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10. Medikamenten-induzierter Kopfschmerz
** Suhr B, Evers S, Dauer B, Gralow I, Grotemeyer KH, IW Husstedt (1999) Drug-induced headache: long-term results of stationary versus ambulatory withdrawal therapy. Cephalalgia 19: 44-49.
Seit vielen Jahren ist bekannt, daß Analgetika, insbesondere analgetische Mischpräparate, Mutterkornalkaloide und seit neuestem auch die Triptane bei häufiger oder regelmäßiger Einnahme zu medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerzen führen können. Die Therapiestrategien unterscheiden sich, wobei in einzelnen Kopfschmerzzentren dem ambulanten Medikamentenentzug und in anderen dem stationären Medikamentenentzug Vorrang gewährt wird. Gute randomisierte Studien, die die beiden Therapieverfahren miteinander vergleichen, lagen bisher nicht vor.
An der Kopfschmerz-Ambulanz der Neurologischen Universitätsklinik in Münster wurden im Zeitraum zwischen 1983 und 1995 257 Patienten mit medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerzen identifiziert. Die Patienten wurden prospektiv randomisiert und wurden entweder ambulant (n=110) oder stationär (n=147) entzogen. Bei allen Patienten wurde die Migräne- oder Schmerzmedikation abrupt abgesetzt, und die Patienten wurden dann im Krankenhaus über 2 Wochen und in der ambulanten Therapie über 4 Wochen nachverfolgt. Während der Entzugsphase erhielten 10% der Patienten Antidepressiva und 20% Migräneprophylaktika. Nach einem mittleren Beobachtungszeitraum von 5,9 Jahren wurden die Patienten erneut interviewt. Für die Auswertung standen nur noch 101 Patienten zur Verfügung. Einundzwanzig Patienten waren rückfällig geworden. Dies entspricht 20,8%. Patienten mit und ohne Rückfall unterschieden sich nicht im durchschnittlichen Alter, dem Alter, bei dem die Dauerkopfschmerzen begonnen hatten und darin, welcher Kopfschmerz ursprünglich bestand (z. B. Migräne oder Spannungskopfschmerz). Signifikante Unterschiede fanden sich im Geschlecht, wobei in der Gruppe der Patienten mit Rückfall Männer fast viermal so häufig repräsentiert waren wie in der Gruppe ohne Rückfall.
Patienten, die stationär entzogen waren, hatten eine höhere Rückfallquote als Patienten, die ambulant entzogen worden waren. So wünschenswert es ist, eine randomisierte Studie zum stationären und ambulanten Medikamentenentzug zu haben, fragt man sich natürlich, warum eine Randomisation zu einer solch schiefen Verteilung zwischen ambulantem (n=110) und stationärem (n=147) Medikamentenentzug führte. Auch ist die Zahl der hier ausgewerteten Patienten mit 101 aus einer Gesamtpopulation von 257 sehr gering, so daß man annehmen muß, daß hier ein ganz deutlicher Bias besteht. Man fragt sich natürlich auch, wie mit Patienten umgegangen wurde, die bereits erfolglos versucht hatten, sich ambulant zu entziehen. Die hier berichtete Rückfallquote von 20,8% nach durchschnittlich 6 Jahren entspricht dem, was in anderen Studien beobachtet wurde.
Obwohl die Autoren eine signifikante Überlegenheit des ambulanten Entzugs gegenüber dem stationären fanden, schreiben sie in ihrer Zusammenfassung, daß kein Unterschied zwischen den beiden Behandlungsformen bestand. Weiterhin wird nicht dargestellt, ob die Patienten während des stationären Aufenthaltes psychologisch und verhaltenstherapeutisch betreut wurden, Methoden, mit denen wahrscheinlich die Langzeiterfolge der Entzugsbehandlung zu verbessern sind. Es wurden auch keine Angaben darüber gemacht, wieviel Patienten, die ursprünglich unter einer Migräne litten, anschließend eine suffiziente Migräneprophylaxe erhielten. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Langzeitergebnisse. Die hier vorliegende Studie ist zwar interessant, ersetzt aber nicht eine nochmalige Studie, bei der sauber randomisiert wird. (HCD)
DMKG