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Alarmsymptom Kopfschmerz

 

online gestellt: Febr. 2001

Forschungsergebnisse der Deutschen Migräne- und

Kopfschmerzgesellschaft

Alarmsymptom Kopfschmerz

S. Przywara, A. May

Zusammenfassung:

Kopfschmerzen sind eines der häufigsten Symptome mit denen sich

Patienten in der Praxis vorstellen. Der Verdacht auf sekundäre

Kopfschmerzen besteht dann, wenn Kopfschmerzen erstmalig auftreten, bekannte

Kopfschmerzen sich in ihrer Klinik verändern, die Kopfschmerzen

therapieresistent sind, oder der Kopfschmerzverlauf nicht typisch für

eine der primären Kopfschmerzformen ist.

Summary

Primary headache, such as migraine and tension type headache are common

symptom of patients presenting in emergency departments. Suspicious of

secondary headache is a medical history of new onset, changing character of

a previously known headache, resistancy to medication or symptoms which are

not typical for primary headache.

key words: secondary headache – primary headache – diagnostic tools

– history

Die meisten Patienten, die sich in der Praxis mit dem Leitsymptom

Kopfschmerz vorstellen, leiden an sog. primären Kopfschmerzerkrankungen

wie der Migräne (Prävalenz von 14%) oder dem episodischen

Spannungskopfschmerz (Prävalenz von 50%). Trotz ihrer relativen

Seltenheit dürfen Kopfschmerzen, denen eine intracranielle oder

systemische Erkrankungen zugrunde liegt, nicht übersehen werden. Wird

z.B. die erste blande Subarachnoidalblutung nicht erkannt, ist die zweite

Blutung in 50% der Fälle tödlich.

Die Diagnose „primäre Kopfschmerzerkrankung“ stützt

sich ausschließlich auf die ausführliche Anamnese, da

Zusatzuntersuchungen und der neurologische Untersuchungsbefund

definitionsgemäß unauffällig sind [1]. Pathologische Befunde

in bildgebenden Verfahren bei unauffälligem Neurostatus sind nicht sehr

häufig. In einer Studie, die in einem Zeitraum von 1977 bis 1996

über dreitausend Schichtaufnahmen bei Patienten mit der Diagnose

„Notfall Kopfschmerz ohne neurologische Zusatzbefunde“ erhob,

wurden nur in 0,8% der Fälle ein Gehirntumor gefunden [2]. Liegt eine

typische Migränesymptomatik vor, ist die Zahl pathologischer Befunde in

der Bildgebung noch geringer. Hier kann die Bildgebung sogar irreleiten: In

12-46% der Fälle werden unspezifische Marklagerveränderung in der

Kernspintomographie diagnostiziert [2], die häufig als pathologische

Befunde, z.B. Multiple Sklerose oder Schlaganfall, fehlinterpretiert werden

und in der Konsequenz zu einer Verunsicherung des Patienten führen.

Somit gibt es im Regelfall 2 richtungsweisende Maßnahmen, um die

Verdachtsdiagnose einzugrenzen: die Anamnese und die neurologische

Untersuchung.

Die Anamnese

Generell gilt, daß die Untersuchung und Behandlung von Kopfschmerzen

die Geschwindigkeit der Symptomatik wiederspiegeln sollte: „Eine

rasche Kopfschmerzentwicklung erfordert Geschwindigkeit, eine langsame

Kopfschmerzentwicklung Zeit.“

1. Alter des Patienten:

Die überwiegende Mehrzahl primärer Kopfschmerzerkrankungen haben

ihre Erstmanifestation im jugendlichen Alter. Bei Frauen beginnt die

Migräne meist um die Pubertät, bei Männern etwas später

zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Auch der Spannungskopfschmerz tritt

meist erstmalig zwischen dem 20. und 30. Lebensalter auf. Der

überwiegend bei Männern auftretende Clusterkopfschmerz hat sein

Erstmanifestationsalter zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr [3].

Aus dieser Altersverteilung wird deutlich, daß Patienten, die

erstmalig nach dem 55. Lebensjahr über Kopfschmerzen klagen, eventuell

nicht unter der Erstmanifestation einer Migräne oder

Spannungskopfschmerzen leiden und somit der Verdacht auf einen

sekundären Kopfschmerz besteht [4].

2. Beginn der Kopfschmerzen

Ganz offensichtlich kein Grund zur Beunruhigung besteht, wenn der

Kopfschmerz in der gleichen Form schon seit 20 Jahren existiert. Aufmerksam

muß man werden, wenn Kopfschmerzen plötzlich ihren Charakter

ändern, nicht mehr therapierbar sind oder in nicht gekannter Form

perakut begonnen haben. Besonderes Augenmerk gilt für die

Umstände, unter denen die Kopfschmerzen begonnen haben, wegweisend in

der Anamnese einer Subarachnoidalblutung ist z.B. eine vorher stattgehabte

körperliche Anstrengung.

3. Zeitlicher Verlauf

Schlagartig beginnende noch nie gekannte heftigste Kopfschmerzen, sprechen

für eine Subarachnoidalblutung. Peitschenschlagartige, occipito-nuchale

oder frontale, retroorbitale Kopfschmerzen sprechen für eine

Vertebralis- oder Carotisdissektion nach einem Trauma oder einer

chiropraktischen Manipulation. Seit wenigen Tagen progredient verlaufende

Kopfschmerzen mit Krampfanfällen oder fokal-neurologischen Defiziten

sprechen für eine Sinusvenenthrombose oder raumfordernde Ursachen.

4. Charakter

So wie Patienten, die an einer Migräne leiden, eher stechende oder

pulsierende Schmerzen und Spannungskopfschmerzpatienten einen

dumpf-drückenden Schmerz beschreiben, so deutet prinzipiell der

Charakter der Schmerzen in Zusammenschau mit anderen klinischen Zeichen

für einen sekundären Kopfschmerz.

Explosionsartige Kopfschmerzen treten bei Subarachnoidalblutungen auf.

Belastungsabhängige stechende Kopfschmerzen bestehen häufig bei

Meningitiden. Schlagartig einsetzende und seitdem perisistierende

drückende Kopfschmerzen nach einem Bagatelltrauma legen eine Dissektion

hirnzuführender Arterien nahe. Eine Sinusvenenthrombose oder eine

intracranielle Raumforderung gehen am ehesten mit langsam progredienten

dumpf-drückenden Kopfschmerzen einher.

5. Begleiterscheinungen

Unter vegetativen Begleiterscheinungen versteht man üblicherweise

Licht- und Lärmempfindlichkeit, Übelkeit und Erbrechen. Diese

Symptome können nicht nur bei einer Migräne auftreten, sondern

auch bei sekundären Kopfschmerzen. Besteht rezidivierendes

morgendliches Erbrechen, kann dies Hinweis für eine intracranielle

Raumforderung sein. Licht- und Lärmempfindlicheit ist generell

häufiger bei Meningitis oder Enzephalitis zu beobachten. Ist ein

Temperaturanstieg und zunehmende Nackenschmerzen (Meningismus in der

neurologischen Untersuchung) vergesellschaftet, spricht dies für eine

Meningitis. Seit wenigen Wochen progrediente Kopfschmerzen mit vermehrter

Müdigkeit, mnestischen oder Antriebsstörungen und auch

fokal-neurologische Defizite sprechen für eine intracranielle

Raumforderung.

6. Neurologische Ausfälle

Neurologische Ausfälle können fokal- neurologische Defizite,

neuropsychologische Defizite oder Bewußtseinsveränderungen sein.

Typischerweise gehen supratentorielle Raumforderungen oder

Sinusvenenthrombosen mit einer Halbseitensymptomatik einher.

Infratentorielle Raumforderungen führen in der Regel zu

Koordinationsstörungen. Meningitiden oder Subarachnoidalblutungen

können mit Bewußtseinseintrübungen, Herpesenzephalitiden

gehen häufig mit Verwirrtheitszuständen,

Gedächtnisstörungen und aphasischen Störungen einhergehen.

Während eine zeitlich begrenzte neurologische Symptomatik vor den

Kopfschmerzen für eine Migräneaura spricht, bedürfen

untypische und lang andauernde neurologische Symptome einer Bildgebung.

Epileptische Anfälle als Aurasymptomatik sind extrem selten und immer

suspekt für eine andere Ursache.

7. Lokalisation

Die Lokalisation der Kopfschmerzen ist zusammenfassend nicht

richtungsweisend. So zeigt sich in einer Studie mit Gehirntumoren, daß

weder die Seitenlokalisation, noch die und Größe der Tumore mit

der Kopfschmerzseite oder der Intensität korrelieren [5].

Unter den genannten anamnestischen Punkten ist der Beginn der Kopfschmerzen

und der zeitliche Verlauf wegweisend für die Verdachtsdiagnose der

potentiell gefährlichen sekundären Kopfschmerzen. Im folgenden

werden die wichtigsten sekundären Kopfschmerzen in der Reihenfolge

ihrer Akuität beschrieben.

Plötzlicher, schlagartiger Beginn der Kopfschmerzen

Subarachnoidalblutung

Typisch sind akut einsetzende, stärkste, bisher nicht gekannte

Kopfschmerzen. Die Patienten beschreiben häufig eine begleitende

„Vernichtungsangst“, „explosionsartige

Kopfschmerzen“ und „als hätte jemand in den Kopf

geschossen“. Sehr häufig ist die Koinzidenz der

Subarachnoidalblutung mit vorausgegangener körperlicher Aktivität

oder Geschlechtsverkehr. Weitere typische anamnestische Risikofaktoren

bestehen nicht. Wichtig ist, daß die Subarachnoidalblutung nicht

selten in Ruhe auftritt [6], auf herkömmliche Analgetika anspricht [7]

und der Schmerz auch spontan sistieren kann. In 50% der Fälle sind

bereits initial neurologische Defizite, Nackensteifigkeit,

Bewußtseinsverlust, Übelkeit und Erbrechen vorhanden. Fehlen

diese zusätzlichen Symptome, handelt es sich eventuell um eine blande

kleinere Blutung, eine sog. Warnblutung. Somit stützt sich die

Diagnosestellung allein auf die typische Kopfschmerzcharakteristik [8]. Das

bildgebende Verfahren der ersten Wahl ist die native Computertomographie des

Schädels. Sie hat auch vor der cranialen Kernspintomographie die

höchste Sensivitität mit 98% innerhalb der ersten 12 Stunden [9].

Diese hohe Aussagekraft sinkt mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum

Ereignis. Ist die Computertomographie negativ, muß zwingend eine

Liquorpunktion zum Nachweis von Erythrophagen und Hämosiderin bzw.

Bilirubin im Liquor erfolgen. Ist die Anamnese typisch, muß auch bei

negativen Ergebnissen eine konventionelle Angiographie aller 4

hirnversorgenden Arterien erfolgen. Bei Verdacht auf eine spinale

Subarachnoidalblutung erfolgt zumindest zusätzlich eine spinale

Kernspinuntersuchung.

Dissektion hirnversorgender Arterien

Die Kopfschmerzen sind je nach betroffenem Gefäß occiptal

(Vertebralisdissektion) oder fronto-temporal (Carotisdissektion)

lokalisiert. Die Kopfschmerzen können in ihrer Intensität zwischen

milder und starker Ausprägung variieren und haben überwiegend

dumpf-drückenden Charakter, können aber auch

belastungsabhängig und selten pulsierend sein. Risikofaktoren für

cervikale Dissektionen sind Bagatelltraumen (Husten, Erbrechen,

Geburtsvorgang), Beschleunigungstraumen, chiropraktische Maßnahmen

[10], Halsinfektionen und Bindegewebserkrankungen. Ein ipsilaterales

Horner-Syndrom (wandhämatombedingte Sympathikusreizung) ist ein

wichtiger Hinweis auf eine Carotisdissektion [11]. Zudem sind transiente

ischämische Attacken thromboembolischer Genese oder perfusionsbedingt

richtungsweisende Befunde. Diese müssen nicht zeitlich korrelieren,

sondern können auch mit einer Verzögerung bis zu 30 Tagen

auftreten. Vor allem diese zeitliche Diskrepanz zwischen Dissektionsereignis

und ischämischem Ereignis muß ermutigen, die Verdachtsdiagnose

einer Dissektion frühzeitig zu stellen und durch adäquate Therapie

cerebralen Ischämien vorzubeugen. Unterstrichen wird dies durch die

Tatsache, daß Dissektionen zu den häufigsten Schlaganfallursachen

bei jungen Patienten zählen [11] und gerade Vertebralisdissekate zu

lebensgefährlichen Basilarisembolien führen können. In der

Zusatzdiagnostik zählt die konventionelle Angiographie zu den Verfahren

der ersten Wahl, wird aber zunehmend durch die nicht-invasive

Duplexsonographie und kernspintomographische Darstellung der

Halsgefäße (Wandhämatom) ersetzt. Therapie der Wahl ist die

Vollheparinisierung und im Anschluß daran eine drei- bis sechsmonatige

Antikoagulation [3].

Glaukomanfall

Das akute Glaukom führt zu stärksten orbitalen und periorbitalen

Schmerzen, die oft verbunden mit Übelkeit und Erbrechen in wenigen

Minuten bis Stunden entstehen. Begleitend treten eine konjunktivale

Injektion, eine Visusminderung, eine reaktionslose weite Pupille und ein

typischer steinharter Bulbus ipsilateral auf. Differentialdiagnostisch sind

der episodische Clusterkopfschmerz und retroorbitale Prozesse von

entscheidender Bedeutung [12, 13]. Clusterkopfschmerzen, die aufgrund ihrer

Intensität der Schmerzen einen dringenden Notfall darstellen sind

leicht zu unterscheiden: Neben dem circadianen Verlauf der Schmerzattacken,

treten autonome Symptome wie Tränenlaufen, Rhinorrhoe, konjunktivale

Injektion oder ein Horner-Syndrom ipsilateral zum Schmerz auf.

Minuten bis Stunden bestehende Kopfschmerzen

Bakterielle Meningitis oder virale Enzephalitis

Die Kopfschmerzen nehmen innerhalb mehrerer Stunden bis wenigen Tagen

progredient zu, sind überwiegend holocraniell occipital betont und die

Patienten entwickeln ausgeprägte Nackenschmerzen. Der Charakter der

Kopfschmerzen ist dumpf oder stechend. Wegweisend sind eine profuse

Bewegungsabhängigkeit der Schmerzen auch bei kleinsten

Erschütterungen, ein Bulbusbewegungsschmerz und vor allem die

Nackensteifigkeit und ein positives Lasegue-Zeichen. Vegetative

Begleitsymptome wie Phono- und Photophobie sind häufig. Typischerweise

haben die Patienten ein ausgeprägtes allgemeines Krankheitsgefühl

und Fieber.

Die Diagnostik besteht aus einer Computertomographie des Schädels zum

Ausschluß einer Hirndrucksymptomatik und anschließender

Liquorpunktion. Bei foudroyantem klinischen Verlauf muß die

antibiotische Behandlung auch ohne vorangegangene Diagnostik begonnen werden

und die Diagnostik im Anschluß erfolgen [3].

Sinusvenenthrombose

Der klinische Verlauf einer Sinusvenenthrombose kann sehr variabel sein. Als

initiales Symptom treten am häufigsten langsam über Stunden bis

Tage progrediente, diffuse, holocranielle dumpf-drückende Kopfschmerzen

auf. Vegetative Begleitsymptome wie Phono- und Photophobie sind bis auf eine

gelegentlich auftretende Übelkeit selten. Häufiger sind

frühzeitig auftretende Krampfanfälle und je nach Lokalisation der

Thrombose fokal-neurologische Defizite. Aufgrund des erhöhten

Liquordruckes bestehen häufig Stauungspapillen und dadurch bedingte

Sehstörungen. Eine wichtige Differentialdiagnose bei dieser

Befundkonstellation ist der idiopathische Pseudotumor cerebri [3].

Prädisponierende Faktoren sind das weibliche Geschlecht vor allem

prä-und postpartum, die Einnahme oraler Kontrazeptiva, Nikotinabusus

und Gerinnungsstörungen.

Computertomographische Zeichen wie empty-triangle oder Darstellung des

Thrombus (Cord-Zeichen) sind viel zitiert, jedoch in der Realitiät nur

in 25% der Fälle positiv [14]. Moderne Nachweisverfahren wie

Kernspintomographie mit Kernspinangiographie und Thrombusnachweis durch

Spin-Echo-Sequenzen gehören heute zu den Standardverfahren [15].

Therapie der Wahl ist die frühzeitige Vollheparinisierung und

anschließende Anticoagulation für 3-6 Monate. Sollte es auch

während bestehender Vollheparinisierung zu einer progredienten

klinischen Verschlechterung kommen, kann eine lokale Thromboslyse in

Erwägung gezogen werden [16].

Hypertensiver Notfall (HN)

Der hypertensive Notfall ist durch einen krisenhaften Blutdruckanstieg ab

diastolischen RR-Werten > 120mmHg charakterisiert. Das klinische

Leitsymptom sind in ca. 20 % der Fälle neben den erhöhten

Blutdruckwerten stärkste innerhalb von weniger als einer Stunde

auftretende, holocranielle Kopfschmerzen. Die Kopfschmerzen sind bilateral

lokalisiert mit typischerweise pochendem, pulsierendem Charakter. Begleitend

sind sehr häufig Epistaxis, psychomotorische Unruhe und

Herzrhythmusstörungen [17]. Nicht typisch sind andere vegetative

Begleitsymptome wie Phono- oder Photophobie. Krisenhafte

Blutdrucksteigerungen treten bei einer bekannten arteriellen Hypertonie,

einem Phäochromozytom und Nierenerkrankungen auf. Bei dem attackenweise

auftretenden Bluthochdruck mit Kopfschmerzen beim Phäochromozytom ist

typischerweise eine Gesichtsblässe aufgrund der ausgeschütteten

vasokonstriktorischen Hormone zu beobachten. während es bei

hypertonusbedingtem RR-Anstieg eher zur Gesichtsröte kommt.

Der hypertensive Notfall ist eine vital bedrohliche Erkrankung. Die

Blutdrucksenkung sollte zunächst unter ambulanten Bedingungen rasch

aber nicht abrupt erfolgen. Falls dies ohne Erfolg bleibt, besteht die

Indikation für eine intensivmedizinische Behandlung [18].

Seit Tagen bis Wochen bestehende progrediente Kopfschmerzen

Bei dieser Form der Kopfschmerzen tritt die Akuität der Erkrankung in

den Hintergrund. Allerdings ändert sich nichts an der Ernsthaftigkeit

der Erkrankungen, die nicht selten lange Zeit vor dem Auftreten

zusätzlicher Symptome nur mit Kopfschmerzen einhergehen.

Gehirntumor

Die Erkrankung, vor der die meisten Kopfschmerzpatienten Angst haben, sind

hirneigene Tumoren. Tatsache ist, daß nur bei 4% der Patienten, die

sich wegen Kopfschmerzen bei ihrem Arzt vorstellen, ein Gehirntumor

diagnostiziert wird. In dieser Zahl sind Patienten mit und ohne

neurologische Begleitsymptome zusätzlich zu den Kopfschmerzen enthalten

[4]. Bei unauffälligem neurologischen Untersuchungsbefund, wird ein

Gehirntumor nur bei 0,8% der Patienten in den bildgebenden Verfahren

gefunden [2]. Andersherum leiden nur etwa 50% der Patienten mit sicher

diagnostizierten Gehirntumoren unter Kopfschmerzen [5]. Keine Korrelation

besteht zwischen Größe, Art und Lokalisation des Tumors mit den

Kopfschmerzen [5]. Wenn Kopfschmerzen bestehen, sind diese überwiegend

dumpf-drückend und treten phasenweise oder in Attacken über

Stunden auf. Ein Dauerkopfschmerz besteht selten.

Arteriitis temporalis

An die Arteriitis temporalis sollte man immer bei älteren Patienten

über 60 Jahre denken, die sich mit neu aufgetretenen, insbesondere

halbseitigen, fronto-temporalen Kopfschmerzen vorstellen. In über 90%

der Fälle sind Patienten im Alter über 60 Jahre betroffen.

Begleitend zu den Kopfschmerzen (die in 72% der Fälle bestehen) sind

ein Krankheitsgefühl in über 50% der Fälle und eine

zusätzliche Polymyalgia rheumatica in knapp 60% der Fälle. Weitere

Symptome der Erkrankung sind in 10% Visusstörungen durch

ischämische Optikusschädigungen und weitere neurologische

Defizite, falls sich die Gefäßentzündung nach intracraniell

fortsetzt [3]. Typisch und diagnostisch wegweisend sind eine

ausgeprägte BSG-Beschleunigung („Sturzsenkung“). Die

Diagnose wird durch die Klinik, BSG und Biopsie aus der A. temporalis

gesichert, wobei man hier auf die großzügige Biopsie Wert legen

sollte, um falsch negative Befunde zu vermeiden. Dies vor allem, da die

Therapie der Wahl eine andauernde Corticosteroidbehandlung mit häufigen

Komplikationen (Diabetes, Osteoporose) ist.

Subdurales und epidurales Hämatom

Beim subduralen Hämatom, traumatisch oder spontan, sind in der

überwiegenden Zahl der Fälle Kopfschmerzen lange Zeit einziges

Symptom, bis es zu zusätzlicher Minderung der Bewußtseinslage

oder fokal-neurologischen Defiziten kommt. In den meisten Fällen

präsentieren sich die Kopfschmerzen mit dumpf-drückendem

Charakter, ähnlich wie Spannungskopfschmerzen, können aber auch

attackenweise und an Tageszeiten gebunden auftreten [19]. Ca. 30-90% der

Patienten leiden nach einem milden Schädel-Hirn-Trauma unter diffusen

Kopfschmerzen. Untersucht man alle Patienten mit dem Symptom

„Notfall-Kopfschmerz“ werden in 1-3% der Fälle subdurale

oder epidurale Hämatome vor allem bei älteren Patienten

diagnostiziert [2].

Häufig sind subdurale Hämatome bei Alkoholikern,

möglicherweise spielen hier Gerinnungsstörungen und Traumen,

verbunden mit Indolenz des Patienten eine Rolle. Prädisponierend sind

zudem Gerinnungsstörungen oder Marcumarisierung. Epidurale

Hämatome sind verdächtig bei zwei-zeitigen Verlauf mit initialer

Bewußtseinstrübung aufgrund der Schädelkontusion und in

zeitlichem Abstand davon wieder auftretende Vigilanzminderung Die

Diagnosesicherung erfolgt in beiden Fällen mittels Computertomographie,

die Therapie der epiduralen Hämatome erfolgt meist durch eine

neurochirurgische Intervention, während subdurale Hämatome meist

konservativ therapiert werden.

Fazit:

Wann sollten weitere Zusatzuntersuchungen erfolgen?

  • Jeder Patient mit chronischen Kopfschmerzen sollte einmalig eine

    cranielle Bildgebung erhalten

  • wenn typische Begleitsymptome für einen sekundären Kopfschmerz

    vorliegen

  • bei erstmaligen, nie gekannten, untypische Kopfschmerzen
  • bei einer Änderung der bekannten Kopfschmerzen
  • bei Therapieresistenz
  • einmalig bei Tumorphobie (die Bilder sollten dann mit den Patienten

    besprochen werden, meist sind die Patienten dann beruhigt und

    wünschen keine weitere Zusatzdiagnostik

Tabelle 1:

Unterteilung der Kopfschmerz- „Formen“ nach zeitlichem Verlauf

der Symptomatik

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