08. Spannungskopfschmerz
** Carruthers A, Langtry JAA, Carruthers J, Robinson G. Improvement of tension-type headache when treating wrinkles with Botulinum toxin A injections. Headache 1999;39:662-665
Zusammenfassung: Die Behandlung chronischer Kopfschmerzen ist schwierig. Interessant ist hier eine Beobachtung von Schönheitschirurgen aus Kanada. Sie behandelten 134 Patientinnen wegen Falten im Gesicht mit Injektionen von Botulinumtoxin. Üblicherweise werden kleine Menge Botox in die Stirn und Stirnregion injiziert. Sieben Frauen und ein Mann unter 132 behandelten Patienten berichteten spontan über eine signifikante Besserung ihrer seit langem bestehenden Spannungskopfschmerzen. Die Spannungskopfschmerzen bestanden im Mittel seit 3-20 Jahren und traten im Mittel 3-7mal/Woche auf. Die Zahl der Behandlungen schwankte zwischen 2 und 4, bei einer Patientin wurden 21 Injektionen vorgenommen. Bei fast all den Patienten kam es zu einer deutlichen Besserung der Kopfschmerzen, die im Mittel zwei Tage bis zwei Wochen nach der Injektion einsetzten und zwischen zwei und vier Monate anhielt. Bei den Patienten, die eine zweite Injektion erhalten hatten, kam es wieder zu demselben Effekt einer signifikanten Besserung der Kopfschmerzen.
Kommentar: Diese Zufallsbeobachtungen sind Anlaß dafür, daß jetzt im Moment eine große prospektive randomisierte und Plazebo-kontrollierte Studie zur Wirkung von Botulinumtoxin A bei chronischen Spannungskopfschmerzen durchgeführt wird. (HCD)
**** Ashina M, Bendtsen L, Jensen R, Ekman R, Olesen J. Plasma levels of substance P, neuropeptide Y and vasoactive intestinal polypeptide in patients with chronic tension-type headache. Pain 1999;83:541-547
Zusammenfassung: In dieser Studie wurden die Plasmaspiegel von Substanz P, Neuropeptid Y und vasoaktivem intestinalen Polypeptid bei Patienten mit chronischem Kopfschmerz vom Spannungstyp und bei gesunden Kontrollpersonen untersucht. Die Blutproben wurden aus der Vena jugularis externa gewonnen. Darüber hinaus sollten die Plasmaspiegel dieser Neuropeptide in Relation zum jeweiligen Kopfschmerzzustand untersucht werden. Desweiteren sollten die Plasmaspiegel im kranialen Zirkulationsgebiet mit denen im peripheren Zirkulationsbereich verglichen werden. Insgesamt wurden 20 Patienten mit chronischem Kopfschmerz vom Spannungstyp und 20 gesunde Probanden untersucht. Als Ergebnis zeigte sich, daß für keine der Neuropeptide Unterschiede bei den Kopfschmerzpatienten in Zusammenhang mit dem jeweiligen Kopfschmerzzustand aufgedeckt werden konnten. Auch konnten keine Unterschiede zwischen den Blutspiegeln der Neuropeptide bei den Patienten mit chronischem Kopfschmerz vom Spannungstyp und den gesunden Kontrollpersonen gefunden werden. Auch im peripheren Stromgebiet und im kranialen Stromgebiet zeigten sich keine Unterschiede, sowohl bei den Patienten mit chronischem Kopfschmerz vom Spannungstyp, als auch bei den gesunden Kontrollpersonen. Zusammengefaßt zeigt sich somit, daß die Plasmaspiegel von Substanz P, Neuropeptid Y und das vasoaktiven intestinalen Polypeptid bei Patienten mit chronischem Kopfschmerz vom Spannungstyp im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen unverändert sind und nicht mit der jeweiligen Kopfschmerzsituation zusammenhängen.
Kommentar: Sowohl in Experimenten, als auch in Studien am Menschen zeigt sich übereinstimmend, daß Substanz P, Neuropeptid Y und das vasoaktive intestinale Polypeptid in der Pathophysiologie von akuten Schmerzen eine wichtige Rolle einnehmen. In der vorliegenden Studie zeigt sich erstmalig, daß die Neuropeptide beim chronischen Kopfschmerz vom Spannungstyp bei Blutentnahme aus der Vena jugularis im Normalbereich liegen. Es ist jedoch möglich, daß Veränderungen im neuronalen, trigeminalen oder spinalen Bereich bestehen oder aber im myofaszialen Gewebe auftreten und nicht die kraniale oder die periphere Zirkulation erreichen. Darüber hinaus muß auch berücksichtigt werden, daß die heutigen Meßmethoden möglicherweise nicht sensitiv genug sind, um mögliche Veränderungen im Plasma aufzudecken. Zukünftige Studien müssen daher die Spiegel von Substanz P, Neuropeptid Y und vasoaktivem intestinalen Polypeptid im Liquor cerebrospinalis, in den perikranialen Muskeln oder in den neuronalen Gewebe analysieren. Die Arbeit zeigt wie schwierig zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Analyse von Mechanismen des chronischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp ist. Den Autoren gebührt jedoch das Verdienst, erstmals entsprechende Analysen durchgeführt zu haben und damit einen rationalen Ansatzpunkt für die Analyse der Pathophysiologie des chronischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp zu verfolgen. (HG)
*** Ashina M, Bendtsen L, Jensen R, Sakai F, Olesen J. Muscle hardness in patients with chronic tension-type headache: relation to actual headache state. Pain 1999;79:201-205.
Zusammenfassung: Patienten mit chronischem Kopfschmerz vom Spannungstyp zeigen härtere perikranielle Muskeln. Basierend auf dieser Beobachtung waren die Ziele der vorliegenden Untersuchung, ob bei Patienten mit chronischem Spannungskopfschmerz die Muskelhärte mit erhöhter Muskelspannung vergesellschaftet ist und ob die Muskelhärte von dem Vorliegen einer aktuellen Kopfschmerz-Episode beeinflußt wird. Muskelhärte wurde als das Ausmaß der lokalen Muskeldeformierung aufgrund von apparativer Druckinduktion definiert. Die Muskelhärte von Spannungskopfschmerz-Patienten wurde zusätzlich mit der gesunder Kontrollen verglichen. Die Härte des Trapeziusmuskels wurde bei 20 Patienten mit chronischem Spannungskopfschmerz apparativ quantifiziert und mit 20 gesunden Personen verglichen. Perikranielle und myofaziale Verspannung wurde mittels Fingerpalpation qualitativ bestimmt. 8 Muskelpaare und Sehnenansatzpunkte wurden palpiert (M. masseter, M. temporalis, M. frontalis, M. sternocleidomastoideus, M. trapezius sowie Muskelansatzpunkte am Mastoid und Hinterkopf). Bei den Spannungskopfschmerz-Patienten war sowohl während akutem Kopfschmerz als auch ohne akuten Kopfschmerz die Muskelhärte mit der lokalen Muskelspannung positiv korrreliert. Die Muskelspannung war bei Patienten gegenüber den gesunden Kontrollpersonen signifikant erhöht, ebenso während akutem Kopfschmerz im Vergleich zu Kopfschmerzfreiheit. Die gemes sene Muskelhärte war bei Spannungskopfschmerz-Patienten auch an den Tagen ohne Kopfschmerzen signifikant größer im Vergleich zu gesunden Normalpersonen. Die Autoren schließen daraus, daß Muskelhärte und -spannung bei chronischen Spannungskopfschmerz-Patienten anhaltend erhöht sind und nicht nur lediglich aufgrund eines aktuellen Kopfschmerzes. Über den möglichen Pathomechanismus von erhöhter Muskelspannung und -härte wird lediglich spekuliert. Diskutiert werden zentrale Bedingtheit, Gewebsödem, Störung der Mikrozirkulation, Alteration des Muskelmetabolismus oder Hyperexzitabilität der Muskelfasern.
Kommentar: Die positive Korrelation zwischen Muskelhärte und -spannung bestätigt die klinische Erfahrung, daß verspannte Muskeln auch härter sind. (MK)