, die unter einer
Migräne mit Aura leiden, höher
als bei Frauen, die eine Migräne
ohne Aura haben. Die relative
Risikoerhöhung sieht auf den
ersten Blick dramatisch aus,
relativiert sich aber sehr, wenn
man davon ausgeht, daß in
dieser Altersgruppe etwa 5,5
Schlaganfälle/100.000 Frauen/
Jahr auftreten. Bei einer
Lebensreprävalenz der Migräne
von 25% würde dies bedeuten,
daß durch die Migräne etwa
15/100.000 Frauen/Jahr mehr
Schlaganfälle auftreten würden
verglichen mit Patientinnen, die
keine Migräne haben. Die
Tatsache, daß ischämische
Insulte bei Frauen, die eine
Migräne mit Aura haben, häufiger
sind, wird auch schon dadurch
dokumentiert, daß der
migränöse Infarkt sich üblicherweise
dadurch manifestiert,
daß die sonst passageren Symptome
einer Durchblutungsstörung
im Posteriorgebiet permanent
werden. Für die klinische
Praxis bedeuten diese Erkenntnisse,
daß Frauen, die unter
einer Migräne mit Aura mit
häufigen Attacken leiden,
aufgefordert werden sollten,
wenn sie rauchen, mit dem
Rauchen aufzuhören und andere
vaskuläre Risikofaktoren konsequent
zu behandeln. (HCD)
DMKG